Kirchheim

Der Digitalpakt nimmt Fahrt auf

Bildung Seit 1. Oktober können Schulträger Geld für die digitale Zukunft beantragen. In Kirchheim machen sich die Eltern Sorgen, dass die Zeit bis zum 30. April 2022 zu knapp wird, Experten geben Entwarnung. Von Thomas Zapp

Der digitale Status an Kirchheimer Schulen ist sehr unterschiedlich: das besorgt Julia Schäfer und Anette Beck vom Gesamtelternb
Der digitale Status an Kirchheimer Schulen ist sehr unterschiedlich. Foto: Carsten Riedl

Deutschlands Schüler sollen fit für die digitale Zukunft gemacht werden. In Baden-Württemberg können die Schulträger seit dem 1. Oktober Anträge auf Förder- ung stellen. Bis zum 30. April 2022 muss das geschehen sein, dann gibt es weitere zwei Jahre Zeit, die Maßnahmen umzusetzen. Um die Gelder zu bekommen, muss jede Schule einen „Medienentwicklungsplan“ aufstellen, und der scheint in Kirchheim einigen Schulen Probleme zu bereiten. „Der Schulträger sieht es heute schon als problematisch an, die Gelder aus dem Digitalpakt rechtzeitig zu beantragen und abzurufen“, sagt Claudia Gerlach-Reck, Elternbeiratsvorsitzende des Ludwig-Uhland-Gymnasiums. Besonders kleinere Schulen hätten Probleme, die umfangreichen Online-Formulare auszufüllen, da es auch nicht an jeder Schule einen Multimediaberater gebe. Hilfsangebote gibt es in Kirchheim aber: „Interessenten können sich jederzeit bei uns informieren“, sagt Klaus Buck, stellvertretender Schulleiter des Pädagogischen Fachseminars in Kirchheim. Auch das Kreismedienzentrum der Landesregierung erteilt Auskünfte.

Was den Digitalpakt besonders macht, ist die Bindung der Förderung an einen pädagogischen Plan, der je nach Schulform variieren kann. Mit der Gießkanne Geld für „Digitales“ auszuschütten, soll vermieden werden. Julia Schnur, bei der Stadt Kirchheim für Bildung zuständig und in Sachen Digitalpakt federführend, betont: „Man muss klären, was hilfreich und sinnvoll ist.“ Und natürlich müssten die „Basissachen“ geregelt sein, wie eine ausreichende Verbindungsgeschwindigkeit.

In Kirchheim scheitert der Fortschritt zuweilen an Details. „An unserer Schule ist das Kabel für den schnellen Internetanschluss verlegt, aber der Brandschutz muss noch geregelt werden“, sagt Julia Schäfer, Schatzmeisterin des Gesamtelternbeirats und Mutter eines Kindes an der Konrad-Widerholt-Grundschule.

Der Stand der Technik ist bei den 13 städtischen Schulen in Kirchheim laut der Gesamtelternbeirats-Vorsitzenden Anette Beck ohnehin noch sehr unterschiedlich. „Es wird Zeit, dass das mal alles auf einen Nenner kommt“, sagt sie. Dass Beamer oder der Computerserver ausfallen, gehöre zum Alltag, sagt Vishnuthan Thayalan, Schülersprecher am Ludwig-Uhland-Gymnasium. Der Schulserver sei zuletzt vier Wochen am Stück ausgefallen, niemand konnte das Internet nutzen. Daran ist aber nicht der Schulträger schuld. „Aktuell ist es schwierig, IT-Experten zu finden“, sagt Julia Schnur von der Abteilung Bildung der Stadt Kirchheim.

