Kirchheim

Gut ist nur der Unterricht, der stattfindet

Bildungspolitik Bei einer kurzen Protestkundgebung in der Kirchheimer Stadthalle fordern Pädagogen eine bessere Ausstattung bei Personal und Besoldung. Der Beruf müsse wieder attraktiver werden, sagen sie. Von Andreas Volz

Geballter Protest von Lehrern in der Kirchheimer Stadthalle. Ihnen stehe das Wasser bis zum Hals, schreiben sie auf ihrem großen
Geballter Protest von Lehrern in der Kirchheimer Stadthalle. Ihnen stehe das Wasser bis zum Hals, schreiben sie auf ihrem großen Plakat in der Bildmitte.Foto: Carsten Riedl

Protest des Personals: Im Anschluss an die offizielle Personalversammlung der Grund-, Haupt-, Werkreal-, Gemeinschafts- und Realschulen im Staatlichen Schulamt Nürtingen haben sich die meisten Lehrkräfte in der Kirchheimer Stadthalle zu einer Kurzdemonstration postiert. Aufgerufen dazu hatten die Gewerkschaften GEW und VBE. Auf ihren Plakaten forderten sie, die Unterrichtsversorgung zu verbessern, die Besoldung gerechter zu gestalten, den Lehrermangel - vor allem an Grundschulen und in der Sonderpädagogik - zu beheben, die Werkrealschulen nicht im Regen stehen zu lassen oder auch, das Thema „Inklusion“ in der Praxis zu stärken durch eine bessere Ausstattung mit Ressourcen.

Viele Forderungen resultierten aus Themen, die auch bei der Personalversammlung auf der Tagesordnung standen. Zur Unterrichtsversorgung etwa fordern die Gewerkschaften eine verlässliche Vertretungsreserve. Konkret bedeutet das eine landesweite Lehrerversorgung mit 106 Prozent. Dazu sagte Barbara Wittemann für den VBE-Kreisverband Esslingen am Rand der Veranstaltung: „Solange die schlechte Unterrichtsversorgung bestehen bleibt, brauchen wir über die Qualitätsentwicklung gar nicht zu reden. Gut kann schließlich nur der Unterricht sein, der stattfindet.“

Den Sinn der Qualitätsentwicklung sieht sie natürlich genauso wie der GEW-Kreisvorsitzende Hans Dörr. „Aber“, fügt er an dieser Stelle hinzu, „dafür brauchen wir Personal, Stunden, Arbeitszeit.“ Die Qualitätsentwicklung solle zu den Kernaufgaben jeder Schule gehören. Nur lasse sich das nicht einfach nebenher erledigen, zusätzlich zu einer hundertprozentigen Unterrichtsverpflichtung: „Wenn man es richtig machen will, bedeutet das jede Menge Zusatzarbeit.“

Zur Besoldung forderten Pädagogen und Gewerkschaften in Kirchheim unter anderem, die Kürzung der Eingangsbesoldung zurückzunehmen. Nur dadurch - sowie grundsätzlich durch eine höhere Gerechtigkeit bei der Besoldung - könne der Lehrerberuf wieder attraktiver werden. Schließlich herrsche ein eklatanter Mangel an Fachkräften.

Barbara Wittemann berichtet von Stellen, die geschaffen sind, und von Geld, das vorhanden ist, aber trotzdem passiere nichts: „Es fehlt ganz einfach am Personal.“ Das liege unter anderem an den gedeckelten Studentenzahlen seit 2011. „Dadurch haben wir zu wenige Abgänger. Das wird sich in den nächsten Jahren nicht bessern.“

Für die verbleibenden Werkrealschulen gehe es darum, sie angesichts ihrer „schwierigen pädagogischen Aufgabenstellungen“ besser zu fördern - durch eine erhöhte Lehrerzuweisung und kleinere Klassen. Gleiches gelte für die Gemeinschaftsschulen, die weiterhin ausreichende Ressourcen benötigten, um ihr besonderes pädagogisches Konzept angemessen umsetzen zu können.

Ressourcen fehlen auch, um die Inklusion im Alltag umzusetzen. „Inklusion ohne ausreichende Ressourcen scheitert“, heißt es auf einem der Plakate. Konkret ist damit gemeint, dass Sonderpädagogen nur an einer allgemeinen Schule eingesetzt werden sollen - und nicht gleich an mehreren. Außerdem sollen gerade auch diese Sonderpädagogen sofort ersetzt werden, wenn sie einmal ausfallen. Sonst seien die Lehrkräfte der allgemeinbildenden Schulen sehr schnell komplett überfordert.

In der Bildungspolitik gibt es also noch viel zu tun. Aus Sicht der Pädagogen scheint bereits „Land unter“ zu gelten. Zumindest stand auf ihrem Hauptplakat in Kirchheim zu lesen: „Uns steht das Wasser bis zum Hals.“