Lokale Kultur

„Hallelujah“

Aufführung von Georg Friedrich Händels Oratorium „Messiah“ in der Kirchheimer Martinskirche

Chor an der Martinskirche führt Händels Messiah in der Kirchheimer Martinskirche auf.
Chor an der Martinskirche führt Händels Messiah in der Kirchheimer Martinskirche auf.

Kirchheim. Vor lauter Hektik und „Vorweihnachtsstress“ rückt heutzutage die Adventszeit als Zeit der Vorfreude und Vorbereitung auf die

Andreas Massinger

Geburt Jesu immer mehr in den Hintergrund. Umso wichtiger ist es, wenn Pausen den Alltag unterbrechen. Was könnte besser dazu geeignet sein, solche Momente der Besinnlichkeit zu schenken, als Musik? Der Chor an der Martinskirche und die Capella Martini hatten deshalb zu einem Gipfelwerk der Chorliteratur eingeladen: Auf dem Programm stand „Messiah“, das bekannteste Oratorium von Georg Friedrich Händel.

Nachdem Händel in London als Opernkomponist Triumphe gefeiert und das anspruchsvolle englische Publikum für sich eingenommen hatte, wurde es in den dreißiger Jahren des 18. Jahrhunderts für ihn wirtschaftlich immer schwieriger: Die aufwendigen Opernproduktionen, die für Dekorationen und Kostüme Unsummen verschlangen und zudem durch die Rivalitäten und Eifersüchteleien der – vorwiegend italienischen – Gesangsstars mehr als einmal kurz vor dem vollständigen Desaster standen, erschienen nicht mehr rentabel genug, sodass sich Händel nach mehr als 40 Opernkompositionen auf ein neues Genre verlegte: das Oratorium. Hatte die Oper noch die höfische Gesellschaft als Zielgruppe, richtete sich das Oratorium an die aufgeklärte Bürgerschaft. Händel verwendete außerdem die englische Sprache, was maßgeblich zum Verständnis der Werke beitrug. Bevorzugt biblische Stoffe trugen dem Geschmack des damaligen Publikums Rechnung.

1741 komponierte Händel in der schier unglaublich erscheinenden kurzen Zeit von nicht einmal vier Wochen seinen „Messiah“. Im April 1742 erfolgte die Uraufführung anlässlich einer Konzertreise Händels nach Dublin, und von dort aus nahm eine beispiellose Erfolgsgeschichte ihren Lauf. Charles Jennen stellte das Libretto aus Bibelversen zusammen. Er gliederte das Werk in drei Teile: Der erste ist der Verkündung und Geburt von Christus gewidmet, der zweite Teil seinem Leiden und der Auferstehung, während der dritte Teil die Erlösung aller Sterblichen thematisiert. So bietet sich dem Zuhörer ein bewegtes und bewegendes Bild des gesamten Lebens des Messias.

Die Erwartungen an ein derart bekanntes Werk sind naturgemäß hoch gespannt; viele Nummern des „Mes­siah“ sind auch dem Gelegenheitskonsumenten geläufig, und mit dem „Hallelujah“-Chor ist Händel ein Welthit gelungen, der seit der Uraufführung das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinreißt. Insofern war es ein Wagnis, dass sich der Chor an der Martinskirche des „Messiah“ angenommen hatte. Aber es hat sich gelohnt: Eine in sich geschlossene, beglückende Aufführung zeigte nachdrücklich, mit welcher Gewissenhaftigkeit der Dirigent Ralf Sach Chor und Orchester vorbereitet und zusammengefügt hatte.

Viel Wert wurde auf feine dynamische Abstufungen gelegt, wie sie beispielsweise im Chor „For unto us a child is born“ verlangt werden. Ebenfalls bewundernswert, wie genau an der Textverständlichkeit gearbeitet worden war. An Stellen, bei denen in anderen Aufführungen oft ein flächiger Klangbrei zu hören ist, bemühte sich der Chor um saubere Artikulation und gestalterische Textdurchdringung. Da fielen kleinere konditionelle Probleme – insbesondere gegen Ende des zweiten Teils – nicht störend ins Gewicht.

Ebenfalls eine glückliche Hand war bei der Wahl der Solisten bewiesen worden. Besonders für sich einzunehmen wusste der junge Tenor Johannes Mayer, der nicht nur mit Stimmschönheit und genau gestalteten Koloraturen hervorstach, sondern darüber hinaus durch seine kluge Gestaltung den Notentext mit Leben erfüllte. Seine erste Arie („Every valley shall be exalted“) lässt hoffen, dass man auch in Zukunft noch einiges von diesem Sänger hören wird. Dies gilt auch für die Sopranistin Christina Schmid, die mit rundem, warmem Ton überzeugte. Wer konnte die Freude nicht mitempfinden, als sie ihre jubelnde Arie „Rejoice greatly“ sang?

Bei der herrlich strömenden Alt-Stimme von Simone Alex konnte man sich nur schwer vorstellen, dass sie erst kurz vor der Aufführung für eine erkrankte Kollegin eingesprungen war. Sie fügte sich nahtlos in das homogene Ensemble ein und gestaltete ihre Arien großartig – besonders eindrücklich: „But who may abide the day of his coming“. Ein weiterer junger Sänger rundete das Solistenquartett ab: Der Bassist Dirk Schneider konnte mit leicht trockener Stimme vollauf überzeugen. Die große Bass-Arie „The trumpet shall sound“ wurde zu einem Höhepunkt der Aufführung, woran der exzellente Trompeter Klaus-Ulrich Dann einen nicht zu unterschätzenden Anteil hatte.

Der gewaltige Schlusschor „Amen“, mit dem Händel seinen „Messiah“ beendet, riss das Publikum der sehr gut gefüllten Martinskirche zu wahren Begeisterungsstürmen hin. Alle Mitwirkenden – Solisten, Chor, Orchester und Dirigent – wurden so lange gefeiert, bis sie sich mit einer Wiederholung des „Hallelujah“ bedankten.