Kirchheim

Randnotiz: Non scholae, sed vitae!

Was haben wir gelacht - damals in der Schule, als wir außer dem Abschlusszeugnis auch noch ein kleines DIN A5-Blatt ausgehändigt bekamen. „Das ist für später einmal wichtig, für Ihre Rente“, hieß es.

Rente! Wie lustig. Die einzigen Menschen, die wir als Rentenbezieher kannten, waren die Großeltern und deren Geschwister, also Onkel Ernst und Tante Frieda oder auch Onkel Karl und Tante Erna. Dass wir selbst einmal Rentenansprüche erwerben oder irgendwann sogar geltend machen könnten, war so weit entfernt wie vor knapp 500 Jahren Sanlúcar als Ziel von Magellans Weltumseglung. Und da ist ja Magellan selbst mittendrin auf der Strecke geblieben.

Das Blatt, das wir damals bekamen, bescheinigte uns, dass wir wertvolle Lebenszeit, in der wir bereits hätten Geld verdienen können, in der Schule verbracht haben. In jenen Jahren konnten wir also nicht in die Rentenkasse einzahlen. Was damals „Schulzeit“ hieß und auch so empfunden wurde, heißt längst schon „ungeklärte Beitragszeit“. Schreiben für Schreiben musste die Rentenversicherung beharrlich schicken, bis wir auch das endlich so empfanden.

Aber leider gilt es noch eine weitere Bescheinigung vorzulegen: über die Zeit, die wir später an der Uni verbracht haben. Damals dachten wir, das wäre unsere Studienzeit - die schönste Zeit im Leben. Heute wissen wir: Auch das ist nichts weiter als eine „ungeklärte Beitragszeit“.

Auf ins Studentensekretariat

Vielleicht ist auch noch manches andere aus dieser Zeit ungeklärt - aber das soll hier nicht das Thema sein. Vorläufig jedenfalls sehen wir uns vor unserem geistigen Auge bereits im Studentensekretariat stehen, wo - aus unerfindlichen Gründen, aber mit umso größerer Sicherheit - immer noch die Buchstaben „V bis Z“ eine Schlange aufzuweisen haben, die vier Mal so lang ist wie die Schlangen an sämtlichen anderen Schaltern zusammen. Dort warten wir auf eine Unterschrift und einen Stempel. Beides soll uns wertvolle Rentenpunkte sichern.

Zwar steht die Rente weiter­hin erst in vielen Jahren an. Aber fürs Lachen ist das Thema längst schon zu ernst. Und trotzdem gibt es einen guten Grund, um zu lachen und fröhlich zu sein: Wir müssen nicht auch noch das Schulsekretariat aufsuchen. Voller Freude haben wir die alte Bescheinigung aus der Schublade gezogen - aus genau jener Schublade, in der wir sie damals unter homerischem Gelächter versenkt hatten. Preis und Dank der Schule, die uns dergestalt auf das Leben vorbereitet hat, und sei es auch nur auf ein mögliches künftiges Leben als Rentner.