Kirchheim. Das Schlossgymnasium ist 35 Jahre alt, der Zahn der Zeit hat seine Spuren hinterlassen. Dennoch handelt es sich nach Einschätzung von Kirchheims Hochbauamtschef Wolfgang Zimmer um ein kompaktes Gebäude mit guter Bausubstanz. Im Laufe der vergangenen fünf Jahre ist neben der energetischen Sanierung unter anderem aufgestockt und eine Mensa gebaut worden. 2012 hat der Technische Ausschuss die Sanierung der Biologieräume im Erdgeschoss beschlossen. Die naturwissenschaftlichen Räume mit Hörsaal-Bestuhlung ohne Experimentiermöglichkeiten entsprechen längst nicht mehr dem pädagogischen Standard.
All dies war bekannt und hinlänglich diskutiert. Für eine Überraschung sorgte jetzt aber die Tatsache, dass wegen neuer Brandschutzverordnungen aus baurechtlichen Gründen auch gleich Brandschutzmaßnahmen durchgeführt werden mussten. Sie waren ursprünglich für spätere Jahre eingeplant. Sie sind neben unerwarteten Schadstoffsanierungen und kleineren zusätzlichen Maßnahmen maßgeblich dafür verantwortlich, dass der erste Bauabschnitt 618 000 Euro statt 460 000 kostet.
So weit, so gut. Jetzt soll der zweite Bauabschnitt umgesetzt werden, dessen Kern ebenfalls die Sanierung naturwissenschaftlicher Räume ist. Ab 2016 ist dann im dritten Bauabschnitt noch der Fachbereich Physik mit Lehrsaal dran. Wie die Verwaltung darstellte, fallen auch hier sofort Brandschutzmaßnahmen an. Der zweite Bauabschnitt wird daher statt geschätzten 1,4 Millionen Euro wohl etwa 2,2 Millionen kosten. Auch der dritte Bauabschnitt verteuert sich und kommt voraussichtlich ebenfalls auf etwas über zwei Millionen.
„Jetzt sind wir bei 4,9 Millionen insgesamt“, zeigte sich CDU-Fraktionssprecher Dr. Thilo Rose alles andere als erfreut über die vorweihnachtliche Bescherung und schlussfolgerte: „Das ist ja schon fast eine halbe neue Schule!“ Ulrich Kübler von den Freien Wählern hatte ähnliche Empfindungen. Er kritisierte vor allem die Architekten: „Wie geht das, dass Brandschutzkosten nicht eingeplant sind?“ „Immer das gleiche Spiel!“ schimpfte Albert Kahle (KiBü/FDP). Er fand, dass man auch die bereits erfolgte energetische Sanierung dazurechnen müsse und kam zu dem Ergebnis: „Da hätten wir einen Neubau in Erwägung ziehen sollen.“
„Wir haben insgesamt bereits deutlich über zehn Millionen Euro am Schlossgymnasium investiert“, rechnete Bürgermeister Günter Riemer vor. Zwar komme dieses Geld aus verschiedenen Töpfen, letztlich handle es sich aber definitiv um volkswirtschaftliches Vermögen. „Wir als Stadt sind nicht der Kostentreiber“, betonte er jedoch und verwies auf die Änderung der Lehrpläne. Anliegen der Bildungsreform von 2004 war, die naturwissenschaftlichen Fächer experimenteller auszurichten. Hinzu kommt neu das Thema Brandschutz. Laut Hochbauamtschef Zimmer war der Brandschutz bei Planung des ersten Bauabschnitts auf dem Stand der Zeit. Seither haben sich jedoch die Anforderungen wesentlich verschärft.
Das löst zwar nicht den aktuellen Finanzierungsdruck, leuchtete aber vielen ein: „3,6 Millionen sind für den Umbau, der Rest ist tatsächlich Brandschutz“, rechnete Hans Kiefer (CIK) im Blick auf die beiden neuen Bauabschnitte nach. Sabine Bur am Orde-Käß, Fraktionsvorsitzende der Grünen, gab zu bedenken, dass die Baukosten überall in die Höhe geschnellt seien, zumal Schulen gerade allerorten saniert würden. Naturwissenschaften seien nun mal wichtig am Schlossgymnasium. „Wir sind auch erschrocken, aber die Mehrkosten sind absolut nachvollziehbar dargestellt“, meinte der SPD-Fraktionsvorsitzende Walter Aeugle. Die „Erregung“, die Dr. Rose an den Tag gelegt habe, könne er daher nicht verstehen: „Das war Rhetorik!“ Der Angesprochene konterte umgehend. Ihm sei klar, dass Auegle das Ganze wenig ausmache, gab Rose in Richtung SPD zurück und setzte noch eins drauf: „Sozialismus ist, wenn einem das Geld von den anderen Leuten ausgeht.“
Bürgermeister Riemer glättete die Wogen, indem er die „großkoalitionären“ Verhandlungen unterbrach. Stattdessen wiederholte er, dass die vermeintliche Kostenexplosion nun mal wesentlich im Vorziehen des Brandschutzes begründet sei: „Unser Vorschlag umfasst mehr als seinerzeit den bloßen Umbau der Räume.“ Andreas Banzhaf von den Freien Wählern fasste zusammen, dass de facto alle die Sanierung wollten, ergänzte aber an die Adresse von Verwaltung und Architekten: „Wir wollen aber vorher alle Kosten kennen.“
Einstimmig mit einer Enthaltung stimmte der Ausschuss der Planung für den zweiten Bauabschnitt zu und gab die Ausschreibung in Abhängigkeit der Bereitstellung der Haushaltsmittel im Vorgriff frei. Das Thema steht am Mittwoch auf der Tagesordnung der Gemeinderatssitzung.
„Des Rathaus könna mr glei abreißa!“ – Kommentar von Stadtrat Mathias Waggershauser im Blick auf die anstehende Sanierung des Fachwerkrathauses. Hier werden nämlich ebenfalls die verschärften Brandschutzbedingungen gelten.
