Kirchheim

Eltern bringen frischen Wind an die Schule

Projekt Am Kirchheimer Ludwig-Uhland-Gymnasium gibt es im Bauteil C keine Lüftungsanlagen – noch. Die erste ist jetzt im Eigenbau entstanden. Von Andreas Volz

Eltern basteln in der Mensa des Ludwig-Uhland-Gymnasiums: Es geht nicht um eine schöne Dekoration, sondern um eine Anlage, die v
Eltern basteln in der Mensa des Ludwig-Uhland-Gymnasiums: Es geht nicht um eine schöne Dekoration, sondern um eine Anlage, die verbrauchte Luft aus Klassenzimmern absaugt. Foto: Markus Brändli
Nach getaner Arbeit nehmen die Eltern an den Schülertischen Platz und präsentieren sich unter den Entlüftungshauben als Mustersc
Nach getaner Arbeit nehmen die Eltern an den Schülertischen Platz und präsentieren sich unter den Entlüftungshauben als Musterschüler: vorbildlich in Verhalten und Mitarbeit. Foto: pr

Es ist eine ziemliche Tüftelei, aber am Kirchheimer Ludwig-Uhland-Gymnasium (LUG) haben sich auch lauter Tüftler versammelt. Ihr Ziel: gemeinsam eine Lüftungsanlage zu basteln. Wenn es im „Probeklassenzimmer“ funktioniert, sollen möglichst auch die übrigen elf Klassenzimmer im Bauteil C folgen. Denn dort fehlt es derzeit an Lüftungsanlagen.

Den Anstoß hatte Kirchheims Oberbürgermeister Pascal Bader im November beim Fachforum Schule gegeben. „Ich hatte kurz vorher etwas vom Max-Planck-Institut gesehen über ein relativ einfaches Verfahren. Nachdem ich es angesprochen hatte, hat sich nachträglich das LUG gemeldet. Ich finde es toll, dass wir das jetzt einfach mal gemeinsam ausprobieren.“

Gemeldet hatte sich die Elternbeiratsvorsitzende Claudia Gerlach-Reck, die auch gleich gemeinsam mit Michael Hahn ein schlagkräftiges Team zusammengestellt hat. Außerdem legt sie selbst kräftig mit Hand an, schon in der Vorbereitung auf den gemeinsamen Arbeitseinsatz. Zu den verschiedenen Arbeitsschritten für die Arbeit mit dem Lüftungsanlagen-Bausatz hat sie ein Anleitungs­video auf ihr Laptop heruntergeladen und fügt in der Mensa der Schule noch eine stichhaltige Begründung dafür an: „Dann kann man sich’s jederzeit anschauen - weil wir hier sonst so eine schlechte Internetverbindung haben.“

Der Oberbürgermeister ist mit von der Partie und bekommt so direkt am praktischen Beispiel mit, dass es noch andere Baustellen gibt als nur die mit den fehlenden Lüftungsanlagen im Bauteil C. Das Internetproblem wird sich allerdings nicht so einfach lösen lassen wie die Lüftungsgeschichte: in Eigenarbeit engagierter Eltern und mit Materialkosten von rund 500 Euro pro Klassenzimmer.

Eine wesentliche Unterstützung hat die Firma Festo geleistet, bei der Michael Hahn beschäftigt ist. Er kennt nicht nur Claudia Gerlach-Reck von gemeinsamen Elternabenden, sondern auch noch einige weitere Eltern am LUG, die zugleich seine Arbeitskollegen sind. „Da habe ich gleich mal fünf angesprochen“, erzählt er im Nachhinein, „und die haben alle spontan zugesagt. Das spricht für das Engagement, das wir hier gemeinsam an den Tag legen.“

Auch sonst ist Michael Hahn in seinem Unternehmen auf offene Ohren gestoßen: „Ich habe beim Betriebsmittelbau angefragt, ob die uns wichtige Teile vorfertigen können. Der Werksleiter hat gesagt: ,Wir machen das.‘ Und alle waren mit Enthusiasmus dabei.“

