Kirchheim

Ein Bau soll gegen das Stigma wirken

Kreiskliniken feiern das Richtfest der neuen Psychiatrie am Kirchheimer Krankenhaus

17,9 Millionen Euro verbauen die Kreiskliniken Esslingen derzeit in Kirchheim. Eine große Gästeschar konnte sich nun ein Bild davon machen, was da alles gebaut wird: Nach nur neun Monaten Bauzeit stand gestern das Richtfest des „Erweiterungsbaus Psychiatrie“ an.

Vor den Augen und Ohren zahlreicher Zuschauer trug Anton Schönleber - überschwebt von einer begrünten Krone - seinen Richtspruch
Vor den Augen und Ohren zahlreicher Zuschauer trug Anton Schönleber - überschwebt von einer begrünten Krone - seinen Richtspruch auf den Psychiatrie-Neubau am Kirchheimer Krankenhaus vor, bevor er traditionell sein Weinglas in den Grund stieß.Foto: Markus Brändli

Kirchheim. „Unsere Psychiatrie leistet stetig mehr, weil diese Erkrankungen immer mehr zunehmen“, stellte Kreiskliniken-Geschäftsführer Thomas Kräh zu Beginn der Feierstunde im Neubau am Kirchheimer Krankenhaus fest. Wenn diese Patienten den Weg in die Kreiskliniken finden, sei das „ein Vertrauensbeweis für uns“. Zugleich lobte er die gute und enge Zusammenarbeit mit den Vereinen und Institutionen, die im Psychiatrie-Arbeitskreis zusammengeschlossen sind.

Für alle, die mit psychiatrischen Einrichtungen zu tun haben oder darauf angewiesen sind, entsteht in Kirchheim ein ganz neues Zentrum – mit 8 700 Quadratmetern Fläche, verteilt auf drei Stockwerke und zwei Gebäudeteile. Landrat Heinz Eininger sieht in dem Neubau einen „Standortvorteil von Rang, für die Stadt Kirchheim, aber auch für die Bevölkerung im Landkreis insgesamt.“ Der neue Standort in Kirchheim, an den Anfang Januar 2017 auch die Nürtinger Psychiatrie umziehen soll, besteche durch betriebswirtschaftliche Vorteile. Gegenüber dem früheren Plan, die Psychiatrie in Plochingen auszubauen, ließen sich durch die Kirchheimer Lösung jedes Jahr 1,9 Millionen Euro einsparen.

Einig ist sich Eininger mit Kliniken-Geschäftsführer Kräh bei der Einschätzung, dass Qualität und Wirtschaftlichkeit in diesem Fall eine Medaille mit zwei Seiten darstellen: „Deshalb dürfen wir nicht nachlassen im Streben nach guter Qualität bei gleichzeitiger Wirtschaftlichkeit.“ Das Krankenhauswesen begreift der Landrat als Teil der kommunalen Daseinsfürsorge. Und da dürfe es – „plakativ ausgedrückt“ – keine Rolle spielen, „ob Sie an einer Stoffwechselstörung in der Bauchspeicheldrüse leiden oder an einer Stoffwechselstörung im Gehirn.“ Die Konzentration der psychiatrischen und der psychotherapeutischen Klinik in direkter Nachbarschaft zur somatischen Klinik in Kirchheim sei auch unter diesem Aspekt ein großer Vorteil.

Sehr zufrieden zeigte sich Heinz Eininger mit der Förderung des Neubaus durch das baden-württembergische Sozialministerium. Im Hinblick auf die anstehende Generalsanierung der Klinik in Ruit wünscht er sich allerdings, dass das Land auch weiterhin seinen Finanzierungsverpflichtungen nachkommen möge.

Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker konnte ganz entspannt an diesem Richtfest teilnehmen, weil sie die Finanzierung allenfalls in Form der Kreisumlage trifft. Auch sie sieht im Psychiatrie-Neubau einen großen Standortvorteil für Kirchheim. „Seelische Leiden zählen zu den weltweit häufigsten Erkrankungen in den Industriestaaten“, stellte sie fest. „Depressionen, bipolare Störungen, Schizophrenie, Demenz oder Alkoholabhängigkeit werden immer noch unterschätzt, weil an ihnen stets der Makel einer Schwäche oder eines Versagens haftet.“

Dabei betonten alle Redner unisono, dass es in Kirchheim auch darum gehe, die Stigmatisierung der Psychiatrie-Patienten zu vermeiden. Gerade deshalb ist der Neubau lediglich einer von vielen Bestandteilen der Klinik in Kirchheim, und gerade deshalb handelt es sich nicht um einen separaten Neubau auf der grünen Wiese.

Architekt Markus Zehle verglich den Kirchheimer Neubau mit einem Rohbau aus dem Bond-Film „Casino Royale“. Dort habe das Gerippe aus Stahl noch nicht einmal ein Dach, aber dennoch werde bereits munter an den Inneninstallationen gearbeitet. Für Kirchheim versicherte er: „Bei uns läuft alles in der richtigen Reihenfolge ab.“ Wenn es bei Terminen auch immer wieder Abweichungen gebe, so seien doch die am Bau beteiligten Firmen die eigentlichen „Helden des Films“, weil sie Tag für Tag die Termine retten. Wie im Abspann eines Films zählte Zehle deshalb verdientermaßen alle Firmen auf – auch um zu zeigen, dass die reale Welt komplexer ist als die des Einzelkämpfers James Bond.