Lokale Kultur

Perfektes Zusammenspiel

Zwei Akkordeonorchester sorgen in der Kirchheimer Stadthalle für Begeisterung

Das Orchester Hohnerklang aus Trossingen und das Akkordeonorchester des Kirchheimer Zither- und Akkordeonvereins lockten bei ihrem gemeinsamen Konzert rund 400 Zuhörer in die Stadthalle.

Das Orchester Hohnerklang aus Trossingen gastierte in der Kirchheimer Stadthalle.Foto: Edwin Hoffmann
Das Orchester Hohnerklang aus Trossingen gastierte in der Kirchheimer Stadthalle.Foto: Edwin Hoffmann

Kirchheim. Das Kirchheimer Orchester unter der Leitung von Claudia Petrow bestritt den ersten Konzertteil, charmant und kurzweilig moderiert vom Ersten Vorsitzenden Holger Reusch. Mit einer spanischen Rhapsodie stellten die 27 Musiker gleich zu Beginn klar, dass sie sich hinter dem legendären Gastorchester keineswegs verstecken müssen, denn sie bestachen mit treffsicherer Fingerfertigkeit und perfektem Zusammenspiel. Bei der melancholischen Filmmusik zu „Schindlers Liste“ mit Rainer Lay und Sibylle Eisele in den Solostimmen bewiesen sie ebenso großes Einfühlungsvermögen.

Jedem bekannt waren die Titelmelodie und „Goldfinger“ aus James Bond. Weniger bekannt, dafür umso musikalischer gestaltete sich „Like A River“ von Waldemar Lang, das den Flussverlauf von der ruhigen Quelle über wilde Stromstellen und Wasserfälle beschrieb. Bei „La Pulce d‘Aqua“, dem kleinen Wasserfloh, ließen die Musiker ihre Finger in atemberaubender Geschwindigkeit über die Tasten tanzen, so dass das Publikum lautstark eine Zugabe einforderte, die das Orchester mit „Africa“ von der Popgruppe Toto erfüllte.

Nach der Pause betraten die 32 Akkordeonisten, Mundharmonikaspieler, Percussioner und Keyboarder des Orchesters Hohnerklang die Bühne. Ihr Dirigent, Arrangeur und Komponist Hans-Günther Kölz versäumte es nach einem locker aus dem Handgelenk dirigierten Opener nicht, seine Schülerin Claudia Petrow für ihre hervorragende Arbeit mit dem Kirchheimer Orchester zu loben. „Klezzmotion“ hatte der Ausnahmemusiker eine für die Mundharmonika-Solistin Brigitte Burgbacher komponierte Klezmer-Suite betitelt, das zweite Z sollte an seinen Namen Kölz erinnern. Auch für Klassik war das Orchester offen, doch dem „Scherzo“ aus der 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven hatte Kölz passend zum modernen Stil ein, wie er es nannte, farbiges Ballkleid verpasst.

Mit der Filmmusik „Il Postino“ von Luis Bacalov fand ein Oscarpreisträger für beste Musik den Weg auf die Bühne. Der von Kölz arrangierte argentinische „Rojo Tango“ war vom Komponisten Pablo Ziegler, dem Pianisten des einmaligen Astor Piazzolla, persönlich autorisiert worden. Der Welterfolg „Riverdance“ von Bill Whelan beschrieb mit zahlreichen Takt- und Stilwechseln den Aufbruch der Iren nach Amerika, aber auch in osteuropäische Länder.

„Harmonicamento“ nannte sich ein Mundharmonika-Quartett, das eine gelungene Showeinlage erbrachte. Mit vier verschiedenen Mundharmonikas ausgestattet, ernteten sie tosenden Applaus für ihre temporeiche, mit lustiger Mimik ausgestattete Darbietung. Besonders die knapp einen halben Meter lange Begleitmundharmonika begeisterte jeden, der dieses Instrument sonst nur im Taschenformat kennt.

Sehr ruhig fuhr das Orchester fort mit „Gabriellas Song“ aus dem bewegenden Film „Wie im Himmel“. Dass nicht nur David Garrett die Zuhörer mitreißen kann, bewiesen Mario Nortmann und Dorothee Reick an Solo-Akkordeon und Solo-Blockflöte, die sich beim „Celtic Rondo“ klanglich perfekt ergänzten. „Live And Let Die“, wieder eine James-Bond-Melodie, hatte Kölz eigens für seine im Orchester mitwirkende Mundharmonika-Weltmeisterin Kathrin Gass arrangiert. Nun griff der große Meister selbst in die Akkordeontasten, zu „Tico Tico no fubá“ ließ er seinen flinken Fingern freien Lauf, eifrig begleitet von der dreiköpfigen Percussion- gruppe und untermalt vom Orchester.

Ursprünglich als Werksorchester gegründet, ist heute nur noch Gerhard Müller als letzter Betriebsangehöriger von Hohner dabei, und dieser spielte sehr gefühlvoll das Mundharmonika-Solo zu Elton Johns „I´m still Standing“, mit dem sich das Orchester verabschieden wollte, doch nach nicht enden wollendem Applaus waren sogar zwei Zugaben fällig. Zu „Accordion Joe“ griff Hans-Günther Kölz erneut selber in die Tasten und zu „Brazil“ mischte er sich unter die Percussion-Gruppe, ehe nochmals lange anhaltende Begeisterungsbekundungen den Abschied der Trossinger begleiteten. sr