Kirchheim

Der Ansturm überrollt die Händler

Coronavirus Nach Hamsterkäufen sind etliche Regale in den Supermärkten und Discountern leer gefegt. Das Kaufverhalten toppt das Horten von Lebensmitteln vor Weihnachten. Von Anke Kirsammer

Der Nachschub ist da. Doch die Unmengen an Nudeln und anderen Lebensmitteln zu ordern und die Regale wieder zu füllen, ist derze
Der Nachschub ist da. Doch die Unmengen an Nudeln und anderen Lebensmitteln zu ordern und die Regale wieder zu füllen, ist derzeit eine Herausforderung für viele Läden. Foto: Jean-Luc Jacques

Viele Kunden bugsieren derzeit hoch aufgetürmte Wagen über die Parkplätze der Discounter und Einkaufsmärkte in Kirchheim und den umliegenden Orten, darin vor allem Toilettenpapier, Seife, Nudeln, Konserven und andere Lebensmittel, die lange haltbar sind. Am Samstag, als viele Familien aus dem Skiurlaub zurückkehrten und die Sorge vor dem Coronavirus ins Land schwappte, war der Andrang in den Läden besonders groß. An den Kassen bildeten sich lange Schlangen, in den Gängen gab es kaum ein Durchkommen. Das Gedränge erinnerte an Beutetouren vor Weihnachten. „Weihnachten? Es ist schlimmer“, sagt ein Kirchheimer Marktleiter. Gehortet werden Nudeln, Reis, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Mehl, Trockenhefe und Konserven aller Art. Wo sich sonst kistenweise H-Milch, Teigwaren und Dosen stapeln, herrscht gähnende Leere.

Mit Einräumen beschäftigt

„Wir kommen mit Nachfüllen kaum nach“, sagt der Inhaber eines Dettinger Geschäfts gehetzt. „Die Leute spinnen.“ Wer sonst zwei Dosen kauft, nimmt jetzt eine ganze Lage mit. Die nächsten Kunden haben dann das Nachsehen. Was gerade erst eingeräumt wurde, ist zwei Stunden später schon wieder verkauft. Doch versucht er zu beruhigen. Vielleicht sei bei den Teigwaren nicht mehr die gewünschte Marke da. „Irgendwelche Nudeln gibt es aber immer noch. - Klar.“ Wie sonst, rollen auch derzeit dreimal in der Woche Lastwagen mit Waren auf den Hof. „Natürlich bestellen wir mehr“, sagt der Chef. Doch sei er wie andere Kollegen dazu angehalten, nicht zu viel zu ordern, damit eine gute Verteilung unter den Geschäften gewährleistet ist. Der Nachschub ist das eine, das Bestücken der Regale das andere. „Ich habe hinten zehn Paletten mit Ware stehen, aber gar nicht die Leute, die alles einräumen können“, so der Händler gestresst.

„So etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagt auch Martin Sigel, der neben einem Laden in Oberlenningen noch vier weitere Edeka-Märkte in Esslingen, Bad Urach und Oberboihingen betreibt. „In Esslingen hat es besonders eingeschlagen“, sagt er. Geplündert war das fast zwölf Meter lange Nudelregal. Am Montagmorgen seien darin gerade noch zwei Päckchen gelegen. Bereits am Donnerstag vergangener Woche hatten die Hamsterkäufe begonnen. Und noch immer machen viele Kunden Großeinkäufe. Nachschub zu bekommen, ist für Martin Sigel kein Problem. Allerdings war er wie andere Lebensmittelhändler völlig überrascht von dem Ansturm. Je nachdem, wann die Lieferungen turnusmäßig kommen, füllen sich die Regale wieder. Der Oberlenninger ist zuversichtlich und sagt: „Das regelt sich.“ Auch die Edeka-Zentrale in Offenburg gibt Entwarnung: Die Versorgung in den Märkten sei gesichert. Engpässe gibt es im Moment lediglich bei Desinfektionsmitteln.

Zu denjenigen, die sich wegen des Coronavirus vorsorglich eingedeckt haben, gehört Karin Bautze aus Schlierbach. Die passionierte Nudelesserin hat in ihrem Vorratsschrank acht Kilogramm Teigwaren wie Rigatoni, Fusilli, Spaghetti und Tortellini eingelagert. „Das dürfte für meinen Mann und mich reichen“, meint sie lachend. Momentan kann sie sich nicht vorstellen, dass die Epidemie in Schlierbach ausbricht und sie unter Quarantäne gesetzt wird. „Ich bin noch ganz gechillt“, betont die 59-Jährige. „Aber wer weiß, was wird.“ Sicher ist sicher. So hat Karin Bautze neben Nudeln auch Tomatensoße und Küchenrollen in größeren Mengen gekauft. Und sie hamstert auch Futter für ihre zwei Katzen. „Es gibt schließlich keinen Grund, dass wir verhungern“, sagt sie. Auch die Kollegin aus der Redaktion hat für ihre Haustiere vorgesorgt und den vierteljährlichen Einkauf von Futter für ihre Fische und den Hund nicht nur vorgezogen, sondern etwas größer ausfallen lassen als sonst: „Statt für 180 habe ich dieses Mal für 220 Euro eingekauft. Das müsste fürs Erste reichen.“