Kirchheim

Graupner? Ja, die gibt‘s noch!

Modellbau Am Standort Kirchheim ist seit der Insolvenz 2013 die Hälfte der Arbeitsplätze erhalten geblieben. Der Hauptsitz ist in Südkorea, die Fertigung in China. Morgen geht‘s zur Nürnberger Spielwarenmesse. Von Andreas Volz

Graupner Hannes Runknagel
Graupner Hannes Runknagel

Die Firma Graupner ist der Inbegriff des Modellbaus. Der Name ist weltweit bekannt, nach wie vor. Aber das Unternehmen? Wer von Graupner in Kirchheim spricht, wird normalerweise sofort mit der ungläubigen Frage konfrontiert: „Was, die gibt‘s noch?“ Geschäftsführer Hannes Runknagel sagt dazu: „Uns gibt es sehr wohl, und zwar fast in der Größe, die wir vorher hatten - wenn man die Produktion rausnimmt. Alle anderen Bereiche sind noch da.“

Produziert wird vor allem in China, nahe Hongkong. Dort ist der firmeneigene Fertigungs-Standort. „Firmeneigen“ heißt zwar nicht mehr ganz dasselbe wie noch vor der Insolvenz im Jahr 2013, denn der Hauptsitz der Gruppe ist in Südkorea. „SJ Technologies“ war damals unser Hauptlieferant“, berichtet Hannes Runknagel von damals. Deswegen firmiert das Unternehmen in Kirchheim jetzt unter Graupner/SJ GmbH und weltweit unter Graup­ner Ltd. Wichtig ist aber vor allem das Ergebnis dieses Zusammenschlusses: „Die Firma operiert weltweit und produziert selbst.“

Weltweit sind rund 400 Mitarbeiter beschäftigt. Am Standort Kirchheim sind es 60. Vor der Insolvenz waren es noch 120. Die Hälfte der Arbeitsplätze ist demnach verloren gegangen. Die Zahlen lassen sich aber auch positiv interpretieren: Die Hälfte der Arbeitsplätze hat sich erhalten lassen. Hannes Runknagel: „Was am Standort möglich war, haben wir getan. Jeder andere Käufer hätte unseren Standort komplett zugemacht. So aber haben wir das Know-how unserer Mitarbeiter erhalten.“ Ein wesentlicher Standortvorteil sei das vollautomatisierte Warenlager in Kirchheim.

Entwicklung, Produktmanagement, Vertrieb, Einkauf, Buchhaltung - das sind die wesentlichen Abteilungen, die am Standort verblieben sind. Der gesamte Vertrieb für Europa - vor allem aber für Deutschland, Österreich und die Schweiz - wird von Kirchheim aus abgewickelt. Für Asien und Australien ist Südkorea zuständig. In den USA gibt es einen eigenen Vertrieb - für Nord- und Südamerika. Entwickelt wird dort nicht. Die beiden Entwicklungsabteilungen in Kirchheim und Korea dagegen arbeiten eng zusammen.

Was den Vertrieb betrifft, so hat sich die gesamte frühere Graup­ner-Logistik erhalten lassen. Probleme bereitet zunehmend die Konkurrenz aus dem Internet, die keinerlei eigene Logistik betreibt und die so manches Produkt auch illegal verschickt. Natürlich setzt Graupner auch selbst aufs Internet: Mit eigenem Web-Auftritt und Web-Shop wendet sich das Unternehmen an seine Fachkunden. Gerade der Fachhandel schätzt nach wie vor den Service bei Graupner: „Wir liefern alle Arten von Ersatz- und Zubehörteilen.“ Selbst Teile, die schon 20 Jahre alt sind, lassen sich somit noch reparieren - mitunter auch direkt vom Serviceteam in Kirchheim.

Zunehmend basteln die Kunden auch wieder selbst. Hannes Runknagel verweist hier auf die „Do-it-yourself-Bewegung“, die in den USA gerade auf dem Vormarsch sei: „Mal sehen, wie sich das bei uns entwickelt.“ Teilweise würden auch wieder drei Generationen gemeinsam an einem Modell basteln. Hinzu komme aber noch die Betreuung an Ganztagsschulen, die nach sinnvollen Angeboten sucht. Den Modellbau hält Hannes Runknagel für ideal: „Da geht es um Mathe, um Technik, um Physik, um Aerodynamik, aber auch um handwerkliche und soziale Aspekte. Man hat das Erfolgserlebnis, selbst etwas zusammenzubauen - und hinterher hat man noch Spaß mit dem Produkt.“

Das alles hat man auch noch „live“ - und das in einer Zeit, „in der die Kinder vom Smartphone sehr abhängig sind“. Der besondere Clou ist aber die Einbindung des Smartphones beim Modellbau: Bastelanleitungen lassen sich als Video auf dem Smartphone anschauen, und teilweise gibt es auch Steuerungsmöglichkeiten per Smartphone. Ein weiteres Zukunftsmodell, an dem sich Graup­ner beteiligt, ist der junge Drohnen-Sport. Der ist noch kaum organisiert, bringt aber für Graupner interessante neue Möglichkeiten auf dem Markt. Auch das ist „live und nicht am PC“.

Vor der Zukunft ist es Hannes Runknagel und seinen Mitarbeitern in Kirchheim deshalb nicht bange. Die allernächste Zukunft bringt das, was Graupner schon seit vielen Jahren betreibt: einen eigenen Stand auf der Spielwarenmesse in Nürnberg, die am morgigen Mittwoch beginnt.