Lokale Kultur

Alte Musik auf modernen Instrumenten

„Quatuor Animus Detmold“ begeisterte das Publikum beim Konzert in der Weilheimer Peterskirche

Weilheim. Die Weilheimer Peterskirche war mal wieder voll am Sonntag, alle Zuhörer begeistert, die Musiker

Ernst Leuze

glücklich, das Programm klug zusammengestellt, die Instrumente nicht alltäglich: Flöte, Oboe, Fagott, Cembalo. Allererste Sahne die Spieler, jeder ein Virtuose höchsten Grades – die Vitae im Programm ließen einen vor Ehrfurcht fast erstarren. Hätten sie nicht Verwandtschaft im Weilheimer Pfarrhaus, wären sie nie und nimmer in der Provinz aufgetreten.

Instrumente von ausgesuchter Qualität: die vergoldete Flöte, in allen Lagen makellos klingend, eine Oboe voller Schmelz und fast unendlichen Schattierungsmöglichkeiten, das Fagott ein Traum, eine Stradivari geradezu von Fagott. Schließlich das Cembalo des Vereins zur Förderung der Kirchenmusik unter Teck – es konnte mühelos mithalten in diesem illustren Kreis. Die Spieler, allesamt Männer: selbstbewusst, aber nicht arrogant, sensibel, aber traumhaft sicher, von höchster Meisterschaft, dabei von angenehmer menschlicher Wärme.

Damit könnte Schluss sein mit dem Bericht über das Konzert des „Quatuor Animus Detmold“ in Weilheim. Wäre da nicht noch ein grundsätzliches Problem. Es betrifft das Spiel von alter Musik auf modernen Instrumenten. Händel, Haydn, Zachow und Bach standen auf dem Programm, Namen, denen man blind vertrauen kann. Aber Gordon Jacob? Laut „Wiki“ ist er „Englands großer Meister der Instrumentierung im 20. Jahrhundert“ (1895 bis 1984). Seiner Partita für Fagott Solo merkte man an, dass er tatsächlich mit allen Finessen der Instrumente vertraut war. Leider fehlten avantgardistische Techniken, was aber von den Zuhörern vermutlich niemand bedauerte. Jedenfalls brachte der Fagottist Tobias Pelkner die sechs Miniaturen so inspiriert und technisch wie musikalisch makellos „rüber“, dass es für den Rezensenten zum absoluten Höhepunkt des Abends geriet.

Vor diesem Hintergrund taten sich die barocken Piècen unendlich schwer: in Telemanns Triosonate wollte sich das moderne Fagott absolut nicht mit dem Obertonspektrum des Cembalos anfreunden. Der Fagottist weiß natürlich, dass die Verschmelzung der Klänge in diesem Fall rein physikalisch unmöglich ist, und suchte sein Heil in einer wilden verwegenen Jagd. Nolens volens mussten seine Kollegen mitpreschen. In spieltechnischer Hinsicht ein Kinderspiel für sie, nur die Musik blieb auf der Strecke. In Zachows Trio für Oboe und Fagott fegte die irrwitzige Virtuosität des Fagottparts alle musikalischen Bedenken hinweg. Bachs Sonate für Flöte und Generalbass gab dem famosen Cembalisten Miklos Spanyi endlich den Freiraum, seine in der Fachwelt bekannten und hoch geschätzten Fähigkeiten musikalischer Gestaltung auszuleben. Er wurde dabei zunächst nur vom Flötisten János Bálint etwas ausgebremst; dieser gestaltet mit Lautstärkedifferenzierung – wer hat jemals so ein betörendes Flöten-Pianissimo gehört –, auf dem Cembalo bleibt jedoch nur die Agogik als Gestaltungsmittel. Wie dann das Fagott mit der Basslinie dazu kam, trieb der arme Cembalist zwischen Skylla und Charybdis dem unvermeidlichen musikalischen Schiffbruch entgegen.

Viel zu leicht für die Virtuosen war das Haydn-Trio. Sie versuchten, ihre technische Unterforderung auszugleichen durch Vibrato auf unbetonten Auftakt- und Schlusstönen. Das wirkte wie eine watschelnde Weihnachtsgans. Von Anmut jedenfalls keine Spur. In der abschließenden Triosonate von Johann Sebastian Bach, einer sehr geschickten Rekons­truktion eines modernen Bearbeiters, schlug die Stunde des Oboisten József Kiss. Souverän riss er die Führung an sich und lotete dieses Stück musikalisch aus, so weit es auf einer modernen Oboe überhaupt möglich ist. Hier zählten der unbedingte Wille zur musikalischen Formung und die Ausstrahlung auf das Ensemble.

Da habe ich erwogen, ob alte Musik auf modernen Instrumenten vielleicht doch möglich sei. Für die Zuhörer indessen war das überhaupt keine Frage. Sie waren ganz aus dem Häuschen und erklatschten sich in „überwiegender“ Mehrheit die Zugabe. Und das zählt doch!