Lokale Kultur

Hinwendung zu Welt und Menschen

Ausstellung von Wolfgang Dick in der Städtischen Galerie im Kornhaus

Vernissage Wolfgang Dick Kornhaus
Vernissage Wolfgang Dick Kornhaus

Kirchheim. „Alles muss raus“ – unter diesem Titel zeigt Wolfgang Dick derzeit Bilder und Zeichnungen im ersten Obergeschoss der Städtischen Galerie im Kirchheimer

Kornhaus. Betrachtet man das bewusst sloganartig gewählte Ausstellungsmotto nicht allein unter Aspekten einer möglichen Vermarktung von Kunstwerken, sondern bringt es in Zusammenhang mit Bedingungen der Produktion von Kunst, entpuppt sich das scheinbar oberflächliche Etikett „Alles muss raus“ geradezu als Leitsatz und kreativer Imperativ des modernen Kunstschaffenden.

In seiner Laudatio bei der Eröffnung erinnerte Professor Nils Büttner, Lehrstuhlinhaber für mittlere und neuere Kunstgeschichte an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart, an die Forderung Caspar David Friedrichs, wonach der Künstler nicht nur malen soll, was er vor sich sieht, sondern auch, was er in sich sieht. Für den Fall hingegen, dass der Maler eben nichts in sich erblickt, riet der Greifswalder Romantiker eindringlich vom Versuch ab, auch nur das zu malen, was sinnenfällig vor Augen steht.

Jedoch, so machte Nils Büttner deutlich, wäre es zu kurz gegriffen, Wolfgang Dicks versammelte Arbeiten der Jahre 1984 bis 2013 allein als Bilder des künstlerischen Innenlebens zu sehen. Bei aller Subjektivität, welche die Arbeiten auszeichnet, zielt doch ihr pathetisches Potenzial auf ein Publikum, das die Stimmungen wahrnimmt und nachvollzieht. Die emotionsstarken Bilder und ihre charakteristischen Themen verraten eine bewusste Hinwendung zur Welt und zu den Menschen.

Büttner ging insbesondere auf die ebenso ästhetisch wie bedacht geordnete Gruppenbildungen der Exponate ein, die sich im Gang durch die Werkschau gegenseitig vermittelnd erschließen. Dies obwohl die thematische wie affektive Bandbreite extrem ist: holen den Besucher im Eingangsbereich noch Bilder mit MickyMaus-Allusionen ab, führt der weitere Weg hinein in den Kontext der christlichen Passion, ebenso in bewegende Auseinandersetzungen mit der Thematik des Holocausts. Im vielschichtigen Mit- und Nebeneinander der Bilder erblickte Büttner Dicks Qualitäten als „enorm kundiger Ausstellungsmacher“. Wenn auch die Zahl der Ausstellungen mit eigenen Arbeiten sich an einer Hand abzählen lässt und seine letzte Werkschau über 20 Jahre zurückliegt, hat Wolfgang Dick doch in zahlreichen Ausstellungen anderer Künstler stets aufs Neue sein kuratorisches Geschick bewiesen. Zudem war er von 1979 bis 1989 Mitglied des Kirchheimer Kunstbeirats. Seit dieser Zeit ist er auch der Kunstsammlerin und Mäzenin Doris Nöth freundschaftlich verbunden, mit der er von 1990 bis 1992 die Galerie Nöth führte.

Büttner bescheinigte der Ausstellung eine gelungene Inszenierung, die den Bildern Wolfgang Dicks dazu verhelfe, ihre volle Wirkung zu entfalten. Der Laudator schrieb für Dicks Bilder abschließend dasjenige Lob fort, das einst Pieter Bruegel entgegengebracht wurde: „In jedem seiner Werke steckt mehr, als er hineingemalt hat“.

Die Ausstellung „Wolfgang Dick – alles muss raus. Bilder und Zeichnungen 1984 bis 2013“ ist bis einschließlich Sonntag, 9. November, im ersten Obergeschoss der Städtischen Galerie im Kornhaus zu sehen. Es ist ein 92-seitiger Ausstellungskatalog erschienen. Im Rahmen der Ausstellung findet am Sonntag, 2. November, um 19.30 Uhr ein kammermusikalisches Konzert mit Nina Arnold (Viola), Andreas Müller (Cello) und Tobias Koch (Klavier) sowie am Freitag, 7.  November, um 19.30 Uhr ein Solo-Klavierabend mit Sabine Sauer statt, der einen Repertoirebogen vom 19.  Jahrhundert bis zur Gegenwart spannen wird.