Lokale Kultur

Der Wurm im Leben

Fabian Schläper und Tina Häussermann im Bürgerhaus Lindorf

Kirchheim. Er erinnert sich, wo er in Lindorf die Milch geholt hat, wo er in den Kindergarten gegangen ist: Fabian Schläper ist zurückgekommen

an den Ort seiner Kindheit. Dass aus dem kleinen Fabian ein hochdekorierter Kleinkünstler geworden ist, das weiß man durch verschiedene Auftritte in der Region. Doch dass er es an der Stätte seiner Kindheit beweist, das ist schon etwas Besonderes.

Mitgebracht hat Fabian Schläper als Partnerin Tina Häussermann, mit der er schon seit zehn Jahren zusammenarbeitet. Sie erklärte ihr rundes Bäuchlein: Bald sind Alimente fällig. Bei wem? Schläper: „Ich war´s nicht“, womit der Titel des Programms ausgesprochen war. Häussermann macht einen „Timo Schwertfeger“ haftbar, dessen Name immer wieder auftaucht. Er ist eine Projektionsfigur für alles, was im menschlichen Zusammenleben durcheinandergeht. Dieser Timo betrügt ihn mit ihr und sie mit - ihm, ja.

Die Welt ist nicht so, wie man sie sich wünscht, überall „ist der Wurm drin“, wie es in einem späteren Lied heißt. Isst man einen Apfel, so stößt man auf einen Wurm. Ist ein Fisch gierig auf einen Wurm, hängt er am Haken. Wer am Haken der Liebe hängt, muss feststellen, dass der Partner verschiedene Angeln ausgelegt hat, um Beute zu machen.

Der Wurm steckt aber nicht nur in der Beziehung Mann-Frau, sondern auch dann, wenn ein Mann angesichts eines Mannes in Badehose Schmetterlinge im Bauch kriegt und schnöde abgewiesen wird. Fabian Schläper lässt keinen Zweifel daran, dass sein Charme und sein attraktives Aussehen die Frauen nicht zu falschen Sehnsüchten veranlassen. Er fühlt sich zu Männern hingezogen und rät einem jungen Mann, es auch einmal „andersrum“ zu probieren.

Doch nicht nur bei Unterleibsproblemen ist der Wurm drin, er steckt in allen Alltäglichkeiten. Da muss man gar nicht auf die Politik zurückgreifen. Der Nachbar stört mit seinem

Der Wurm steckt nicht nur in der Beziehung Mann-Frau

„Aufsitzrasenmäher“, Senioren sind überall im Weg, ein Grillfest ist eine Tortur, auf die Frage „Wie geht’s?“ bekommt man einen „Labersack“ nicht mehr los. Lebt man allein, fühlt man sich wohl und doch nicht recht, lebt man zusammen, gibt´s erst recht Probleme.

Ist also alles wurmstichig und depressiv stimmend? Absolut nicht. Fabian Schläper und Tina Häussermann bieten eine mitreißende Folge von Chansons und Dialogszenen, bei denen Häussermann am Klavier brilliert und Schläper mit seiner Stimme und seiner Artikulation besticht. Doch wenn´s drauf ankommt, kann auch er in die Tasten greifen und sie ein Gesangssolo hinlegen. Die Texte bestechen. Das Multitalent Schläper ist hierfür Spezialist und dichtet auch für andere Künstler.

Die Abfolge der Nummern ist gekonnt rhythmisiert. Vor der Pause und als Schlussnummer sind jeweils besondere Knaller platziert, eine köstliche Aktualisierung von „Hänsel und Gretel“ und schließlich das zum Klassiker gewordene Chanson vom Postboten Vladimir, für den die einsamen Hausfrauen einen Tanga anziehen.

Aufgemischt werden die Chansons durch mimische und gestische Unterstreichungen und durch eine dezente, aber trotz fehlender Lichteffekte wirkungsvolle Choreografie. Den (anderen) Umständen entsprechend leistet er, bewegungsbegabt wie er ist, mehr körperlichen Einsatz als sie. Mit einem Hochstuhl lässt sich so mancher Effekt erzielen.

Das Effektvollste auf der Darstellungsebene aber ist das Temperament und die Freude, mit der die beiden zu Werke gingen. Entweder hat sich Fabian Schläper wirklich gefreut, an der Stätte seiner Kindheit auftreten zu dürfen oder er kann diese Freude professionell vorspielen. Durch diese Spielfreude wirkte das nicht mehr ganz taufrische Programm wie frisch zubereitet. In dieser Vermittlung ist die Botschaft „Im Leben steckt der Wurm drin“ aufgehoben. Das Leben mag wurmstichig sein. Wenn du es aber mit Selbstironie und Können in Angriff nimmst, bleibt genug Lebensfreude übrig.

Natürlich waren im voll besetzten Lindorfer Bürgerhaus noch Zugaben fällig.