Kirchheim

Auch bei scharfem Essen gilt: Die Dosis macht‘s.

Foto: Heike Siegemund

Scharfes Essen verursacht einen Schmerzreiz, wodurch Endorphine ausgeschüttet werden - also Glückshormone, sagt Ernährungswissenschaftlerin Anneliese Albrecht von der AOK. Ist es deshalb auch gesund?

Frau Albrecht, essen Sie gerne scharf?

Anneliese Albrecht: Wenn ich in einem asiatischen Restaurant gefragt werde, ob ich das Gericht scharf oder weniger scharf möchte, werde ich immer die weniger scharfe Variante wählen, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass zu scharfes Essen schmerzt und ich nichts mehr schmecken kann. Denn Schärfe ist keine Geschmacksart wie salzig, süß, bitter, sauer oder umami, sondern eine Schmerzreaktion. Die scharfen Gewürze erregen die Nerven in der Mundschleimhaut, die für die Wahrnehmung von Wärme und Schmerz zuständig sind.

Verzichten Sie komplett auf scharfe Gewürze?

Albrecht: In fast allen meinen Salatsoßen ist eine ordentliche Portion an Senf und Meerrettich zu finden. In diesen Gewürzen sind die Scharfmacher enthalten. In Chilischoten und Paprika der Stoff Capsaicin, in Pfeffer ist es Piperin, Allicin in Knoblauch, Gingerol in Ingwer und Senföl in Meerrettich und Senf. Diesen Stoffen werden vielseitige positive Wirkungen nachgesagt. Durch den Schmerzreiz, den scharfes Essen verursacht, werden Endorphine ausgeschüttet - also Hormone, die glücklich machen. Verschiedenen Studien zufolge hat der Scharfmacher Capsaicin in Chilischoten auch positive Auswirkungen auf das Herz. Seine gefäßerweiternde Wirkung sorgt für eine bessere Durchblutung. Davon profitieren etwa auch die Schleimhäute, wodurch das Geschmacksempfinden verstärkt wird. Der Scharfmacher kurbelt zudem die Verdauung an.

Ist scharfes Essen also gesund?

Wie immer macht die Dosis das Gift. Lebensmittel mit sehr hohen Capsaicin-Gehalten können auch schaden. Bei übermäßig hohem Verzehr, so das Bundesinstitut für Risikobewertung, können ernsthafte gesundheitliche Beeinträchtigungen beobachtet werden wie Schleimhautreizungen, Übelkeit, Erbrechen oder Bluthochdruck. Wer einen empfindlichen Magen hat, sollte scharf Gewürztes nur mit Vorsicht genießen. Kinder sollten gar keine Chiliprodukte zu sich nehmen, weil sie besonders empfindlich auf Schärfe reagieren.

Stimmt es, dass scharfe Gerichte die Körpertemperatur senken?

In heißen Urlaubsländern ist der Appetit auf scharfe Gerichte meist höher. Weil Capsaicin die Schweißbildung anregt, kann durch das Schwitzen die Körpertemperatur gesenkt und der Körper abgekühlt werden. Entsprechend werden in heißen Ländern täglich zwischen 25 bis 200 Milligramm Capsaicinoide aufgenommen. Bei uns sind es nur etwa 1,5 Milligramm pro Tag.

Was hilft, wenn man zu viele scharfe Gewürze gegessen hat?

Wenn man aus Versehen eine große Ladung Chili abbekommen hat und Feuer spucken könnte, sollte man nicht mit Wasser löschen. Weil Capsaicin fettlöslich ist, helfen bei brennenden Schmerzen Milch oder stärkehaltige Lebensmittel wie Reis oder Brot in Verbindung mit Speiseöl.