Kirchheim

Kirchheimerinnen sticken die Fahne für die Bürgerwehr

Ausstellung Frauenkulturtage bieten den Rahmen für eine Schau historischer Dokumente zu Frauenengagement.

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Kirchheim. Das erste Zeugnis politischer Aktionen von Frauen in Kirchheim reicht ins Jahr 1848 zurück: Am 29. März rief Wilhelmine Schüle „Frauen und Jungfrauen“ auf zum Stricken und Nähen der Fahne der Bürgerwehr. Das Treffen fand nachmittags um drei bei ihr zuhause statt. „Das war der Startschuss zur politischen Teilhabe“, verweist Stefanie Schwarzenbek stolz auf die Zeitungsseite. Fast bedauernd ergänzt die Leiterin des Städtischen Museums im Kornhaus: „Dann aber war erstmal viele Jahre Funkstille.“

Gerade aufgrund der dünnen Archivlage ist es eine kleine, feine Ausstellung mit vier Vitrinen, die Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker in der Stadtbücherei eröffnet hat. Dort können die Zeugnisse politischen Engagements noch bis zum 8. März nachvollzogen werden.

„100 Jahre Frauenwahlrecht“ ist der Titel, und tatsächlich waren die Kirchheimerinnen im „Superwahljahr 1919“ aktiv. „Sie haben von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht“, verweist Schwarzenbek auf das erhaltene Wählerverzeichnis von Lindorf. Aufstellen ließen sich Frauen nur für die Gemeinderatswahlen - allerdings folgenlos. Im damals selbstständigen Nabern kandidierten fünf Damen, einige erhielten je eine Stimme („Die eigene?“ fragt Stefanie Schwarzenbek), Stimmenkönigin war Katharina Kneile mit sieben Stimmen.

Ins Kirchheimer Ratsrund schaffte es die erste Frau im Jahr 1947: die Hebamme Frieda Kappler. Zweite war nach mehrjähriger Pause die Lehrerin Martha Siegl, die dem Gremium 1956 bis 1962 angehörte. Ein Dokument belegt ihre progressiven Ideen, etwa der Verzicht auf Aufnahmegebühren in die Bücherei für Kinder. Doch damit konnte sie nicht überzeugen. Nummer drei im Rund war Lore Maier, Stadträtin von 1968 bis 1989. Fortan war der Gemeinderat nie wieder frauenfrei.

Die letzte Vitrine ist den heutigen Akteurinnen gewidmet: Elf Stadträtinnen mit Angelika Matt-Heidecker, als erste Oberbürgermeisterin im Regierungsbezirk ebenfalls eine politische Wegbereiterin.Irene Strifler

Museumsleiterin Stefanie Schwarzenbek beim Einrichten der Ausstellung in der Stadtbücherei. Auf dem Jesinger Stimmzettel (links)
Museumsleiterin Stefanie Schwarzenbek beim Einrichten der Ausstellung in der Stadtbücherei. Auf dem Jesinger Stimmzettel (links) standen im Jahr 1919 noch ausschließlich Männer.Fotos: Markus Brändli