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Kommentar Gefühlte Fakten

Gefühlte Fakten

Mut kann man nicht beschließen. Man hat ihn oder man hat ihn nicht. Genauso wie sich diffuse Bedenken durch noch so klare Prognosen nicht einfach aus der Welt schaffen lassen. Wenn es mehr um Gefühl als um verlässliche Fakten geht, wird Konsens schwierig. Zumal dann, wenn es nicht um Peanuts, sondern um ein Millionenprojekt geht.

Die Diskussion über den Bau des geplanten Sportvereinszentrums zeigt, dass sich in der Vereinslandschaft nicht nur das Freizeitverhalten ändert. Vereine sind mehr und mehr als Dienstleister gefragt, die unternehmerisches Risiko tragen, auf Märkte reagieren und in ihre Zukunftsfähigkeit investieren müssen. Wer diesen Zug verpasst, der blutet auf Dauer aus, so nicht alle Studien lügen. Mit diesem rasanten Wandel tun sich viele schwer, für die der Verein ein Leben lang Beständigkeit bedeutete, während draußen in der Welt der Fortschritt tobte. Wenn schon Veränderung, mag sich manch einer denken, dann bitte ohne Risiko. Dabei sprechen die Marktprognosen eine klare Sprache und legen den Schluss nahe, dass in 20 Jahren vermutlich niemand mehr über Sinn oder Unsinn vereinseigener Bewegungszentren diskutieren wird.

Der Abend hat jedenfalls gezeigt: Obwohl das klare Votum nun alle Türen öffnet, gibt es keinen Grund zu Feiern. Die Skeptiker sind nach wie vor in der Überzahl, bezeichnenderweise auch unter denen, die am Freitag zum zweiten Mal mit Ja gestimmt haben. Von Aufbruchstimmung und Wir-Gefühl ist in Kirchheim bisher kaum etwas zu spüren. Dabei wäre dies der erste Schritt zum wirtschaftlichen Erfolg. Viel wichtiger als alles Zahlenwerk ist deshalb die Frage: Gelingt es, das Zukunftsprojekt als gemeinsames Kind zu hegen, als eine Bereicherung der oft zitierten VfL-Familie? Frontfrau Doris Imrich und ihre Gefolgschaft haben noch viel Arbeit vor sich.            Bernd Köble