Der Digitalpakt soll aber noch deutlich mehr bewirken als die Infrastruktur zu verbessern. Wie Internet, PC und Medien konkret im Unterricht genutzt werden sollen, da gibt es ganz unterschiedliche Meinungen. „Alle haben früher nach interaktiven Whiteboards gerufen. Aber in der Praxis ist der Schuss nach hinten losgegangen“, sagt Klaus Buck. „Wenn Sie die Tafel interaktiv nutzen wollen, müssen sie Dokumente in den entsprechenden Formaten anlegen. Das ist viel zu aufwendig.“

Daher müssen die Anträge auf Förderung auch nach pädagogischen Maßstäben ausgestellt werden, womit man wieder bei der Komplexität angelangt ist. „Die Anträge an sich sind nicht das Problem“, beruhigt Julia Schnur. „Das ist sehr professionell gemacht“, findet auch Hans-Ulrich Lay, stellvertretender Schulleiter am Schlossgymnasium.

Schwieriger sind laut Julia Schnur aber Umsetzung und spätere Betreuung der digitalen Infrastruktur an den Schulen. Seit Oktober gebe es einen IT-Mitarbeiter in der Stadtverwaltung. Da scheint es in der Praxis auch noch einiges an Nachholbedarf zu geben. „Die Wartung der Netzwerke und der Endgeräte in den Schulen kann nicht die Aufgabe von Lehrern sein“, sagt Claudia Gerlach-Reck. Sie fordert: „Wir möchten mehr Transparenz in dem gesamten Prozess. Schließlich handelt es sich um Steuergelder, die von uns finanziert werden, dann möchten wir auch den größtmöglichen Profit für unsere Schüler haben.“

An zu spät eingereichten Anträgen soll es nicht scheitern, da kann Julia Schnur besorgte Eltern beruhigen. „Es gibt kein Windhundprinzip.“ Sprich: Es ist völlig egal, welche Schule zuerst oder zuletzt Mittel beantragt, jede Einrichtung wird nach einem bestimmten Schlüssel bedacht und kann nicht durch das Raster fallen - sofern der Antrag gestellt wurde. Und bis April 2022 ist ja noch Zeit.

Der digitale Status an Kirchheimer Schulen ist sehr unterschiedlich: das besorgt Julia Schäfer und Anette Beck vom Gesamtelternb
Der digitale Status an Kirchheimer Schulen ist sehr unterschiedlich: das besorgt Julia Schäfer und Anette Beck vom Gesamtelternberirat sowie Claudia Gerlach-Reck (v. l.). Foto: Jean-Luc Jacques

Das sind Digitalpakt und Medienentwicklungsplan

Der Digitalpakt wurde von Bund und Ländern vereinbart und schüttet in den kommenden fünf Jahren bundesweit an 40 000 Grund-, weiterführende und Berufsschulen fünf Milliarden Euro aus. Auf Baden-Württemberg entfallen bis zu 650 Millionen Euro. Mit dem Geld werden Schulträger bei der Digitalisierung der Schulen unterstützt.

Voraussetzung für die Gewährung von Zuschüssen ist die Erstellung eines Medienentwicklungsplans. Das Landesmedienzentrum Baden-Württemberg (LMZ) hat dazu ein Online-Tool erstellt, mit dem die Kriterien erfüllt werden. Auf dessen Grundlage beraten die Kreismedienzentren sowohl Schulen als auch Schulträger. Das für den Landkreis Esslingen zuständige Kreismedienzentrum hat seinen Sitz in Nürtingen, Europastraße 1.

Die optimale Nutzung digitaler Medien erfordert pädagogisch und technisch durchdachte Konzepte. Dabei soll der MEP BW, der Medienentwicklungsplan Baden-Württemberg Schritt für Schritt die Informationen liefern, Material zur Planung, Finanzierung und Organisation des passenden Medienkonzepts liefern.

Informationen zur Beantragung von Fördermitteln aus dem Digitalpakt gibt es auf der Seite des Bildungsministeriums www.bmbf.de/de/wissenswertes-zum-digitalpakt-schule-6496.php oder vom Land: www.km-bw.de/digitalpakt.