Kirchheim

Nachgefragt: „Für Verletzte eine große Hilfe“

Dr. Michael Schulze
Dr. Michael Schulze. Foto: pr

Michael Schulze von der Landesärztekammer Baden-Württemberg begrüßt das neue Berufsbild Notfallsanitäter. Allerdings fordert er, dass man juristische Grauzonen aus der Welt schaffen muss.

Mit Leitfäden, die standardisierte Vorgehensweisen festlegen, sollen Notfallsanitäter im Einsatz rechtlich abgesichert sein. Doch was, wenn der Einzelfall nicht durch die sogenannten Standard Operating Procedures (SOP) abgedeckt ist?

Michael Schulze: Der Notfallsanitäter greift im Rahmen der SOP für den Rettungsdienst nicht in den Kernbereich der ärztlichen Tätigkeit ein. Der Notfallsanitäter handelt symptombezogen. Muss er im konkreten Einzelfall über die Richtlinien, die für bestimmte Zustandsbilder ein genaues Vorgehen festlegen, hinausgehen, muss ein Arzt die Ausführung an ihn delegieren.

Nach der bisherigen Rechtsprechung können Ärzte Leistungen nur delegieren, wenn sie sich persönlich von der Diagnose und der Indikation am Patienten überzeugt haben.

Das ist richtig. Grundsätzlich gilt, dass die Gefährdung des Patienten, wenn ärztliche Tätigkeiten von Notfallsanitätern gemacht werden, nicht erhöht werden darf. Aber bis zum Eintreffen des Notarztes, der zeitgleich alarmiert wird, kann der Notfallsanitäter Maßnahmen durchführen, mit denen sich Kranke und Verletzte stabilisieren lassen, ohne dass der Betroffene stärker gefährdet wird. Ein Rettungsassistent darf beispielsweise keine Schmerzmittel verabreichen, aber ein Notfallsanitäter darf das sehr wohl, auch indem er venöse Zugänge legt. Für Kranke oder Verletzte ist das eine wichtige Hilfe, um ihren Zustand erträglicher zu machen.

Wo scheidet die Delegation von Behandlungsmaßnahmen, die eigentlich dem Arzt obliegen, an Notfallsanitäter aus?

Nicht delegiert werden dürfen Leistungen, die in den Kernbereich ärztlicher Tätigkeit fallen. Das sind Handlungen, die wegen ihrer Schwierigkeit, Gefährlichkeit oder der Unvorhersehbarkeit der Reaktionen nur vom Arzt persönlich durchgeführt werden können. Das gilt auch dann, wenn das nichtärztliche Personal im Einzelfall vielleicht tatsächlich über eine ausreichende fachliche Kompetenz verfügt. Ob und in welchem Umfang ein Mediziner Behandlungsmaßnahmen delegiert, die eigentlich ihm obliegen, hängt von der Art der Leistung, der Schwere des Krankheitsbildes und der Qualifikation des Assistenzpersonals ab. Daniela Haußmann