Lokale Kultur

Ehrlich, nahrhaft und delikat

Stunde der Kirchenmusik in Maria Königin

Kirchheim. An Festtagen werden gern aufwendig gekochte Festtagsbraten serviert. Zum 125. Jubiläum des katholischen Kirchenchors gab

es in Maria Königin in Kirchheim dagegen Hausmannskost – ehrlich, nahrhaft und delikat. Es berührt Herz und Hirn, dass Dekanatskirchenmusiker Thomas Specker besondere Anlässe nutzt, um sein kirchenmusikalisches Alltagsgeschäft zu präsentieren, während sich seine Kollegen gern in solchen Momenten mit letzter Kraft an Programmen verheben, die die Ursache für das Feiern eher relativieren als unterstreichen.

Beachtliche Jubiläen wurden mit dieser „Stunde der Kirchenmusik“ gekrönt: 125 Jahre katholischer Kirchenchor sowie 25 Jahre Kinder- und Jugendchor. Vergessen werden darf dabei nicht, welch enormer Energieaufwand für ein so wohlklingendes Ergebnis vom kirchenmusikalisch Verantwortlichen abverlangt wird. Und dies bei oft nicht überwiegend wohlwollend unterstützenden Bedingungen. Die Werke und Komponisten dieses abwechslungsreichen Abendprogramms sind allesamt eher der kirchenmusikalischen Praxis zuzuordnen. Auch hier wurde angemessen auf die ganz großen Namen der Kirchenmusikgeschichte verzichtet. Dennoch zeigte sich in anrührender Weise, dass Kindern- und Jugendlichen das Singen dieser, vornehmlich auf die sonntägliche Messe zugeschnittenen, Literatur durchaus zuzumuten ist. Und genau die hätte in der dezenten Begleitung von Klavier und Streichern wohl kaum stimmiger musiziert werden können.

Gottes Zärtlichkeit in einem Lied von Thomas Quast überzeugt im Klang der hellen Kinderkehlen wie ein kaum noch anzuzweifelnder Tatbestand. Wie glücklich muss sich eine Kirchengemeinde schätzen, in der kirchenmusikalischer Alltag derart berührend klingt? Und wie dankbar muss sie einem Kirchenmusiker und all den ehrenamtlichen Unterstützenden sein, die theologisches Schwarzbrot so sinnlich erlebbar werden lassen?

Das voll besetzte Kirchenzelt in der Bohnau erschien wie ein Ausweis des Gemeinschaftsgefühls über Generationen hinweg, das mit Manfred Staigers „Wo zwei oder drei“ wohl eher tiefstapelnd besungen wurde. Verdächtig oft erklangen Liedbeiträge über die sinnliche Liebe zu Gott und dem Nächsten, am eindrucksvollsten in der fein dissonanten Klanggestalt des „Ubi caritas“ von Graystone Ives gezeichnet. Die sinnliche Atmosphäre des Abends wurde vom katholischen Kirchenchor akustisch fein angereichert und ließ beinahe vergessen, dass die „Stunde der Kirchenmusik“ ja eigentlich mit zwei prominenten Werken Mendelssohn-Bartholdys beworben wurde, bei denen vor allem das letzte für einen fast protestantisch-nüchterneren Schlusspunkt sorgte: die Choralkantate „Wer nur den lieben Gott lässt walten“. Mit dem Ende des von Sopranistin Stefanie Steinhübl filigran gesungenen „Salve Reginas“ schien die 19-Uhr-Glocke von Maria Königin nicht einverstanden zu sein und versah den Schlussakkord keck mit einer überleitenden Septime. Sodann wurde das Terrain der „gut bürgerlichen Küche“ verlassen und „Genuss mit Anspruch“ gereicht, wobei die tänzelnde Arie über die „rechten Freudenstunden“ den Übergang zur komplexen Chorfuge mit Bass-Cantus Firmus durchaus spielerisch erleichterte. Das für Mendelssohn mit fünf Streichern sparsam dünn besetzte „Orchester“ ließ dem eher intimen Kirchenmusikabend trotz dieses konzertanten Schlusses seinen durchaus gemeindebezogenen Rahmen. Auch Tasten-Königin Ulrike Beck, die bis dahin virtuos mit Mozart und John Silver auf der Steinmeyer-Orgel beglückte und als sensible Begleiterin im Dauereinsatz war, wurde als Continuo-Spielerin nicht mehr benötigt und gesellte sich zur Gemeinde. Katholische Kirchenmusik ist vor allem liturgisch gebundene Musik. Dies wurde bei diesem Jubiläum wieder unmissverständlich klar. Jede Kirchenmusik sollte es sein.