Kirchheim

Kreis stoppt Pläne für den Bau neuer Erstunterkünfte

Flüchtlingszahlen Die Verwaltung gibt 22 Standorte für zusätzliche Quartiere auf, darunter auch den in der Kirchheimer Tannenbergstraße. Von Bernd Köble

Die Wiese bleibt: Der Bau neuer Flüchtlingsunterkünfte in der Tannenbergstraße ist vorerst vom Tisch.Foto: Carsten Riedl
Die Wiese bleibt: Der Bau neuer Flüchtlingsunterkünfte in der Tannenbergstraße ist vorerst vom Tisch.Foto: Carsten Riedl

Lange Zeit hat keiner gewagt, von Entspannung zu reden. Nach einem halben Jahr mit deutlich rückläufigen Zuwanderungszahlen tritt der Kreis nun doch energisch auf die Bremse: 22 Bauprojekte für die Erstunterbringung neuer Flüchtlinge sind gestoppt, knapp 2 300 geplante Plätze vorläufig gestrichen. Derzeit leben rund 5 000 Geflüchtete im Kreis. Statt der erwarteten 150 Neuankömmlinge pro Monat kommen seit Herbst aber nur noch etwa 50 Menschen aus den Erstaufnahmestellen in den Kreis Esslingen. Ein Trend, der anhalten könnte, denn erklärter politischer Wille ist es, Zuflucht Suchende ohne Bleiberecht künftig erst gar nicht mehr an die Landkreise und Kommunen weiterzureichen.

Die Kalkulation macht das nicht einfacher. Die Spanne zwischen dem, was momentan ist und dem, wovon für die Zukunft ausgegangen wurde, ist beträchtlich. Man habe einen Mittelwert errechnet, sagt deshalb Landratsamts-Sprecher Peter Keck. Der Neubedarf an Unterkünften bis zum Jahr 2020 wird demnach auf etwa 1 500 Plätze geschätzt. Etwa noch einmal so viel will der Kreis für den Notfall in der Hinterhand behalten. Das sind Standorte, die voll erschlossen sind und die nötige Infrastruktur bieten. Damit es schnell geht, wenn sich die Lage ändern sollte. Kommunen will man solche stillen Reserven dadurch schmackhaft machen, indem sie zur Hälfte auf die Quote angerechnet werden sollen.

Warum nun der plötzliche Baustopp? „Irgendwann mussten wir reagieren“, sagt Peter Keck. Schließlich werden fast täglich irgendwo Verträge ausgehandelt und Bauverfahren eingeleitet. „Wir geben überall dort Standorte auf, wo es vertraglich und rechtlich noch möglich ist“, sagt Keck. Darunter sind solche, die als bloße Überlegung noch nicht einmal den Weg in die öffentliche Debatte gefunden hatten und nun schon wieder begraben werden, wie auf dem Dettinger Guckenrain. Aber auch solche, die politisch bereits abgesegnet sind, wie der geplante Bau der Erstunterkunft mit 70  Plätzen in der Tannenbergstraße in Kirchheim. An einigen davon, könnte dennoch gebaut werden. Die Kommunen sollen frei entscheiden, ob sie die Grundstücke oder Gebäude selbst nutzen wollen. Als dauerhaften Wohnraum für die Anschlussunterbringung. Diesen Vorschlag hat Landrat Heinz Eininger den Rathauschefs am Mittwoch im Rahmen einer Kreisverbandssitzung des Gemeindetags unterbreitet. In den kommenden Wochen soll gezielt verhandelt werden.

Was den Standort in der Kirchheimer Tannenbergstraße betrifft, ist dies keine Option. Durch die Nähe zu Umgehungsstraße und Autobahn ist dauerhaftes Wohnen dort aus Lärmschutzgründen ausgeschlossen. Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker nimmt die neue Kunde trotzdem gerne auf, wie sie betont. „Ein Standort weniger bedeutet weniger Widerstand in der Bevölkerung“, sagt sie.

Der war zuletzt gewaltig. Die Stadt hat inzwischen reagiert und ihr Konzept der dezentralen Anschlussunterbringung den neuen Flüchtlingszahlen angepasst. Auf der Klosterwiese, in der Kitteneshalde und in den Teilorten Jesingen und Lindorf wurde die Zahl der Wohneinheiten annähernd halbiert. Doch auch Matt-Heidecker sagt: „Wir rechnen derzeit intensiv.“ Was dabei herauskommt soll im März dem Gemeinderat vorgelegt werden.