Kirchheim

Manches Unkraut hat enorme Power

Ernährung Auf heimischen Wiesen wächst sehr viel Wertvolles. Das zeigt ein Kräuterspaziergang rund um Hochdorf mit dem lokalen Landfrauenverein. Von Cornelia Wahl

Kräuterexpertin Inge Bertram erklärt den Teilnehmern die Vorzüge der Brennnessel. Aus Ebereschenbeeren und verschiedenen Wildkrä
Kräuterexpertin Inge Bertram erklärt den Teilnehmern die Vorzüge der Brennnessel. Aus Ebereschenbeeren und verschiedenen Wildkräutern lässt sich ein alkoholfreier Aperitif herstellen (links). Leckere Aufstriche kann man aus Wildkräutern und Früchten machen (unten).Fotos: Cornelia Wahl

Es ist ein warmer Spätsommer-Nachmittag im September. Die Sonne scheint vom etwas bewölkten Himmel. Es weht eine leichte Brise. Gute Voraussetzungen, um in den Wiesen rund um Hochdorf nach Wildpflanzen Ausschau zu halten. Eigens für die Veranstaltung des Landfrauenvereins Hochdorf aus Lorch angereist ist die Kräuterexpertin Inge Bertram.

Der Spaziergang ist erst wenige Minuten alt, da bleibt sie stehen und pflückt eine Brennnessel. „Sie enthält Eisen und Kieselsäure. Früher hat man die Brennnessel Kranken und Geschwächten, Älteren und Kindern gegeben.“ Nicht nur Blätter und Samen lassen sich verwenden. Die Wurzel könne bei Prostatabeschwerden helfen. „Menschen, die auf Histamin reagieren, sollten allerdings mit der Brennnessel vorsichtig sein, warnt sie.

Die Frauen entdecken außerdem Wildkräuter wie Melde, Hirtentäschel, Breit- und Spitzwegerich, Ehrenpreis, Gänsefingerkraut, Mädesüß, den echten Ackerschachtelhalm, Schafgarbe, Rossminze und Wiesenlabkraut. Inge Bertram erklärt, was an den Pflanzen essbar ist und welche Wirkungen sie auf die Gesundheit haben können.

Von den Vorfahren lernen

Schon auf wenigen Metern also zeigt sich den 14 Teilnehmerinnen, dass die Wiesen- und Wegesränder Kostbares bieten. Vieles, was in der Natur wächst, landläufig als Unkraut bezeichnet und dementsprechend achtlos behandelt wird, sollte deutlich mehr Wertschätzung erhalten. Denn „für unsere Vorfahren waren Wildfrüchte und Wildpflanzen Nahrung und Süßigkeit“, weiß die Kräuterfrau. Sie gibt zu bedenken: „Früher waren die Wildpflanzen und Wildbeeren Medizin.“ Ganz zu schweigen, dass in ihnen noch eine andere Energie stecke. Und so entpuppt sich die Natur einmal mehr als eine Schatzkiste mit Köstlichkeiten, denen eine heilende Wirkung nachgesagt wird.

Nach dem rund einstündigen Spaziergang geht es zurück in die Seniorenwohnanlage, wo es neben Wissenswertem zu den mitgebrachten Wildbeeren auch Leckeres zum Verkosten gibt. „Für uns heute ist es schwer, die Pflanzen zu erkennen. Die Vorfahren wussten aus Erfahrung, welche Pflanzen und Früchte essbar und welche ungenießbar waren. Leider gehört dies heute nicht mehr zum Allgemeingut. Wir haben diese Intuition auch in uns, müssen es nur zulassen und uns langsam herantrauen und zur Bestimmung ein Wildpflanzen- oder Wildfrüchtebuch nutzen“, ermutigt Inge Bertram.

Mutig etwas ausprobieren

Während sie so erzählt, lässt sie die Teilnehmerinnen die orangenen, roten und blauen Früchte kosten. Die Frauen lauschen der Expertin gespannt, notieren, riechen, schauen und probieren. Manchmal verziehen sie auch ihr Gesicht, wenn die Beere allzu sehr die Bitterrezeptoren auf der Zunge aktiviert. Anschließend geht es in die Küche, um gemeinsam einige Rezepte mit Holunderbeeren oder Eberesche auszuprobieren. Da wird geschält, geschnippelt und gekocht. Schnell breitet sich ein fruchtiger Duft aus. Dann folgt das Probieren der selbst zubereiteten Rezepte und der von Inge Bertram mitgebrachten Köstlichkeiten wie mit Früchten verfeinerte Brotaufstriche oder Butter, Kornelkirschenmarmelade oder Hagebuttenketchup. Anders als bei den puren Beeren, sind begeisterte Ausrufe zu hören: „Oh, ist das lecker“, „das schmeckt aber gut“ oder „das muss ich zu Hause nachmachen“.

Die Teilnehmerinnen haben viel über Wildpflanzen und Wildfrüchte erfahren, Rezepte selbst ausprobiert und das Zubereitete mit nach Hause nehmen dürfen. An dem Nachmittag wurde altes Wissen wieder ein Stück in die Gegenwart geholt.

Rezept des Monats September
Rezept des Monats September
Rezept des Monats September
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Rezept des Monats September
Rezept des Monats September

Eine Kirsche, die keine ist

Botanisch gesehen gehört die Kornelkirsche zu den Hartriegelgewächsen. Sie wächst als Strauch am liebsten an sonnigen bis halbschattigen Plätzen. Noch vor den Forsythien zeigt die Kornelkirsche im Frühjahr ihre gelben Blüten. Die reifen, etwa ein Zentimeter großen Früchte ähneln den Kirschen. Geerntet werden sie erst im Herbst, wenn sie eine dunkelrote Farbe haben.

Reich an Vitamin C ist die Kornelkirsche. Außerdem enthält sie viele sekundäre Pflanzenstoffe, zu denen Gerb- und Fruchtsäuren und Flavonoide gehören. Weitere Inhaltsstoffe sind Anthocyane, die antioxidativ wirken.

Die süß-säuerliche Kornelkirsche lässt sich zu Fruchtaufstrichen, Marmelade und Saft verarbeiten oder im Smoothie verwenden. cw