Kirchheim

Am Steuer Hände weg vom Handy

Verkehr Jeder möchte sicher am Ziel ankommen. Trotzdem missachten viele das Telefonverbot am Steuer mit teils fatalen Folgen. Von Daniela Haußmann

Lediglich mit Freisprechanlage oder Headset ist Telefonieren am Steuer erlaubt.Foto: Daniela Haußmann
Lediglich mit Freisprechanlage oder Headset ist Telefonieren am Steuer erlaubt. Foto: Daniela Haußmann

Endlich Feierabend. Noch schnell eine SMS schicken. „Bin gleich zu Hau…“. Versenden kann sie der Verfasser nach seinem sekundenlangen „Blindflug“ über den Asphalt nicht mehr. So oder ähnlich ereignen sich dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat zufolge immer wieder schwere Unfälle. Beim Schreiben und Lesen von Textnachrichten während der Fahrt erhöht sich das Unfallrisiko auf das 23-fache, wie eine im US-Bundesstaat Virginia durchgeführte Studie ergeben hat. Beim Telefonieren erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer Kollision um das Sechsfache. Wer hinterm Lenkrad sitzt, sollte nach Ansicht des Vereins bedenken, dass eine Blickabwendung von fünf Sekunden bei Tempo 50 zu einem „Blindflug“ von fast 70 Metern führt, bei einer Autobahnrichtgeschwindigkeit von 130 Stundenkilometern sind es im gleichen Zeitfenster sogar 180 Meter.

Trotzdem registrierte im Jahr 2016 das Polizeipräsidium Reutlingen, zu dem auch der Landkreis Esslingen gehört, 6 970 Verstöße gegen das Handyverbot am Steuer. 2015 waren es 5 544 Fälle gewesen. Dass die Statistik für das vergangene Jahr fast 26 Prozent mehr Verstöße ausweist, führt Christian Wörner auch auf den höheren Kontrolldruck zurück. Wobei die Zahl der Fahrer, die nicht erwischt werden, deutlich höher ist. Gerade junge Erwachsene verkennen nach Ansicht des Präsidiumsprechers die Gefahr, die von der Handy-Nutzung im Fahrersitz ausgeht. Vor allem die 18- bis 24-Jährigen stechen hier hervor. Diese Gruppe tauscht sich im Alltag permanent über Facebook oder WhatsApp aus. Zudem verfügen sie über ein geringeres Gefahrenbewusstsein.

Die Rechtslage ist eindeutig. „Wer ein Fahrzeug bewegt, darf währenddessen kein Smartphone benutzen“, betont der Polizist. Doch was heißt „benutzen“ in diesem Zusammenhang? Laut Straßenverkehrsordnung darf ein Fahrer sein Mobil- oder Autotelefon nur dann verwenden, wenn er das Handy oder den Hörer des Autotelefons nicht in der Hand halten muss. „Fahrer, die weder über ein Headset noch eine Freisprecheinrichtung verfügen, müssen zur Handynutzung den Wagen parken und ihren Motor abschalten“, klärt Christian Wörner auf. Gleiches gilt für Radfahrer. Wer in die Pedale tritt und dabei telefonieren will, muss das mit einem Headset tun oder absteigen, um ein Knöllchen in Höhe von 25 Euro zu vermeiden.

Nach Auskunft des Landratsamtes Esslingen kann die Bußgeldstelle bei Fahrern, die wegen mehrfacher Handynutzung auffällig geworden sind, das Regelbußgeld von 60 Euro bis zum doppelten Betrag erhöhen. Von einem ebenfalls möglichen Fahrverbot werde aber grundsätzlich kein Gebrauch gemacht, hier greife die Punkteregel. Wer mit dem Handy am Steuer erwischt wird, erhält neben der Geldstrafe einen Punkt in Flensburg.

Fahrer, die ihr Handy in einer Halterung hängen haben, können auf dem Gerät nach aktueller Gesetzeslage Nachrichten schreiben, Telefonnummern eingeben oder im Internet surfen. Fakt ist allerdings: Komplexe Verkehrssituationen lassen sich auf diese Weise weder konzentriert noch sicher und schon gar nicht vorausschauend erfassen. Die Fahrfehler anderer können durch derartige Ablenkungen nur schwer oder gar nicht ausgeglichen werden, brenzlige oder sogar tödliche Zwischenfälle sind vorprogrammiert.

„Kommt es zu einem Crash, wertet die Polizei in besonderen Fällen auch die Handydaten aus“, gibt Christian Wörner zu bedenken. „Stellt sich heraus, dass das Gerät zur Unfallzeit in Gebrauch war, kann sich das ungünstig auf den Versicherungsschutz auswirken. Und zwar unabhängig davon, ob das Mobiltelefon in einer Halterung steckte oder in der Hand gehalten wurde.“ Querelen mit der Versicherung, Sach- oder Personenschäden, die langwierige Behandlungen oder sogar lebenslange körperliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen - das ist kein Anruf und keine Textnachricht wert.„Wer kein Headset und keine integrierte Freisprechanlage verwendet, hat am Handy schlichtweg nichts verloren, wenn er Auto fährt. Betroffene sollten das Telefon während der Fahrt am besten ganz abschalten“, bilanziert Christian Wörner.

Teures Vergnügen: mit dem Handy hinterm Steuer

Wer im Ausland gegen das Handyverbot hinterm Lenkrad verstößt, hat mit Geldbußen zu rechnen, die in einigen Urlaubsländern deutlich höher ausfallen als in Deutschland.

Wer in Dänemark ohne eine Freisprecheinrichtung mit dem Mobiltelefon hantiert, wird laut dem ADAC mit 200 Euro zur Kasse gebeten.

In Italien kommen Fahrer, die ein Knöllchen von 160 Euro erhalten, noch gut davon, denn nach ADAC-Angaben sind in dem beliebten Urlaubsland durchaus höhere Bußgelder möglich.

In Frankreich sind Strafen von über 135 Euro die Regel, wenn das Handyverbot verletzt wird.

In Spanien drohen Bußgelder von mehr als 200 Euro.

Und in Holland muss 230 Euro berappen, wer die Finger nicht vom Mobiltelefon lässt.dh