Kirchheim

Packerl-Bruno, der Klugscheißer

Kabarett Bruno Jonas bot den rund 250 Zuhörern in der Kirchheimer Stadthalle zweieinhalb Stunden ironisches und selbstironisches Gedankenfutter. Von Peter Dietrich

Bruno Jonas, Kabarettist seit 1975, und laut eigener Aussage „der einzige Rocker mit Lesebrille“.Foto: Peter Dietrich
Bruno Jonas, Kabarettist seit 1975, und laut eigener Aussage „der einzige Rocker mit Lesebrille“.Foto: Peter Dietrich

Das glaubt ihm niemand. „Habe ich Sie zum Nachdenken gebracht? War nicht meine Absicht“, war aus Bruno Jonas‘ Mund zu hören, denn das Nachdenken begann schon in der ersten Minute seines Programms „Nur mal angenommen“. Da hatte Bruno Jonas die Zuhörer gefragt, ob denn das Richtige falsch werde, wenn es der Falsche sage. Ja, es tut Bruno Jonas weh, wenn er Alexander Dobrindt nicht widersprechen kann - sogar er sagt mal etwas Richtiges.

Seit 1975 macht Bruno Jonas Kabarett, das bringt die langfristige Übersicht. So kann er darauf verweisen, schon 1976 kabarettistisch ins „Rentenloch“ geschaut zu haben. Es sei doch unglaublich, wie es zur Armut kommen konnte, wenn 20 Jahre lang die Sozialdemokraten in der Regierung waren. Alle kriegen ihr Fett weg, auch der grüne Toni Hofreiter, der ja schon etwas vom Erlöser habe und bereits über Pfützen gehen könne. Warum spielt Horst Seehofer so gerne mit der Modellbahn? „Er schaut einfach gerne Zügen hinterher, die abgefahren sind.“

Immer wieder arbeitet sich Bruno Jonas an den Fehlleistungen des öffentlich-rechtlichen „Qualitätsfernsehens“ ab - etwa mit Leuten, die nichts zu sagen haben, aber es dennoch mitteilen. Er will die Parteien aus den Rundfunkräten heraus haben. Wenn er deren Hineinreden kritisiert und ein „Ich weiß, wovon ich rede“ einwirft, dann ahnt der Zuhörer, dass da sehr viel dahintersteckt. Altmeister Bruno Jonas wurde ja durch den „Scheibenwischer“ an der Seite von Dieter Hildebrandt bekannt - da hatten sich die Bayern schon mal ausgeblendet, als es ihnen nach Tschernobyl nicht passte.

Dagegen nie ausgeblendet hat Bruno Jonas die Reaktion des Publikums, der Bühnenprofi ist extrem aufmerksam. Kommen zwei zu spät: „Wir haben schon angefangen, weil wir nicht wussten, ob Sie noch kommen.“ Er redet über die Digitalisierung und eine Flasche fällt um: „Das war jetzt ein sehr analoges Geräusch.“ Digital ging es unter anderem auch um die Uhr, auf der man nur nebenbei noch die Zeit ablesen kann. Sei die Blase zu zwei Dritteln voll, empfehle sie schon mal, die nächste Toilette anzusteuern. Dank der Verbindung zu Google Earth sei sie auch zu finden.

Die Kulisse aus Pappkartons sollte die Wohnung von Bruno Jonas darstellen, nimmt er doch als „Packerl-Bruno“ ständig für seine Nachbarn Päckchen und Pakete an. Er besang sich mit der Gitarre selbst als „Klugscheißer“, sicherheitshalber mit einem zu kleinen Hut auf dem Kopf. Dieser Hut, sagte er, diene der ironischen Brechung: Wer so etwas aufhabe, der könne es nicht ernst meinen. Auch musikalisch hat’s der Rocker mit Lesebrille - so die Selbstbeschreibung - voll drauf.

Vieles ist besser sehr ernst zu nehmen. Etwa die Frage, ob die Tilgung des Wortes „Neger“ aus dem Sprachgebrauch tatsächlich das Ende des Rassismus bedeutet. Überhaupt werde die menschliche Kommunikation immer komplizierter, sodass Bruno Jonas aus Sicherheitsgründen nur zu Konjunktiv und Anführungszeichen raten kann. Zugleich benennt er selbst die Dinge klar beim Namen, beispielsweise die Münchner Sicherheitskonferenz als Waffenhändlertagung. „Früher hieß es, wir greifen an, heute übernehmen wir Verantwortung.“ Oder wie steht es mit der Demokratie in Europa. In Polen sei die Gewaltenteilung gefährdet, dort müsse man vielleicht einmarschieren und könne dabei ja auf alte Pläne zurückgreifen.

Die AfD hätte Bruno Jonas nicht unbedingt gebraucht, sieht sie aber als Zusatzangebot fürs Kabarett. Dass Bruno Jonas auch Norbert Blüm und ein paar andere mitgebracht hatte, war ein Sahnehäubchen. An Donald Trump, dem Avatar, übt er nach eigenem Bekunden noch. Aber eines ist klar: Die Rente ist sicher! Und wenn man testen will, ob jemand Humor hat? Dann muss man ihm nur raten, er solle sich mal mit der Rente beschäftigen, in seinem Alter.