Kirchheim

„Seit ich Michael bin, bin ich frecher geworden“

Musical Der neunjährige Joshua Hunter aus Kirchheim ist ab dem 16. Mai in Stuttgart bei „Mary Poppins“ in einer Hauptrolle zu sehen. Von Stefanie Werner

Im Gesprächsstoffladen findet Mary Poppins die 34 Buchstaben, die das passende Wort für jede Gelegenheit bilden: supercalifragil
Im Gesprächsstoffladen findet Mary Poppins die 34 Buchstaben, die das passende Wort für jede Gelegenheit bilden: supercalifragilisticexpialigetisch.Foto: Stage Entertainment/Deen van Meer

Gesprächsstoff, Monologe und sogar Widerworte gibt es im Musical „Mary Poppins“ im Laden bei Mrs. Corry zu kaufen für den Fall, dass einem die Konversationen ausgehen. In Kirchheim sorgt Joshua Hunter nun für einigen Gesprächsstoff: Denn ab Mai verwandelt sich der talentierte Neunjährige in den aufmüpfigen Michael Banks, dem das Kindermädchen Mary Poppins Manieren beibringen soll.

Einen langen Weg hat er hinter sich. Bereits im Januar 2016 wurden Kinder zum Casting gesucht, und seine Musiklehrerin, die Joshua im Schulchor unterrichtet, brachte ihm die Ausschreibung mit. Joshua war sofort begeistert. Er erfüllte, was Alter und Körpergröße anging, exakt die Vorgaben für die Rolle des ungezogenen Michael Banks.

Nach einem ersten Vorsingen kam er in die engere Wahl. Mehrere Auswahlrunden hatte der musikalische Junge, der bereits im Alter von fünf Jahren Klavierunterricht an der Musikschule Kirchheim nahm, bald darauf Saxophon lernte und Preise bei Wettbewerben abräumte, zu bestehen. Bis kurz vor Weihnachten sein größtes Geschenk mit dem endgültigen Okay vom Theater kam: er hatte es geschafft, sich gegen eine riesige Schar von Konkurrenten durchzusetzen, denn nur etwa zehn Prozent schaffen es am Ende tatsächlich auf die Bühne. Mitte Mai ist bereits sein Rollendebüt.

Wer das Musical kennt, weiß, dass die Kinderrollen Hauptrollen sind. Schließlich kommt die zauberhafte Mary Poppins in ihr Haus geflogen, um die Familie Banks wieder auf den rechten Pfad zu bringen, und bei den Kindern fängt sie an. Kaum eine Szene, in der die ungezogenen und verzogenen upper class-Gören nicht auftauchen. Als Michael Banks muss Joshua fast pausenlos tanzen, singen und schauspielern, mitunter in Szenen, bei denen mehr als zwanzig Personen auf der Bühne sind. Das alles wird den jungen Darstellern in intensivem Training am Stage Apollo Theater beigebracht.

Dass er jede Menge Musik im Blut hat, hilft Joshua sehr. Deshalb genießt er die vielen Trainingsstunden an der Musicalbühne regelrecht und freut sich auf Gesang, Sprecherziehung, Tanz und Schauspielunterricht gleichermaßen. Sein Traum ist es, auch zukünftig auf so einer glitzernden Bühne stehen zu dürfen. Und bei Mary Poppins funkelt märchenhaft viel: 6000 Swarovski-Sterne strahlen auf den Kostümen, die phantasievollen, farbenfrohen Bühnenbilder überraschen mit unzähligen tollen Effekten und Konfetti rieselt auf die Zuschauer hinab.

Doch bis dahin wird Joshua erst einmal den Michael mimen. Drei- bis viermal darf er als Kinderdarsteller im Monat auftreten, maximal dreißigmal im Jahr, deshalb sind diese Rollen zwölffach besetzt. Für Joshuas Eltern war es wichtig, dass für ihren Sohn zu jeder Zeit der Spaß im Vordergrund stand, denn solch ein Programm absolviert man nicht, wenn man nicht den festen Willen dazu hat. Da muss man auch schon mal eine Einladung zum Kindergeburtstag opfern.

Darf man einen Neunjährigen fragen, was er mal werden will, wenn er groß ist? Kein Problem. Joshua antwortet darauf, dass es etwas mit Musik sein sollte. Weiter im Musical zu singen und zu spielen, das wäre sein Traum. Doch bis dahin sorgt Joshua erst einmal als Michael Banks in Kirchheim und darüber hinaus für jede Menge Gesprächsstoff.

Drei Fragen an Joshua

1. Hast du eine Lieblings­szene?

Ja, wenn „Mit ‘nem Teelöffel Zucker gesungen wird, da ist das Ende so cool, da bricht die halbe Küche zusammen, das macht mir extrem Spaß. Und die Szene im Gesprächsstoffladen, wo alle „Supercalifragilisticexpialigetisch“ singen, mag ich auch sehr. Das Wort habe ich übrigens sehr schnell gelernt.

2. Was war am Schwierigsten für dich?

Der viele Text war für mich gar kein Problem. Singen, Tanzen und Schauspielern mache ich alles gleich gern. Was nicht so einfach ist, ist das Blocking, also die richtige Position auf der Bühne zu finden. Dafür gibt es Nummern von 9 bis 0 und von 0 bis 9 auf dem Boden und an den Ausgängen kann man sich auch orientieren, aber manchmal ist das schwierig, da muss man vom Instinkt her wissen, ob man richtig steht.

3. Wie läuft das Training in deiner Gruppe?

Seit Januar haben wir mindestens dreimal in der Woche etwa drei Stunden Training in einer Kleingruppe. Wir sind vier Mädchen und vier Jungs und kennen uns richtig gut. Beim Schauspielunterricht spielen wir immer abwechselnd einzelne Szenen durch. Das ist zwar manchmal anstrengend, macht aber immer viel Spaß. Wir haben alle das gleiche Ziel und machen alle gerne Quatsch. Seit ich Michael bin, bin ich frecher geworden, glaube ich. Text: sw/Foto: Stage Entertainment