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Kommentar: Schiffbruch

Die Bedenken mögen berechtigt sein. Allein der Zeitpunkt überrascht. Acht Monate haben die Banken ins Land ziehen lassen, um das Finanzkonzept für das Vereinszentrum des VfL Kirchheim auf Tragfähigkeit zu prüfen. Für ein Projekt dieser Größenordnung eine ungewöhnlich lange Zeit. Es wurde sorgfältig beleuchtet, abgewogen und bewertet. Monate, in denen nicht nur Kostenschätzungen an Aussagekraft verloren, sondern auch immer klarer wurde, dass der Weg in die viel beschworene Zukunft für den VfL im finanziellen Chaos enden könnte. Mangelnden Einsatz im Kampf um das, was Experten auf lange Sicht für unumgänglich halten, kann man VfL-Frontfrau Doris Imrich und ihren Mitstreitern kaum vorwerfen. Wohl aber den Fehler, die Risikobereitschaft der Finanzgeber überschätzt zu haben. Ohne Eigenkapital und ohne Absicherung gegen steigende Kosten – Das Korsett, dass die Gläubiger schnüren, kann in dem Fall nur tragen, wer den Erstickungstod als Möglichkeit nicht ausschließt. Dass es für den VfL keinerlei Handlungsspielraum mehr gibt, zeigt allein die Tatsache, dass man sich nun scheut, die von den Banken geforderten Ausschreibungen auf den Weg zu bringen. Nur so ließe sich klären, über welche Kosten man zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt redet. Doch das kostet Geld, von dem keiner weiß, ob es am Ende nicht in Rauch aufgeht.

Sollte das Vereinszentrum des VfL im Januar endgültig scheitern, wäre dies ein bisher einmaliger Fall: Noch nie wurde ein Projekt in dieser Planungsphase noch gekippt. Ein Signal, dass man wohl auch beim Württembergischen Landessportbund vernehmen würde. 37 Vereinszentren im Land hat der WLSB in kurzer Zeit und in beratender Funktion über die Ziellinie geführt. Mindestens 50 sollen es nach dem Willen von WLSB-Präsident Klaus Tappeser in naher Zukunft werden. Am Sinn dieser Entwicklung zweifelt kaum jemand. Ob sich das Tempo halten lässt, ist spätestens seit dem Beispiel Kirchheim fraglich.

Ein Scheitern wäre dort auch für die Stadt ein Schlag ins Kontor. Nach sechs Jahren Sportentwicklungsplanung bliebe unterm Strich allein der gute Wille erkennbar. Denn mit dem Vereinszentrum stirbt auch die Vision eines künftigen Sportparks rund ums Stadion. Und noch eins: Die Hoffnung, das ungelöste Stadionproblem mittels einer Betreibergesellschaft auf elegante Weise aus der Welt schaffen zu können, sind vor zwei Jahren unverhofft geplatzt. Jetzt könnte die Stadt im Kampf gegen den Zerfall ihrer Sportstätten an prominenter Stelle ein zweites Mal Schiffbruch erleiden.BERND KÖBLE