Kirchheim

„Die Tinte ist bereits trocken“

Steingauquartier Der Kaufvertrag für das frühere EZA-Gelände ist notariell unter Dach und Fach. 2017 soll die Erschließung beginnen, ab Mitte 2018 könnten die ersten Hochbauten entstehen. Von Andreas Volz

Der See, der sich auf dem früheren EZA-Gelände gebildet hat, wird in Bälde ausgetrocknet. Nachdem der Kaufvertrag für das Areal
Der See, der sich auf dem früheren EZA-Gelände gebildet hat, wird in Bälde ausgetrocknet. Nachdem der Kaufvertrag für das Areal nach langen Verhandlungen nun endlich unterzeichnet ist, sollen die Erschließungsarbeiten bereits Anfang 2017 ausgeschrieben werden.Foto: Carsten Riedl

Lange genug liegt das einstige EZA-Areal in Kirchheim schon brach, gestern hat sich etwas Entscheidendes getan: Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker verkündete mit einer gehörigen Portion Genugtuung und Erleichterung bei einem spontan eingerufenen Pressegespräch: „Der Kaufvertrag ist notariell unter Dach und Fach. Die Tinte ist bereits trocken.“

Eine kleine Einschränkung gibt es noch, bevor das Gelände im Dezember tatsächlich in das Eigentum der Stadt übergehen kann: Es stehen noch zwei Untersuchungen des Bodens aus. Dabei geht es um mögliche Belastungen für Menschen oder Pflanzen. Silvia Oesterle, die Leiterin des Sachgebiets Grundstücksverkehr, sieht den Untersuchungsergebnissen aber einigermaßen gelassen entgegen, denn bereits bei der Grundwasseruntersuchung habe es keine Schwierigkeiten gegeben: „Das ist schon aus dem Altlastenkataster des Landratsamts rausgenommen worden.“

Für Angelika Matt-Heidecker war es keine Frage, die Untersuchungen vorerst in Kauf zu nehmen: „Wir wollten endlich die langen Erwerbsverhandlungen abschließen.“ Ihre Handakte reiche zurück bis 2009. Damals waren die ersten Gespräche aufgenommen worden zwischen der Stadt Kirchheim und der Nanz Handelsimmobilien GmbH.

Für die Stadt sei von Anfang an klar gewesen, dass das künftige Steingauquartier auf jeden Fall unter der Federführung der Stadt entwickelt werden müsse. Dennoch sei auch die bisherige Eigentümergesellschaft die ganze Zeit über in die Planungen eingebunden gewesen: „Schon beim Gutachterverfahren zum städtebaulichen Entwurf war Nanz mit in der Jury vertreten.“

Gründe, warum sich die Verhandlungen das Verfahren so lange hingezogen haben, gibt es viele. Grundsätzlich sagt die Oberbürgermeisterin dazu: „Es wäre gut gewesen, wenn es schneller gegangen wäre. Aber alles braucht seine Zeit.“ Zum einen seien die Preisvorstellungen der Verhandlungspartner sehr unterschiedlich gewesen. Genaue Zahlen nennt Angelika Matt-Heidecker nicht, aber auf Nachfrage lässt sie sich entlocken, dass es sich um eine Summe handelt, „die ganz knapp unter einem zweistelligen Millionenbetrag liegt“.

Daran lasse sich erkennen, „welche Wertigkeit wir in diesem Gebiet sehen“. Hinzu kommen noch 2,4 Millionen Euro, die die Stadt in die Erschließung des Quartiers stecken muss, bevor die eigentliche Wohnbebauung beginnen kann. Angedacht ist für das Areal mit seinen 32 400 Quadratmetern Gesamtfläche eine Zahl von 240 bis 250 Wohneinheiten. Die Gesamtkosten für Erwerb und Erschließung will sich die Stadt von den neuen Haus- und Wohnungseigentümern wieder zurückzahlen lassen, „sodass wir bis in vier Jahren eine schwarze Null erreichen“.

Eine weitere Schwierigkeit, die zu Verzögerungen geführt hatte, ist für Laien kaum nachvollziehbar: Es ging um Grunddienstbarkeiten, die noch auf den Grundstücken lagen. Dabei handelte es sich um Leitungs-, Wege- oder auch Brunnennutzungsrechte, die teilweise bis weit ins 19. Jahrhundert zurückreichten. Zu ermitteln war außer den Rechteinhabern, auch die genaue Verortung der einzelnen Dienstbarkeiten.

Bei der geplanten gewerblichen Nutzung des Areals, das direkt ans bestehende Nanz-Center beziehungsweise an dessen Parkplatz angrenzt, waren ebenfalls lange Verhandlungen zu führen, damit an dieser Stelle keine Konkurrenzsituation zwischen den neuen Nachbarn entsteht. Insgesamt spricht Angelika Matt-Heidecker also von „ungeheuer vielen rechtlichen und technischen Fragen, die es zu klären gab“. Außerdem sei es nicht immer ganz einfach, „in Verhandlungen zielgerichtet weiterzukommen“.

Dennoch geht von der aktuellen Vertragsunterschrift für sie jetzt das klare Signal aus: „Es tut sich was.“ Sobald der Haushaltsplan für 2017 genehmigt sei, könne die Stadt die Erschließungsarbeiten ausschreiben, die etwa 18 Monate in Anspruch nehmen werden. Die ersten Tiefgaragen, aber auch Hochbauten in diesem neuen Stadtquartier könnten ab Mitte 2018 entstehen.

Die Oberbürgermeisterin spricht im Bezug auf das Steinquartier von einer „vielfältigen Stadt“, die sich dort entwickeln soll, stellt aber zugleich klar: „Ausgesprochen preisgünstiges Wohnen wird es eher nicht geben.“ Zu diesem Zweck habe die Stadt das Güterbahnhofsgelände ausersehen. In jedem Fall aber werde nun auf dem Gelände, das teilweise zum Kirchheimer Traditionsbetrieb Kolb & Schüle gehört hatte, ein Strukturwandel vollzogen – hin zu Wohnen, Handel, kleinen Geschäften –, der sich bereits sei den 70er- und 80er-Jahren abgezeichnet habe.