Letzteres gilt für das gesamte Team, das sich vergangenen Samstag zum Arbeitseinsatz am LUG eingefunden hatte, um in mehreren Bauteams an nur einem Tag eine funktionierende Lüftungsanlage zu bauen und zu installieren. Für eine zweite Anlage haben die engagierten Eltern und Lehrer schon weitere Elemente gefertigt. Einsetzbar ist diese Anlage aber noch nicht, weil das Material dafür nicht vollständig vorhanden war.

Alternative zum Dauerlüften

Ziel der Anlage ist ein Luftaustausch, keine Umwälzung. Die verbrauchte Luft wird über die Hauben, die im Probeklassenzimmer nun über jedem Tisch schweben, und ein Rohrverteilungssystem durch einen Ventilator angesaugt und nach draußen abgeleitet. Frische Luft strömt von selbst nach, weil der Raum ja nicht luftdicht verschlossen ist. Damit ist in Corona-Zeiten ein wichtiges Problem gelöst, das Claudia Gerlach-Reck schildert: „Die Fenster lassen sich zwar zum Lüften öffnen. Aber dazu ist es im Winter zu kalt.“

Schulleiter Georg Braun, der sich die Arbeiten an der Selbstbau-Lüftungsanlage ebenfalls anschaut, ist begeistert: „Das wird dazu beitragen, dass wir im Bauteil C bessere Bedingungen haben, wenn die Schulen wieder öffnen dürfen.“ Die beteiligten Eltern haben am Wochenende ganze Arbeit geleistet: Zwar wirkt die abgehängte Decke im Klassenzimmer zunächst etwas gewöhnungsbedürftig. Aber die Anlage funktioniert. Geschickte Bastler schaffen es also innerhalb weniger Stunden, etwas Brauchbares zusammenzubauen. Was zu beweisen war.

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Lüftungsanlagenbau soll Schülerprojekt werden

Nicht nur Eltern sollen Lüftungsanlagen am Ludwig-Uhland-Gymnasium bauen: Sven-Oliver Hauber, Abteilungsleiter für den naturwissenschaftlichen Bereich, hat am Samstag mitgearbeitet. Ihm schwebt ein Projekt für Schüler vor: „Das lässt sich ohne Schwierigkeiten in den Unterricht integrieren. Verfahrenstechnik sowie Steuerungs- und Regelungstechnik sind im Lehrplan für NWT vorgesehen.“ Möglich wäre es auch, dass sich die Technik-AG des Ludwig-Uhland-Gymnasiums um die Lüftungsanlagen im Bauteil C kümmert.

Die Identifikation mit einem solchen Projekt ist bei allen Beteiligten groß. Das hat sich schon am Samstag bei Eltern und Lehrern gezeigt. Es dürfte mit Sicherheit auch für Schüler gelten und damit einem Problem vorbeugen, das Michael Hahn vorsichtig andeutet: „Ich weiß nicht, ob so eine Anlage dem Spieltrieb von Schülern auf Dauer standhält.“ Wenn also Schüler selbst beteiligt wären am Bau, aber auch an der Wartung der Anlagen, würden sie stärker darauf achten, dass die Geräte intakt bleiben.

Virtuell wird der Unterricht in den nächsten Tagen und Wochen fortgeführt - Lüftungsanlage hin oder her. Schulleiter Georg Braun zeigt sich zufrieden mit dem Fernunterricht. Auch die Elternbeiratsvorsitzende Claudia Gerlach-Reck bestätigt, dass der Unterricht am Bildschirm gut funktioniert. „Aber auch der beste Fernunterricht nach Stundenplan kann kein gleichwertiger Ersatz für den Präsenzunterricht sein“, sagt Georg Braun. „Natürlich würden wir unsere Schüler lieber vor Ort an unserer Schule unterrichten.“ vol