REISEBERICHT MADRID


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Palast, Madrid
Palazzo Real
Reisegruppe, Madrid
Chinchon, Madrid
Avila, Hauptstadt
Fotos: Günter Tannenberger

„De Madrid al Cielo“

„Von Madrid aus direkt in den Himmel“, so lautet ein oft gehörter Ausspruch über die Hauptstadt Spaniens. Das war ganz sicher nicht die Absicht der Leser des Teckboten, die jüngst die spanische Hauptstadt besuchten, auch wenn sich alle „himmlisch wohl“ fühlten und die Stadt innerhalb kurzer Zeit lieben lernten. Zugegeben, die Stadt mit all ihren Facetten macht es Touristen auch sehr leicht, sich schnell heimisch zu fühlen, auch wenn es immer wieder sprachliche  Hürden zu nehmen gilt.

Eine Metropole mit breiten Platanenalleen, gesäumt von eindrucksvollen Palästen mit oft etwas zu üppigen Stuckverzierungen, Kuppeln, Säulen und Balkonen, besonders an der Gran Via, wo sich die Paläste bzw. deren Bauherrn gegenseitig zu übertrumpfen versuchten. Der Charme der Stadt geht nicht so sehr von  den Palästen, den  großen Parkanlagen, der Plaza Mayor oder von den hochkarätigen Museen aus. Es  ist wohl eher der Charme  seiner Bewohner, die die spezielle Lebensart der Metropole prägen. Im Herzen ist Madrid ein Dorf geblieben und besonders in der Altstadt, mit den kleinen verwinkelten Gassen noch sehr kleinstädtisch. Madrid ist erst spät eine wirkliche Metropole geworden, weshalb es noch einen recht kleinen und beschaulichen Altstadtkern gibt, den auch die Besucher  aus der Teckstadt  mehrmals in diesen fünf Tagen zu Fuß durchquert haben. Die touristischen Ziele, die Madrid für viele Besucher so anziehend macht, sind alle im Zentrum beheimatet und wenn man etwas vom Leben in dieser Stadt mitbekommen möchte, sollte man Madrid zu Fuß erkunden, denn es gibt alle paar Meter etwas zu sehen und zu fotografieren.

Aber nicht nur Kulturelles galt es zu entdecken, auch kulinarisch hat man sich sehr ausgiebig und mit Begeisterung der spanischen Küche genähert. In Madrid kann man sich auf eine ganz einfache Art  mit der spanischen Küche vertraut machen: in Form von Tapas in den Tabernas, die meist noch ein authentisches Ambiente besitzen, das noch nicht vom Tourismus getrübt wurde. Schon am Morgen trifft man hier Madrilenen aller Gesellschaftsschichten, die ihren „cafe con leche“  trinken. Am Mittag frühestens gegen 13 Uhr und am Abend  nach 20.00 Uhr  füllen sich die Lokale wieder zum Essen. Die Tapas-Kneipen sind ein wichtiges  Element im Sozialleben der Spanier, ein Ort an dem man sich mit Freunden auf ein Glas Bier oder Wein trifft, sich unterhält und das gemeinsame Essen genießt. Die kleinen Portionen zubereiteter Speisen werden  kalt oder warm serviert und bieten einen abwechslungsreichen und vielfältigen Überblick über die spanische Küche.

Abends herrscht überhaupt eine unbeschwerte Stimmung in den Straßen. Statt sich in die ohnehin meist überfüllten Lokale zu setzen sind die jungen Spanier gerne in die Gassen oder auf Plätze zusammen. Die Ausgehviertel Chueca und Malansana werden erst nach Mitternacht von Menschen „geflutet“. An der Puerta del Sol, einem der meist frequentierten Plätze der Altstadt, trifft sich jede Couleur von Menschen, junge Banker, Studenten, Angestellte, Prosituierte, Drogenverkäufer, asiatische Wanderhändler und ein paar Taschendiebe. Es geht hier  immer ein bisschen  marktschreierisch und  laut zu.  Die Madrilenen werden nicht umsonst als „los chulos“ bezeichnet. „Chulo“ hießt  vorlaut und angeberisch, aber auch cool, toll und schick - so wie sich die Madrilenen wohl selbst am liebsten sehen.

Die Highlights der Stadt sind zweifelsohne der Königspalasts, die Plaza Mayor, die man gesehen haben muss, auch wenn man sich über deren Schönheit streiten kann, den Antocha Bahnhof, dessen riesige einstige Bahnhofshalle in einen Botanische Garten umgewandelt wurde, durch den man die Züge jetzt erreichen kann und natürlich die  Museen Reina Sofia, das Thyssen-Bornemiza-Museum und allen voran das Museo del Prado, das die meistbesuchteste Attraktion der Stadt ist.

Für sehr viele Madrid-Besucher sind Abstecher in die nähere Umgebung von Madrid ein Muss. So gibt es  knapp eine Autostunde entfernt den Monumentalpalast  El Escorial zu sehen.  Es ist eine gewaltige Anlage, halb Kloster, halb Schloss, in deren Mittelpunkt sich eine mächtige Kirchenkuppel erhebt. Es ist der größte Renaissancebau der Welt mit 2000 Zimmern, 3000 Türen, 16 Höfe und 86 Treppenhäusern. In der Gruft liegen an die 100 Mitglieder des spanischen Königshauses. Gleichwohl residieren die spanischen Könige seit mehr als 150 Jahren nicht mehr in dem Monumentalpalast.

Ein weiteres Muss ist Avila, seit 1985 Weltkulturerbe der UNESCO. Es ist eine sehr alte Stadt und seit der römischen Zeit ununterbrochen besiedelt und die höchstgelegene Provinzhauptstadt Spaniens, was allein keinen Besuch wert wäre. Wichtigstes Monument aber ist die 2500 Meter lange, komplett erhaltene romanische Stadtmauer mit ihren 88 Türmen und neun Stadttoren. Selbst die gotische Kathedrale ist Teil der südlichen Stadtmauer. Die Stadtmauern bergen ein unschätzbares Erbe an Renaissance-Kirchen und -Palästen, die von der Blütezeit der Stadt als Zentrum der Textilproduktion zeugen. 

Nicht sehr weit von Madrid entfernt liegt Chinchon, eine romantische, mittelalterliche Stadt mit nur 4000 Bewohnern. Das Zentrum der Stadt ist die seit dem Mittelalter unveränderte Plaza Mayor, die heute noch als Stierkampfarena genutzt wird. Malerische, unterschiedlich hohe Häuser mit vorgesetzten Arkaden und Holzbalkonen umschließen sie. Gerade diese Uneinheitlichkeit macht diesen Ort wohl so einzigartig. In vielen Restaurants um die  Plaza kann man auf Balkonen sitzen und dabei das Treiben auf dem Platz beobachten und dabei bei original kastilischer Küche abseits vom Trubel der Großstadt das Leben genießen.

So ungefähr haben es auch die Besucher aus Kirchheim und Umgebung in den Tagen in Madrid gehalten, die nach fünf genussvollen Tagen reich an neuen Eindrucken und Genüssen wieder in die Teckstadt zurückkehrten.

 

Text und Bilder: Günter Tannenbergerachten.