Kirchheim

Ein gelungener musikalischer Spagat

Konzert Imposante Kombination: Das Akkordeonorchester und die Big Band Kirchheim begeistern in der Stadthalle.

Symbolbild

Kirchheim. Zu seinem 110-jährigen Bestehen hat das Akkordeonorchester Kirchheim die Big Band Kirchheim zu einem gemeinsamen Konzert in die Kirchheimer Stadthalle eingeladen. Die Kombination dieser beiden Ensembles erfreute die Zuhörer mit einem abwechslungsreichen Programm auf hohem Niveau.

Die erste Konzerthälfte gestaltet das Akkordeonorchester unter Leitung von Claudia Petrow. Zu Beginn erklingt die Komposition „Wintergames“, die David Foster zur Eröffnung der Olympischen Winterspiele im Jahr 1988 komponiert hatte.

Mit „Serenissima“ folgen Impressionen aus Venedig mit herrlichen Melodien. Die Zuhörer werden mitgenommen auf eine Reise durch die Lagunen, spüren das Schaukeln der Wellen und Gondeln und sehen die Silhouette von San Marco und dem Dogenpalast quasi vor sich. Das Orchester gestaltet diese Musik, die in der „Musette“ an die Titelmusik der Donna-Leon-Filme erinnert, mit wirkungsvollen Registerwechseln und differenzierter Dynamik.

Im feurigen „Tango pour Claude“ von Richard Galliano gelingt es dem Akkordeon-Solisten Rainer Lay und dem Orchester, echte Tango-Atmosphäre in den Saal zu transportieren. Bei „Salmambo“, einer faszinierenden Mischung aus Salsa und Mambo, ist den Agierenden, die nun auch durch die Jugendgruppe verstärkt werden, die Spielfreude anzusehen. Beeindruckende Virtuosität und ausgefeilte Dynamik macht die anspruchsvolle Komposition „Palladio“ von Karl Jenkins zu einem Hörerlebnis.

Die Bandbreite zwischen Werken im klassischen Duktus, lateinamerikanischen Klängen und Rockmusik kommt gut an, so auch die mit mächtigem Sound dargebotene Zugabe „We Are The Champions“.

Der langjährige Dirigent des Akkordeonorchesters Kirchheim, Herbert Kielnecker, übernimmt nach seiner Ehrung (siehe Info) den Taktstock und dirigiert das Potpourri „Zwischen Don und Wolga“ mit russischen Volksliedern. Die Musik wird schön gestaltet und dynamisch fein nuanciert. Das mitreißende Dirigat und die Vitalität von Herbert Kielnecker ist in Anbetracht seines Alters erstaunlich.

Die zweite Konzerthälfte bestreitet die erst vor einem Jahr von Daniel Bucher gegründete Big Band Kirchheim. Sie setzt sich aus ehemaligen Schülern des Ludwig-Uhland-Gymnasiums zusammen und demonstriert mit Präzision ihr großes Können. Die Sängerin Theresa Besenfelder glänzt mit ihrer warmen, auch in den Höhen sauber intonierten Stimme.

Mit der Ballade „Europa“ von Carlos Santana zeigen David Simon, Tenorsaxofon, und Daniel Bucher, Flügelhorn, im musikalischen Zwiegespräch ihr hervorragendes Improvisationstalent. Der Pianist Michael Holder erweist sich mit weichem Anschlag und Swing Feeling in „The Queen Bee“ von Sammy Nestico als würdiger Vertreter des Altmeisters Count Basie. Die exzellente Trompeten-Section setzt hier mit aufgestülpten Dämpfern Akzente. Auch die anderen Bläsergruppen, die Posaunen und Saxofone, sind mit versierten Musikern besetzt, klingen ausgewogen und verfügen über eine angenehme Tongebung. Die souveräne Rhythmusgruppe erlaubt es Daniel Bucher, aufs Dirigat zu verzichten und an der Trompete als „Primus inter pares“ in seiner Formation mitzuspielen.

Glanzpunkte setzen der Sopransaxofonist Jonas Gawehn in „Sabor de Cuba“ und der Gitarrist Patrick Luik mit kreativen Improvisationen.

Im Arrangement „Worksong“ von Nat Adderley spiegelt sich der Einfluss der vokalen Vorformen des Jazz wider: Auf den Baumwollfeldern haben die afrikanischen Sklaven mit dem Ruf-Antwort-Schema „Call and Response“ ihre Lieder zur Arbeit gesungen. Der Komponist überträgt dies auf die Big Band. Es klingt wie ein Rufen und Antworten, wenn sich Blechbläser und Saxofone im ständigen Wechsel eingeworfene Riffs und Akkorde zuspielen.

Mit dem Engagement der Big Band Kirchheim haben die Veranstalter einen Glücksgriff gelandet - ein gelungener musikalischer Spagat.Hans-Günther Driess

 

Info Während des Konzerts wird Herbert Kielnecker von Bürgermeister Stefan Wörner für seine Verdienste geehrt. Er ist „das Gesicht“ des Vereins - fünfzig Jahre Dirigent und Instrumentallehrer von 1959 bis 2009.