Lokale Kultur

Bücher verändern das Schicksal

Literaturcafé in der Buchhandlung Zimmermann in Kirchheim

Kirchheim. „Bücher sind mehr als eine Ware. Sie sind uns eine Herzensangelegenheit und können auch das Schicksal von Menschen verändern.“ Daran besteht für Sibylle Mockler von der Buchhandlung Zimmermann kein Zweifel. Mit ihren Mitarbeitern hatte sie zum Literaturcafé eingeladen, um ihre diesjährigen Favoriten vorzustellen.

Sie selbst eröffnete die Auswahl mit einem Titel von Anna von Canal: „Der Grund“ handelt von einem jungen Mann, dessen Wunsch Konzertpianist zu werden, nicht den Vorstellungen seines dominanten Vaters entspricht. Als große Erzählerin erweist sich laut Sibylle Mockler Jhumpa Lahiri in „Das Tiefland“. Zwei junge Inder, aus bescheidenen Verhältnissen stammend und dennoch mit Aussicht auf ein erfolgreiches Leben, bis einer von ihnen politisch aktiv wird, stehen hier im Mittelpunkt.

Philipp Meyers „Der erste Sohn“, vorgestellt von Sabrina Schömers, ist ein grandioses Epos, in dem 150 Jahre texanischer und amerikanischer Geschichte als generationenübergreifende Familiensaga geschildert werden. Jo Bakers „Im Hause Longbourn“ über das Leben der Dienstboten der Familie Bennet aus Jane Austens Stolz und Vorurteil, hält sie für den gelungensten historischen Roman der vergangenen Jahre.

Auf eine Freundschaft der besonderen Art wies Maxi Neumann hin. „Zwei Herren am Strand“ von Michael Köhlmeier erzählt geistreich und originell die Geschichte der unter Depressionen leidenden Charlie Caplin und Winston Churchill. Beeindruckt hat sie auch „Ein ganzes Leben“ von Robert Seethaler. Er erzählt vom kargen Leben eines einfachen Mannes, der trotz so mancher Tragödie immer ruhig und beständig bleibt.

Eine der kurzweiligsten Zugfahrten der vergangenen Jahre beschert uns laut Gaby Ensinger Jean-Philippe Blondel in „6 Uhr 41“. Behandelt wird die Frage „Was wäre gewesen, wenn?“ aus zwei unterschiedlichen Perspektiven. Die richtige Mischung aus Spannung uns Spaß findet sie in „Arztroman“ von Kristof Magnusson. Die Schilderung des Alltags einer Berliner Notärztin bleibt nie an der Oberfläche.

Eine Art Märchen vor real-historischem Hintergrund ist für Martina Krämer „Sirius“ von Jonathan Crown. Die Abenteuer des Foxterriers Levi, nach der Flucht vor den Nazis ein Filmstar in den USA und später mittels Zeitmaschine Hitlers Schoßhund, sind ein Feuerwerk der Fantasie. Überzeugt hat sie auch die Mutter-Tochter-Geschichte „Augustas Garten“, in der Andrea Heuser die tragischen Folgen beschreibt, die aus zu langem Schweigen erwachsen können.

Von der Eltern-Kind-Problematik handelt auch Michele Serras „Die Liegenden“, vorgestellt von Stefanie Pörtner. Beim Versuch seine pubertären Söhne zu ergründen, stößt ein Vater auf viele Fragezeichen. Aktuell ist die Thematik in „Auf der richtigen Seite“ von William Sutcliffe. Der Nahost-Konflikt steht in diesem Jugendbuch, das sich auch für Erwachsene eignet, im Vordergrund. In erster Linie als Geschenktipp für Groß und Klein diente „Lieselotte sucht“ von Alexander Steffensmeier.

Für Kinder gänzlich ungeeignet sind die Krimis, die Tina Meixner präsentierte. Den Altmeister Hercule Poirot lässt Sophie Hannah in „Die Monogramm-Morde“ ermitteln. Politisch wird es bei Angelika Felendas „Der eiserne Sommer“, in dem im Sommer 1914 eine Wasserleiche in die Reihen des königlich-bayrischen Leibregiments führt. Zweifel und Argwohn begleiten den Leser bei der Lektüre von Mark Billinghams „Die Lügen der Anderen“: Drei Paare lernen sich im Urlaub kennen und treffen sich auch weiterhin. Dabei stellt sich heraus, dass hinter der Fassade nichts ist wie es scheint. Ein waschechter Noir-Krimi ist Nic Pizzolatto mit „Galveston“ gelungen. Ein Auftragskiller mit Lungenkrebs im Endstadium entgeht nur knapp einem Mordversuch und ist fortan mit einer Prostituierten auf der Flucht.

Im Anschluss daran hatte Ruben Schömers Fakten zu bieten. In „Sommer 1927“ berichtet Bill Bryson über eine Fülle von Ereignissen, die den Aufstieg der USA zur Weltmacht ermöglichten. George Packers „Die Abwicklung“ handelt von deren wirtschaftlichen und sozialen Niedergang, der seit dem vergangenen Jahrzehnt vonstatten geht. Mit der von den Römern hinterlassenen Lücke befasst sich Peter Heather in „Die Wiedergeburt Roms“. Zurück in die Gegenwart ging es mit „Islamischer Staat“ von Behnam T. Said, der sich mit dessen Zielen und Geschichte beschäftigt, sowie mit „Über das Meer“ von Wolfgang Bauer, der eine Gruppe syrischer Flüchtlinge in einem Boot begleitete.

„Das Leben im Mittelalter“ hatte es Simone Schey angetan. Diese Textsammlung erschließt den Lesern den Alltag der einfachen Leute. Des weiteren wies sie auf ein besonderes Kochbuch hin: „Bella Italia“ vom Australier Guy Grossi.

Dass Wissenschaft originell und unterhaltsam sein kann, beweisen laut Sibylle Mockler die beiden Forscher Giulia Enders mit „Darm mit Charme“ und Henning Beck in „Hirnrissig“. Mit dem Missbrauch und der Überwachung in der digitalen Welt setzt sich Jaron Lanier in „Wem gehört die Zukunft“ auseinander.

Auf die kulinarische Art und Weise wurde das Literaturcafé beschlossen. Bei Kostproben aus dem Kochbuch „Täglich vegetarisch“ sowie Wein und Quiche ließen die Zuhörer den Abend ausklingen.pm