REISEBERICHT AZOREN


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Azoren
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Fotos: Günter Tannenberger

Unterwegs in der Wetterküche Europas

Azoren - die Vulkaninseln im Atlantik

Erzählt man, dass man auf den Azoren war, erntet man zunächst ein interessiertes "ach ja" und dann die Frage: wo liegen die denn genau? Zwar kennt jeder das Azorenhoch, das in Europa für gutes Wetter sorgt, aber wo die Inselgruppe liegt die dieser Wetterbezeichnung den Namen gab, wissen die Wenigsten. Also, die Azoren sind eine Inselgruppe, die aus insgesamt neun Inseln besteht. Sie gehören zu Portugal und liegen 1500 km westlich davon, mitten im Atlantik. Die weiteste Entfernung zwischen den Inseln ist immerhin 600 Kilometer. Vom Azorenhoch profitiert das europäische Festland viel mehr als die Inselgruppe selbst. Es regnet relativ viel, es ist windig, wie es mitten im Atlantik nicht anders zu erwarten ist und es ist lange nicht so warm. Bei angenehmen Temperaturen um die 20 bis 23 Grad und einem frischen Lüftchen vom Atlantik her war man glücklich, der Hitzewelle in Deutschland entgangen zu sein.

Die Azoren, das sind neun schroffe Vulkaninseln mit steilen Felsküsten, die alle durch Vulkanausbrüche entstanden sind und bis zu 3000 Meter in die Tiefe des Atlantiks reichen. Vulkan reiht sich an Vulkan. Da die Inseln an den Schnittstellen dreier Kontinentalplatten liegen, ist das eine instabile Lage und erst vor 60 Jahren gab es den letzten großen Vulkanausbruch auf der Insel Faial. Ein Großteil der Insel wurde mit 30 Millionen Tonnen Asche und Lava zugeschüttet. Auf allen Inseln finden sich Spuren von Vulkanausbrüchen. Gerade der Kontrast macht die ungewöhnliche Schönheit dieser Landschaft aus. Riesige schwarze Basaltbocken, Lavafelder, schroffe, bizarre Felsküsten und schwarze Sandstrände bilden einen herrlichen Kontrast zu dem saftigen Grün der Weiden und Wiesen, der bunten und farbenfrohen Flora und den herrlichen Kraterseen, die in lieblichen Berglandschaften liegen. Das Basaltgestein eignet sich übrigens hervorragend als Baumaterial, so dass sich auch in der Architektur der vulkanische Ursprung der Inseln widerspiegelt.

Zwar sind alle neun Inseln unterschiedlich im Charakter und sehenswert, doch für diese elftägige Leserreise musste man sich auf vier Inseln beschränken. Alle Inseln sind, die Kleinste hat nicht mal 500 Einwohner, per Flugzeug oder Fähre leicht zu erreichen. Die Beschränkung auf vier Inseln kommt der Inselmentalität auch näher. Auffällig auf den Azoren war die ruhige Gelassenheit der Bewohner, was sich überall im täglichen Leben und auch im Straßenverkehr bemerkbar macht, wobei das Wort Stau auf dem Archipel gar keine Bedeutung hat. Obwohl sich der eine oder andere Ort schon ein wenig touristisch gibt, kommen in erster Linie Wanderer, Wassersportler und Segler auf den Archipel. Die typischen Bade- und Partygäste fehlen. Da die Gewässer um die Azoren fischreich und voller Plankton und Nährstoffe sind, sind sie ein idealer Tummelplatz für Wale und Delfine. Deshalb begaben sich die Teckboten-Leser wagemutig aufs Meer zur Wahlbeobachtung. Wale wurden zwar nicht gesichtet, dafür zeigten eine Menge Delfine ihre zirkusreifen Sprüngen aus dem Wasser. Für die Fotografen gab es eine Menge lohnende Aufnahmen zu machen. Viel mehr als in diesem Bericht geschildert werden kann, konnten die Teckboten Leser bei den geführten Ausflügen erfahren. Viel über Land und Leute, die Lebensumstände und auch über das eine oder andere Problem, das das Leben auf einer Insel völlig abseits im Atlantik mit sich bringt.

Die Inseln

Terceira ist von Lissabon aus per Flugzeug in zweieinhalb Stunden zu erreichen und war auch das erste Ziel. Angra, der Hauptort der Insel, war Ausgangspunkt für die ersten Ausflüge. Es ist eine prächtige Renaissancestadt mit einer Vielzahl von Adelspalästen und Bürgerhäuser, die von einer wohlhabenden Vergangenheit zeugen. Lange Zeit war Angra wichtiger Handelsplatz und Zwischenstation auf der Atlantikroute. Die Stadt ist klein und in ungefähr zwei Stunden hat man alles Wichtige gesehen. Aber sie ist damit auch überschaubar und man fühlt sich schnell zuhause. Der Insel fehlen zwar die spektakulären Landschaften wie man sie auf den Nachbarinseln findet, dafür ist die ganze Insel übersät mit saftig grünen Weiden, auf denen die Kühe das ganze Jahr über draußen bleiben. Kühe gibt es mindestens genauso viele wie Einwohner. Eine Attraktion der Insel ist eine Tropfsteinhöhle, die entstanden ist, nachdem durch den Vulkanismus unterirdische Hohlräume entstanden sind. Dadurch wird dem Besucher die Möglichkeit geben,  fast hundert Meter tief ins Erdinnere vorzudringen.

