Kirchheim

Danton verspätet sich ein wenig

Schule Die Abiturprüfungen an den beruflichen Gymnasien haben begonnen und mit ihr das große Bibbern. Doch dieses Mal läuft die Prüfungsphase anders ab als gewohnt. Von Melissa Seitz

Leere Gänge im WG/TG Abitur Prüfungen Schule Flur Jakob friedrich Schöllkopf
Leere Gänge im WG/TG Abitur Prüfungen Schule Flur Jakob friedrich Schöllkopf

Der Schulhof ist leer gefegt, und in den Fluren könnte man eine Stecknadel fallen hören. Mit Herzklopfen geht es für die Schüler der beruflichen Gymnasien in Kirchheim in die Klassenzimmer: Die Abiturprüfungen haben begonnen. An der Max-Eyth-Schule war gestern Mechatronik und Informatik dran, und die Abiturienten an der Jakob-Friedrich-Schöllkopf-Schule zerbrachen sich die Köpfe über ihre Wirtschaftsprüfungen. Klingt nach einem normalen Prüfungstag, aber dieses Jahr hat sich der Ablauf geändert. Seither hat jede Prüfungsphase mit Deutsch angefangen, dieses Jahr wird sie mit diesem Fach abgeschlossen.

Grund dafür ist ein sogenannter Aufgabenpool, der erstmals vom Kultusministerium entwickelt wurde. Die Bundesländer können sich aus diesem gemeinsamen Aufgabenfundus bedienen. Damit die ausgewählten Aufgaben zeitgleich in mehreren Ländern im Abitur verwendet werden können, haben sie sich auf dieselben Prüfungstermine geeignet. „Ich mach mein eigenes Ding“ war bisher die Devise der beruflichen Gymnasien, denn sie stellten ihre Prüfungen selbst zusammen. Die neue Änderung hat ein konkretes Ziel: Der Aufgabenpool soll den unterschiedlichen Abiturniveaus entgegenwirken.

Deutsch lässt auf sich warten

In den beruflichen Gymnasien in Kirchheim hat der neue Aufgabenpool Auswirkungen. Wer denkt, er könne Danton und Co. so schnell wie möglich hinter sich lassen, der täuscht sich. Die Prüfung für das Fach Deutsch findet nämlich erst am 25. April statt und ist somit die letzte Prüfung für das Abitur 2017. Doch während die einen dann das Prüfungsende feiern, müssen die anderen weiterbüffeln. Denn für die Schüler der allgemeinbildenden Gymnasien fängt das Abi-Chaos an diesem Tag mit der Deutsch-Klausur erst an.

Der Abteilungsleiter des Technischen Gymnasiums (TG) an der Max-Eyth-Schule findet die neue Regelung sinnvoll: „Man will sich mit dem Niveau annähern“, sagt Hans-Martin Ruopp. Für seine Deutsch-Kollegen ist die Terminänderung nicht hilfreich - denn ihnen bleiben nur 13 Tage, um die Klausuren zu korrigieren. Auch die Deutschlehrer im Wirtschaftsgymnasium (WG) stehen vor diesem Problem. WG-Abteilungsleiter Patrick Well weiß, wieso: „65 Prozent aller Abiturienten schreiben die Deutschprüfung, und jeder von ihnen gibt 12 bis 14 Seiten Text ab.“

Oft müssen sich die Lehrer auch in Übersetzungskunst üben: denn Schönschreibschrift scheint nicht jedem zu liegen, und so ähneln in manchen Prüfungen die Buchstaben eher Hieroglyphen. Als wäre das nicht Arbeit genug, muss jeder Deutschlehrer ein Gutachten verfassen, in dem er seine Notengebung begründet. Für Wurzel 5 gibt es eben nur eine Lösung - anders sieht das bei einer Szenen-Analyse von „Dantons Tod“ aus. „Man muss sich in die verschiedenen Gedankengänge der Schüler versetzen“, erklärt Patrick Well.

Auch Schüler unter Dauerstress

Nicht nur die Deutschlehrer müssen in diesem Jahr leiden, auch die Schüler. Denn durch die Terminvereinbarungen erstreckt sich das Abitur über fast einen ganzen Monat. Bis zum 25. April sind die Abi­turienten unter Dauerstress. „Da das Deutsch-Abi so spät stattfinden, haben wir die Osterferien mitten in der Prüfungszeit“, erklärt TG-Abteilungsleiter Hans-Martin Ruopp.

Das sind zwei Wochen, in denen die Schüler die Deutschlektüre noch mal überfliegen können, aber auch zwei Wochen, in denen die Anspannung die Freude über die Ferien verdirbt.

Foto: Markus Brändli
Foto: Markus Brändli