Junge Zeitung

Häkeln ist nicht nur was für Mädchen

Viele Kirchheimer Geschäfte spüren den myboshi-Trend – Wolle und Häkelnadeln zeitweise fast überall ausverkauft

Der Trend mit den „­myboshi“- Mützen macht auch vor Kirchheim nicht halt. In vielen Läden war Wolle lange Zeit ausverkauft. Auch ein Wandel in der Kundschaft ist für die Inhaberinnen von Handarbeits- und Bastelgeschäften deutlich erkennbar.

boshi mützen häkeln

Kirchheim. Als zum ersten Mal ein junger Mann in ihrem Laden stand, hat Margit Stix nicht schlecht gestaunt. Männer sind normalerweise Mangelware in der Kirchheimer Nähstube. Seit einem halben Jahr ist das anders – dank dem Hype um die myboshi-Mützen. Margit Stix und auch andere Inhaberinnen von Näh- und Bastelgeschäften beobachten, dass sich zunehmend auch Jungs fürs Häkeln interessieren. Dass sie dabei manchmal ein wenig Anleitung brauchen, macht nichts. Einmal sei ein junger Mann in ihren Laden gekommen, der Häkeln wollte und nicht wusste, wie das geht, erinnert sich Margit Stix. „Ich habe mich dann mit ihm hingesetzt und nach einiger Zeit stand er auf und sagte: Okay, ich glaube ich kann das jetzt.“

„Wir haben plötzlich eine ganz andere, jüngere Kundschaft“, stellt auch Ursula Zimmerer, Inhaberin des gleichnamigen Nähzentrums, fest. Immer mehr junge Menschen entdecken durch den Trend mit den myboshi-Mützen das Häkeln für sich. Ursula Zimmerer berichtet, dass die Altersspanne der Kundschaft zwischen sieben und 26 Jahren liegt. „Toll ist, dass die jungen Leute dadurch wieder Spaß an der Handarbeit finden.“ Von einer Mutter habe sie gehört, dass ihr Sohn häkelt, dadurch wieder öfter mit ihr im Wohnzimmer sitzt und viele Gespräche zustande kommen. Häkeln verbindet Generationen.

Der Häkelmützen-Hype wurde durch zwei junge Skilehrer aus Oberfranken ausgelöst. Während eines Lehrgangs in Japan wurden sie von einer Kollegin in die Technik des Häkelns eingeführt und entdeckten ihre Vorliebe dafür. Auf der Straße wurden sie auf ihre Mützen angesprochen und gefragt, ob diese selbst gemacht sind und was sie kosten. Daraufhin kamen sie auf die Idee, das Label myboshi zu gründen. Eine richtige Entscheidung, wie sich herausstellte, denn das Label wurde schnell berühmt. Die myboshi-Gründer brachten ebenfalls ein Buch mit Häkelanleitungen auf den Markt. Neben myboshi gibt es zahlreiche andere Label und Bücher zum Thema Häkelmützen, wie zum Beispiel das Buch „hatnut“.

Wie beliebt das Häkeln ist, haben die Inhaberinnen an ihren leeren Wolleregalen gesehen. „Im Dezember hatten wir in allen fünf Wolle-Marken, die wir im Sortiment haben, einen Engpass. Vor allem bei schwarzer, blauer und grauer Wolle“, sagt Ursula Zimmerer. Auch Neonfarben seien immer gleich vergriffen gewesen, berichtet Margit Stix. Von Kunden habe sie gehört, dass in allen Läden die Wolle ausverkauft sei, auch im Umkreis, betont Ursula Zimmerer. Selbst die Wolle-Lieferanten hatten Lieferschwierigkeiten. „Die Produzenten haben wohl nicht mit diesem Boom gerechnet.“ Besonders beliebt waren auch die Bücher und Häkelnadeln. Vor allem die Häkelnadel Nummer 6, die zwischendurch zwei bis drei Monate nirgendwo zu bekommen war.

Für die Mützen können alle möglichen Wolle-Marken verwendet werden. „Es wird nicht immer nur nach der Originalwolle gefragt, auch andere Marken dürfen es sein“, betont Ursula Zimmerer. „Manche Kunden bestehen auf Original myboshi-Wolle, anderen ist es total egal“, sagt Ulrike Beck-Kley, Inhaberin von Origami. Aufgrund der hohen Nachfrage habe sie die Original-Wolle ins Sortiment aufgenommen.

Dass der Trend auch über den Winter hinaus anhalten wird, da sind sich alle drei Inhaberinnen einig. „Die Mützen bleiben im Trend, jetzt kommen die Sommermützen“, sagt Margit Stix. Deshalb will sie jetzt vermehrt Sommerwolle ins Sortiment aufnehmen.

Das Erfolgsgeheimnis liege darin, dass die Erfinder von myboshi jung sind und dadurch Jugendliche eher motiviert werden, erklärt sich Ursula Zimmerer den Hype. „Das sportliche, outdoor-mäßige Aussehen spricht die Jugendlichen an, sie können sich damit identifizieren“, stellt auch Ulrike Beck-Kley fest. Für Ursula Zimmerer ist die Tatsache, dass es sich bei den myboshi-Erfindern um Jungs handelt, der Grund dafür, dass viele Männer häkeln. „Sie denken dann, was die können, kann ich auch.“ „Die Mützen sind schnell gemacht. Heutzutage darf nichts lange dauern. Wenn man die Technik beherrscht, ist man in zwei Stunden mit einer Mütze fertig“, sagt Margit Stix. Sie verkauft selbst gehäkelte Mützen und gibt Kunden Tipps. Das Origami hat im Dezember zwei Workshops zum Thema „Häkelmützen“ angeboten. Dazu wurden zwei Jungs aus dem Allgäu, ein Canyoning Guide, Baumkletterer und Extremalpinist, sowie ein Gleitschirmflieger eingeladen. Ursprünglich sei der Kurs für Männer gedacht gewesen, am Ende haben Frauen und Männer aller Altersgruppen teilgenommen, erzählt Ulrike Beck-Kley. „Beide Kurse sind ausgebucht gewesen und alle waren total begeistert.“

In Gesprächen mit Kunden wird deutlich, wie aktuell der Trend auch gegen Ende des Winters noch ist. „Ich bin durch meine Kinder darauf gekommen. Zuerst haben wir eine Mütze gekauft, dann aber gedacht, dass wir das auch selber machen können“, sagt Denka Fodez. Für Nachschub hat sie gesorgt, um die nächste Mütze in Angriff nehmen zu können. Eine weitere Kundin, die mit ihrer Tochter unterwegs war, erzählt, dass sie im Schaufenster das myboshi-Plakat gesehen habe und spontan entschieden hat, in den Laden zu gehen. „Jetzt wollen wir das selber auch mal ausprobieren“, sagt die neue Besitzerin des myboshi-Buches. Ihre Tochter fügt an, dass sie von ihrer Oma ein Häkelkästchen bekommen hat und seitdem auch gerne häkelt.

Jung und Alt vereint: Die Teilnehmer des von Origami organisierten Häkelworkshops bei der Arbeit. Das kleine Bild zeigt einen de

Jung und Alt vereint: Die Teilnehmer des von Origami organisierten Häkelworkshops bei der Arbeit. Das kleine Bild zeigt einen der Workshop-Leiter mit einem der zahlreichen Nachwuchshäkler.Foto: pr