Kirchheim

Alles außer Cocktailmusik

Das Uli Beckerhoff Quartett spielt feinen Jazz im Kirchheimer Club Bastion

Kirchheim. Der Modern Jazz wird im Kirchheimer Club Bastion nicht einfach nur gepflegt, vielmehr seit Jahrzehnten schon in all seinen Facetten regelrecht kultiviert. Mit dem

Florian Stegmaier

Konzert des Uli Beckerhoff Quartetts, das sein aktuelles Album „Heroes“ im Gepäck hatte, war ein alter Bekannter zu Gast. Einer, der äußerst rührig in der deutschen wie internationalen Jazz-Szene mitmischt und wohl das verkörpert, was man modisch einen „Netzwerker“ nennt.

Renommierte Gruppen wie Riot, Jazztrack oder Changes verdanken ihm viel. Einen Namen hat sich der Trompeter in den letzten Jahren zudem als künstlerischer Leiter der Bremer Jazz-Messe gemacht. Bis vor kurzem hatte Beckerhoff eine Professur an der Essener Folkwang Hochschule inne, wo er sich als verdienter und angesehener Jazzpädagoge der Ausbildung junger Hoffnungsträger widmete. Dort hat Beckerhoff auch seine hochkarätigen Quartettkollegen kennengelernt: den Pianisten Richard Brenner, Moritz Götzen am Kontrabass und Niklas Walter am Schlagzeug.

Für Beckerhoff-Fans wenig überraschend bewegte sich der Kirchheimer Konzertabend vorwiegend in Mid-Tempo-Bereichen und wartete mit diversen balladesken Höhepunkten auf. In diesem Rahmen konnten sich die großen Qualitäten des Trompeters und Flügelhornisten entfalten: ein an lyrischen Idealen orientiertes, geschmeidiges und klangschönes Spiel, das mit natürlicher Autorität die Führung im Quartettverbund übernahm, sich in melismatischen Bögen zu kontrollierter Ekstase hochschraubt, und in den langsamen Nummern eine gepflegte Melancholie verströmt. Und das, ohne den Jazz damit zur kitschigen Cocktailmusik zu degradieren.

Ein Übriges taten die ausgefeilten, auf Plastizität und Transparenz gerichteten Arrangements, die auch die Handschrift des Filmkomponisten Beckerhoff durchscheinen ließen. Eindrücklich zeigten sie auf, wie aus dem Innovationsfundus des Modern Jazz zu schöpfen ist, und es dennoch möglich ist, gehaltvolle Musik zu schaffen, die auch für Leute zugänglich bleibt, die Jazz eher nebenberuflich hören. Fraglos ein wunderbarer Jazzabend, der fast keine Wünsche offen ließ.

Ein Gedankenspiel zumindest drängte sich auf: Gesetzt den Fall, die Musiker hätten den Graben zwischen wünschenswerter Live-Präsentation eines neuen Tonträgers und konzertantem, ergebnisoffenem Interplay offensiver überschritten, wären gemeinsam aus den abgezirkelten Radien hoher Arrangierkunst ausgebrochen – zu welchen kongenialen Höhenflügen hätten die drei „jungen Wilden“ mitsamt dem agilen Endsechziger durchstarten können? Vielleicht gibt ja das nächste Kirchheimer Gastspiel die Antwort.