Faial wird auch die blaue Insel genannt, weil hier ganz besonders die kilometerlangen, mannshohen blauen Hortensienhecken auffallen. Sie wachsen entlang der Straßen und dienen als Windschutz für die relativ kleinen Felder. Was wir in unseren Gefilden so mühsam pflegen müssen, wächst hier fast wie Unkraut. Die westliche Inselspitze erlebte vor 60 Jahren einen gigantischen Vulkanausbruch, bei dem bis zu 30 Millionen Tonnen Asche und Lava in die Luft geschleudert wurden und den Westen der Insel in eine vegetationslose Mondlandschaft verwandelte. Inzwischen holt sich die Natur Zentimeter um Zentimeter zurück. Der Hauptort Horta war viele Jahre lang ein wichtiger Zwischenhafen für Schiffe und Flugzeuge, die auf der Transatlantikroute unterwegs waren und Knotenpunkt für die transatlantische Kommunikation. Sie gilt auch als eine der schönsten Städte des Archipels mit einem imposanten Blick auf die grüne Nachbarinsel Pico mit dem schwarzen, 2351 Meter hohen Vulkankegel. Heute ist der Yachthafen Treffpunkt für tausende Segler und Motorjachten. Viele Segler verewigen sich mit einem bunten und farbenfrohen Bild an der Hafenmauer und so hat Horta die größte Freilichtgallerie der Welt. Ein Muss für alle Segler und Touristen ist ein Besuch in Peters Kneipe, wo es den besten Gin Tonic geben soll, was jetzt aus schwäbischem Mund bestätigt werden kann. Es ist auf jeden Fall eine gute Geschäftsidee.

Pico hatte man von Faial aus immer im Blick und so nutzte man die Fähre, um der Insel einen Ganztagesbesuch abzustatten. Erklommen wurde der Vulkankegel zwar nicht, da dies mehrere Stunden in Anspruch nimmt, dafür gab es andere Attraktionen. Es gibt so gut wie keine Badestrände, dafür Vulkane, Wein, Wale, Schwefeldämpfe und tiefschwarze Basaltbrocken. Das Vulkangestein bildet heute den fruchtbaren Boden der Insel. Sogar Wein wird in mühevoller Handarbeit in kleinen Parzellen angebaut, die alle durch die typischen schwarzen Trockenmauern aus Lavastein vor Wind geschützt werden und Wärme speichern. Durch den Vulkanboden erhält der Wein einen unverwechselbaren Geschmack und es hat sich inzwischen eine kleine Fangemeinde geschaffen. Auf Pico waren früher auch die Walfänger zuhause, die in kleinen, kaum 10 Meter langen Booten, den riesigen Meeressäugern mit ihren Harpunen nachjagten.

São Miguel war die vierte und letzte Insel, die die Teckboten-Leser besuchten. Sie ist die größte und bevölkerungsreichste Insel und hat sich, da sie landschaftlich sehr vielfältig ist, auch touristisch am Besten entwickelt. Doch auch sie ist keine ausgesprochene Badeinsel, obwohl es zahlreiche schwarze Strände, dazu im Inselinneren heiße Quellen und warme Badeseen gibt. Im Inselinnern konnte man auch der einzigen Teeplantage Europas einen Besuch abstatten, wo noch heute Maschinen aus den Anfängen des letzten Jahrhunderts ihre Arbeit verrichten. Auch eine Gewächshausplantage, auf der schmackhafte Ananas angebaut werden, war einen Besuch wert. Ponta Delgada ist die einzige wirkliche Stadt des Archipels, dennoch auch sie ist überschaubar und erlaufbar. Alles geht ohne Hektik. Ein Altstadtbummel führt durch kleine Gässchen mit Mosaiken aus Kalkstein und Basalt, vorbei an Cafés und Restaurants, an Palästen, Kirchen und kleinen azoischen Häusern. Dabei fällt auf, dass sich die Stadt schon auf Tourismus eingerichtet hat, was man an den vielen Autovermietungen, Souvenir- und Sportgeschäften deutlich merken kann, so dass sich das Bild dieser Inseln in den nächsten Jahren sicher verändern wird.

Text und Bilder: Günter Tannenberger