Lokale Kultur

Die Emanzipation ist noch im Gang

Bunter und abwechslungsreicher Abend beim Internationalen Frauenfest in Kirchheim

Sawako Nunotani präsentiert einen ausdrucksstarken japanischen Tanz.Foto: Deniz Calagan
Sawako Nunotani präsentiert einen ausdrucksstarken japanischen Tanz.Foto: Deniz Calagan

Kirchheim. Die zierliche japanische Tänzerin steht ganz still auf der provisorischen Holzbühne. Nur ihre Schultern und Hüften bewegen sich

Hannah Franz

in zuckenden, abgehackten Bewegungen. Plötzlich scheint sie vor etwas zurückzuweichen und ihr Gesicht wirkt ängstlich. Fremdartig, nahezu wie aus einer anderen Welt, mutet der ausdrucksstarke japanische Tanz an, den Sawako Nunotani von der Nürtinger Gruppe „Frauen aus aller Welt“ vorführt. Er steht exemplarisch für die kulturelle Vielfalt, die an diesem Abend beim Frauenfest vertreten ist.

Frauen unterschiedlicher Nationalität und jeden Alters sitzen bunt zusammengewürfelt in der Mensa der Freihof-Realschule beim Frauenfest, veranstaltet von Amnesty International, AK Asyl, Frauen helfen Frauen, der Familien-Bildungsstätte und dem Türkischen Volkshaus, und klatschen begeistert Beifall, als die „Frauen aus aller Welt“ ein Gedicht über die verschiedenen Länder und deren Sitten aufsagen. Dass sich alle fünf in ihrer Muttersprache vorstellen, unterstreicht den exotischen Charakter, den das Fest innehat. Die Frauen stammen aus Kenia, Togo, Trinidad und Tobago, Japan und Sri Lanka. Zu rhythmischer Trommelmusik tanzen sie im Kreis, manche in traditioneller Kleidung.

Dann betritt Katja Schuler die Bühne. Sie leitet das interkulturelle Improvisationstheater „Die Improletarier“, das seit 2009 im Kirchheimer Steingau-Zentrum probt. Katja Schuler erklärt dem Publikum die Funktionsweise eines Improvisationstheaters und teilt es in drei Gruppen auf. Auf ihr Kommando sollen ein „Ah“, „Oh“ oder „Hihi“ ertönen. Sogleich startet sie zur allgemeinen Belustigung mehrere Übungsläufe. Die Stimmung wird zunehmend fröhlicher und steigert sich zu lautem Gelächter, als die Schauspieler in einer imaginären Diashow vorführen, was der Mann über seine Frau denkt. Die überspitzten Differenzen zwischen der männlichen Vorstellung über den vermeintlich entspannten Alltag der Frau und der traurigen Realität sprechen jede Frau an, unabhängig von ihrer Herkunft oder Religion. Vor allem die letzte Szene sorgt für Heiterkeit: In der Vorstellung des Mannes begrüßt ihn seine Frau mit einer fertigen Mahlzeit – in Wahrheit jedoch ist der Tisch leer, denn die Frau ist auf dem Internationalen Frauenfest.

Das Buffet repräsentiert die heute versammelte multikulturelle Vielfalt. Von roten Bällchen aus Couscous und Kartoffeln über Teigtaschen und Kuchen ist für jeden etwas dabei. Beim Essen bilden sich lebhafte Gespräche über die Frauentage in anderen Ländern. Eine Koreanerin, die seit 20 Jahren in Deutschland wohnt, bemerkt, dass es zu ihrer Zeit in Korea noch keinen Frauentag gab. Eine Algerierin dagegen berichtet, dass in ihrem Herkunftsland die Frauen an diesem Tag sogar nachmittags frei haben.

Überall herrschen lebhafte Unterhaltungen. Die Bedeutung des Frauentages wird diskutiert. Viele Frauen bemerken, dass ihre Töchter den Sinn einer solchen Veranstaltung nicht mehr begreifen, da sie sich ausreichend gefördert sehen. Doch die Frauen wissen, dass eine vollständige Gleichberechtigung von Mann und Frau noch nicht erreicht ist, da der Mann beruflich an der Frau vorbeizieht. Alle sind sich einig, dass es zu wenig Kita-Plätze gibt. Dr. Roswitha Alpers, Leiterin der örtlichen Amnesty International-Gruppe, wirft ein, dass mehr Frauen in die Politik gehen müssten, um etwas zu ändern.

Die Trommelmusik setzt wieder ein, und die „Frauen aus aller Welt“ fordern das Publikum auf, mitzutanzen. Nach anfänglichem Zögern bildet sich ein begeisterter Kreis, der die Hüften schwingen lässt. Der Tanz bildet einen schönen Abschluss zu einem rundum gelungenen Abend. Er regt dazu an, sich mit dem Thema Frauenrechte und Gleichberechtigung bewusster auseinanderzusetzen, da sie in vielen Ländern gerade erst an Bedeutung gewinnen.

Die Frauen wehren sich gegen Unterdrückung durch Männer und gehen auf die Straße. Diese Entwicklung, die zurzeit vor allem in den arabischen Ländern stattfindet, macht deutlich, warum es einen Internationalen Frauentag geben sollte: aus Solidarität und um zu feiern, was schon erreicht wurde.