Kirchheim

Das alte Taufbecken ist nach Nabern zurückgekehrt

Feierstunde „Über zehn Ecken gedacht“, erläutert Rainer Laskowski Hintergründe zu einem Kleindenkmal, das gut 700 Jahre alt sein dürfte. Von Andreas Volz

Rainer Laskowski stellt die Geschichte des alten Naberner Taufbeckens vor, das vor über 120 Jahren durch einen neuen Taufstein (
Rainer Laskowski stellt die Geschichte des alten Naberner Taufbeckens vor, das vor über 120 Jahren durch einen neuen Taufstein (Bild unten) ersetzt worden war und erst vor wenigen Tagen nach Nabern zurückgekehrt ist. Fotos: Markus Brändli

Ein besonderes Kleinod ist nach Nabern zurückgekehrt, nachdem es mindestens 120 Jahre lang in Kirchheim „ausgelagert“ war: das alte Taufbecken, in dem Naberner Kinder getauft worden waren, als es die Johanneskirche in ihrer heutigen Form noch gar nicht gab. In einer kleinen Feierstunde hat die Kirchengemeinde nun die Wieder-Aufstellung am alten Standort gewürdigt. Rainer Laskowski, ehrenamtlicher Beauftragter der Landesdenkmalpflege, hatte zu diesem Zweck der Geschichte des Kleindenkmals nachgespürt.

Sammler bewahren das Kleinod

Ende des 19. Jahrhunderts war das alte Becken durch einen neuen Taufstein ersetzt worden. Im alten Stein wollte aber niemand ein erhaltenswertes Denkmal sehen - außer dem damaligen Oberamtsstraßenmeister Gottlieb Bayer aus Kirchheim: Er ließ den Taufstein in sein Haus in der Jesinger Straße 17 transportieren und stellte ihn im Garten auf. Für mehr als hundert Jahre blieb dieser Garten das Domizil des Naberner Taufbeckens.

Als Gottlieb Bayers Tochter Hedwig Ende 2002 mit weit über 90 Jahren starb, hätte der Taufstein abermals vernichtet werden können. Nun war es aber Dr. Matthias Mader, der ihn 2003 erwarb und - ganz im Geist Gottlieb Bayers - vor seine Haustür stellte.

Weitere 15 Jahre sollte es dauern, bis die Naberner Kirchengemeinde sich an den „verlorenen Stein“ erinnerte: Roswitha Ebers­pächer hatte den Kirchengemeinderat darauf angesprochen. Gehör gefunden hat sie vor allem bei Gertrud Junker, die sich dafür einsetzte, dass der Stein so schnell wie möglich nach Nabern zurückkehren konnte. Pfarrer Paul Bosler zufolge ging das letztlich „schneller, als irgendjemand gedacht hätte“.

Das Engagement der Kirchengemeinde war für Matthias Mader eine Grundbedingung, um den Stein wieder nach Nabern zu geben: „Es war mir wichtig, dass sich die Naberner auch drum kümmern.“ In Ötlingen hat er in einem ähnlichen Fall weniger gute Erfahrungen gemacht: „Da habe ich noch ein Kriegerdenkmal, ohne dass die Ötlinger ein richtiges Interesse daran hätten.“

Manchmal muss sich das Interesse ja erst über längere Zeit hinweg entwickeln. Selbst Rainer Laskowski, der normalerweise einen ähnlich klaren Blick für solche Fundstücke hat wie Gottlieb Bayer oder Matthias Mader, gab jetzt in Nabern zu: „Ich kenne den Stein seit 2003. Aber für mich sah er damals eher unspektakulär aus.“

Inzwischen weiß er, dass es in der Region nicht mehr viele solcher Taufbecken gibt: Außer dem in Nabern sind ihm nur noch zwei weitere bekannt - aus Ohmden und aus Frickenhausen. Auch in Beuren gab es eins. Aber das wurde 1944 zerstört.

Als größte Besonderheit erwähnt Rainer Laskowski die Form des alten Taufsteins: „Er ist nach innen gerundet, und nach außen weist er zehn Ecken auf.“ Dieser Zehnzahl wollte er näher auf den Grund gehen. Ein Zehneck als Grundriss ist unter anderem für eine Kirche in Worms nachgewiesen. Die Kirche gibt es schon seit 200 Jahren nicht mehr, aber sie war demselben Patron geweiht wie die heutige Naberner Kirche: Johannes dem Täufer.

Das passt nicht nur zum Taufstein als Thema, es passt auch zum Patron der Naberner Vorgängerkapelle: Sie war dem heiligen Naborius geweiht, einem Märtyrer aus dem frühen 4. Jahrhundert. Ihm verdankt Nabern seinen Namen. Es hat aber noch mehr auf sich, wie Rainer Laskowski verrät: „Das Zentrum seiner Verehrung war in der Gegend um Worms.“ Wenn das kein Zufall ist!

Für ganz klare Aussagen habe er nicht genügend Zeit zum Nachforschen gehabt, gab Rainer Laskowski zu. Aber „spannende Hinweise und Parallelen“ seien ja schon ein erster Ansatz. „Über zehn Ecken“ gedacht, gibt es sogar Parallelen zu allen Kulturen: Die Wormser Johanneskirche soll dem Felsendom in Jerusalem nachempfunden gewesen sein, der wiederum eng mit dem salomonischen Tempel verbunden ist. Ansonsten tauche die Zahl 10 auch in anderen Kulturen auf - „immer wenn sie mit Sonnen- und Mondgottheiten in Kontakt traten“.

Passend dazu wurde Rainer Laskowski an dieser Stelle in seinem Vortrag unterbrochen: Die Kirchturmglocken verkündeten, dass die Sonne gerade in ihrem Zenit stand. Das war zwar auch symbolträchtig, ging aber deutlich über die Zahl 10 hinaus.

Zur Chronologie des alten Naberner Taufbeckens

Aus dem 13. oder 14. Jahrhundert dürfte der alte Taufstein stammen, der aus Neckartenzlinger Stubensandstein besteht. Er ist damit älter als der jetzige Naberner Kirchenbau, der „erst“ 1487 entstanden ist.

1891 oder 1898 wurde der Stein ersetzt. Ein genaueres Datum gibt die Quellenlage derzeit nicht her. Bereits im 17. Jahrhundert hatten Kanne und Schale die Praxis des Untertauchens verdrängt. Schon das alte Becken hatte also einen Deckel bekommen. vol