Kirchheim

Fremde Gewächse als Gefahr

Natur Rings um die Teck gibt es immer mehr Pflanzen, die aus der Ferne eingeschleppt wurden. Manche von ihnen bedrohen Biodiversität und Gesundheit. Von Daniela Haußmann

Hat das Indische Springkraut erst einmal Wurzeln geschlagen, ist es nicht mehr aus der Welt zu schaffen, wie Suad Babahmetovic (
Hat das Indische Springkraut erst einmal Wurzeln geschlagen, ist es nicht mehr aus der Welt zu schaffen, wie Suad Babahmetovic (rechts) aus eigener Erfahrung weiß. Foto: Daniela Haußmann

Im Kirchheimer Umland fühlt sich die Schmalblättrige Wasserpest schon länger wohl. Das aus Nordamerika stammende Gewächs breitet sich in kleinen, stehenden Gewässern explosionsartig aus, weil natürliche Konkurrenten fehlen, erläutert Wolf Rühle, der Umweltbeauftragte der Stadt Kirchheim. Die angestammte Wasserflora muss der eingeschleppten Pflanze weichen. Mehr noch: „Stirbt die Wasserpest im Herbst ab, werden horrende Mengen Biomasse zersetzt. Dadurch verändert sich die Wasserqualität, weil der Abbauprozess dem Gewässer Sauerstoff entzieht und gleichzeitig Nährstoffe freigibt“, beschreibt Wolf Rühle die Vorgänge. Schließlich wird nicht nur die ursprüngliche Vegetation verdrängt, sondern auch Fische und andere Wasserbewohner. Denn mit dem Bewuchs ändert sich auch das Nahrungsangebot, an das die Lebewesen angepasst sind.

In den betroffenen Gewässern sieht der Fachmann deshalb die Artenvielfalt bedroht, weil gegen das Gewächs bislang noch kein Kraut gewachsen ist. Er vermutet, dass die Wasserpest durch gezieltes Aussetzen oder Vögel in einige Seen der Teckregion gelangt ist. „Schließlich wird sie gern in Gartenteichen verwendet, wo sie für Wasservögel zugänglich ist“, sagt Wolf Rühle. Er rät deshalb dazu, in Gartenteichen heimische Wasserpflanzen zu verwenden.

Schwer zu bekämpfen ist auch das Indische Springkraut, das in den Wäldern rings um die Teck prächtig gedeiht, wie Suad Babahmetovic weiß. Laut dem Biotop-Obmann der Jägervereinigung Kirchheim produziert eine einzelne Pflanze zig Tausende Samen. Hinzu kommt, dass der Neophyt, der in Wassernähe zu finden ist, keinerlei Konkurrenz hat. „Selbst Wildtiere fressen ihn nicht“, klagt der Landschaftsgärtner. „Das Kraut wächst so schnell und flächig, dass sogar Brennnesseln verdrängt werden.“ Die mehrjährigen Blühmischungen, die die Jäger im Wald zur Insektenförderung aussäen werden also rasch überwuchert. Damit nicht genug: „Die Springkrautblüten produzieren um ein Vielfaches mehr Nektar als heimische Wildpflanzen. Andere Arten müssen wegen dieser Bestäubungskonkurrenz um ihre Fortpflanzung fürchten.“ Suad Babahmetovic sieht in dem fremden Gewächs daher eine echte Gefahr für die Biodiversität. Mancherorts werden zu seinem Bedauern deshalb sogar teuer finanzierte Schutzmaßnamen für seltene und bedrohte Arten entwertet.

Zudem ist das Springkraut imstande, größere Wassermengen zu speichern. Längere Trockenperioden oder Hitzewellen übersteht es daher oft problemlos. Auch dem Riesenbärenklau scheint der Klimawandel nichts auszumachen. „Er setzt in den umliegenden Wäldern andere Arten unter Druck. Mögliche Folgen sind Biotopzerstörung und Bodenerosion“, so Suad Babahmetovic, der davor warnt, die Pflanze zu berühren: „Sie sondert eine Substanz ab, die den natürlichen Sonnenschutz der Haut auflöst. Auch Fieber oder Kreislaufschocks können die Folge sein.“ Es gibt aber auch eingeschleppte Pflanzen, die gerade Allergikern zu schaffen machen. „Dazu zählt etwa die Beifuß-Ambrosie“, informiert der Fachmann.

Viele Neophyten gelangen mit dem globalen Handel ins Land. Im Hitzesommer 2015 sind laut Babahmetovic etliche Stauden eingegangen. Nun werden neue, etwa aus Osteuropa, importiert. „Dort gibt es Springkraut, das vor allem übers Mulchen in den Boden gelangt, der mit den Stauden zu uns kommt“, so der Experte. „Fremdeinträge können aber auch über Importgemüse und -obst durch Samen und anhaftende Keime erfolgen. Es sollte also nicht auf dem Kompost entsorgt werden.“ Darüber hinaus rät Wolf Rühle dazu, im Garten heimische Arten zu pflanzen, um den Fremdeintrag zu reduzieren.

Stadt hält Goldrute und Knöterich in Schach

Im Naturschutzgebiet Nägelestal wächst seit Jahren Sachalin-Knöterich. Ziegen, mit denen die Fläche bewirtschaftet wird, verhindern erfolgreich die Ausbreitung, versichert der städtische Umweltbeauftragte Wolf Rühle. Beim Kompostwert Rabailen wird der Neophyt regelmäßig abgemäht.

Am Lauter-Radweg, der von Ötlingen nach Kirchheim führt, gedeiht die Kanadische Goldrute. Insekten profitieren zwar von ihr, trotzdem hält ein angepasstes Mahdmanagement den Neophyt in Schach, wie Wolf Rühle erläutert. Das geschieht zugunsten der lokalen Biodiversität. dh