Lokale Kultur

Ausstellungseröffnung im Wächterheim mit Bildern, Bibeltexten, Gedichten und „fließender“ Musik

Ausstellungseröffnung im Wächterheim mit Bildern, Bibeltexten, Gedichten und „fließender“ Musik

Kirchheim. Zu einem ganz besonderen Experiment konnte Stephan Nowak, Bereichsleiter Altenhilfe im Kirchheimer Wächterheim, Bewohner und zahlreiche interessierte Be-

sucher im Foyer willkommen heißen. Auf dem Programm stand eine vielschichtige Ausstellungseröffnung, die deutlich anders verlief, als das gemeinhin bei Vernissagen der Fall ist.

Die Ausstellungsbesucher kamen dabei nicht sofort nach einer kurzen zusammenfassenden Einführung vor aufgehängten Bildern ins Gespräch, sondern durften sich zunächst setzen, um sich in Ruhe auf eine höchst interessante Begegnung einzulassen. Die Bilder der Ausstellung standen dabei schon im Mittelpunkt, denn jeweils ein ausgewähltes Werk wurde in gleißendes Scheinwerferlicht getaucht. Zunächst hatten sie aber noch eine eher dienende Funktion in einem abwechslungsreichen Programmmix aus zitierten Bibelpassagen, rezitierten Gedichten sowie musikalischen Interpretationen und Improvisationen.

Erst nach Abschluss des zur Einführung der Ausstellung gebotenen Dreiklangs aus Malerei, Lyrik und Musik kamen die künstlerischen Arbeiten an ihre vorgesehenen Plätze, wo die Besucher sie dann in Ruhe betrachten und weiter auf sich wirken lassen konnten.

Der in Kirchheim lebende Künstler Hans-Hilmar Seel, dessen Ausstellung noch bis zum 10. Januar im Foyer des Kirchheimer Wächterheims zu sehen ist, arbeitet schließlich nicht nur mit Pinsel, Tempera und Öl, sondern gibt seinen Bildern auch begleitende eigene Gedichte mit auf den Weg, die oft auf Bibeltexten basieren. In drei Büchern – „Die Tür zum Weg . . .“(2006), „Ich bin nicht allein“ (2008) und „Horizonte“ (2010) – hat Hans-Hilmar Seel bereits dieses reizvolle Zusammenspiel von Bildern und Texten erfolgreich praktiziert. Er hatte daher gerne die an ihn gerichtete Bitte erfüllt, ausgewählte künstlerische Arbeiten und eigens dafür geschriebene Gedichte im Wächterheim gemeinsam vorzustellen.

Wie es zu diesem stimmigen Ausstellungprojekt gekommen war, hatte Pflegedienstleiter Stephan Nowak im Beisein von Peter Schepp als Vertreter des Beirats der Stiftung Tragwerk gleich zu Beginn erläutert. Im Rahmen der im Wächterheim monatlich stattfindenden Abendserenaden, war auch schon ein Text von Hans-Hilmar Seel behandelt und in das musikalische Programm eingebunden worden – ohne sich dabei bewusst zu sein, dass er in Kirchheim lebt. Da in seinem Fall die schon erfolgreich erprobte Kombination aus Wort und Musik außerdem noch um die Dimension bildender Kunst erweitert werden kann, war schnell die Idee geboren, den vielseitigen Kirchheimer Künstler für ein Ausstellungsprojekt zu gewinnen.

Für die nun bei Saft und Sekt, Selters und Salzigem eröffnete Ausstellung im Wächterheim, hat sich Hans-Hilmar Seel auf Darstellungen des Themas Wasser konzentriert. Eindrucksvoll musikalisch unterstützt wurde er dabei von Bezirkskantor Ralf Sach, der sich dem vorgegebenen Sujet variations- und improvisationsreich näherte. Mit perlenden Läufen auf dem Klavier ließ er das lebensspendende fließende Wasser in eindrucksvoller Virtuosität zu Wort kommen und hörbar werden. Das Publikum durfte sich dabei freilich nicht einfach bequem zurücklehnen, sondern musste maßgeblich mit dazu beitragen, Bilder, Bibeltexte und Gedichte mit Musik und Gesang zu einem neuen interessanten Gesamtkunstwerk zusammenzufügen.

Nach einer gemeinsamen Probe konnte „Vorsinger“ Ralf Sach mit der tätigen Mithilfe des zum stimmgewaltigen „Wächterheim-Chor“ gewordenen Publikum einen Kanon entwickeln, der sich tatsächlich immer mehr anhörte wie ein von Johann Sebastian Bach inspiriertes musikalisches Wellenmeer. Der als erstaunliche Gemeinschaftsleistung überzeugend entwickelte vielstimmige Klangteppich, der die Lebendigkeit des Wassers durch gemeinsames Singen zum Klingen brachte, kontrastierte deutlich mit Ralf Sachs stimmgewaltigem Solo mit Franz Schuberts „Meeresstille“. Dort herrscht schließlich in der glatten Fläche des Wassers „tiefe Stille. Ohne Regung ruht das Meer“. . . . „Keine Luft von keiner Seite. Todesstille, fürchterlich. In der ungeheuren Weite reget keine Welle sich“.

Gelegenheit, die gelungene Gemeinschaftsleistung genügend zu feiern, bot dann der an die vielseitige und abwechslungsreiche Ausstellungseröffnung sich anschließende individuelle Gedankenaustausch über das Gesehene, Gehörte und gerade gemeinsam Gesungene.