Lokale Kultur

„Unglaublich beglückend“

Angekommen im Traumberuf: die Opernsängerin Julia Amos begann ihre musikalische Ausbildung an der Musikschule Kirchheim

Die einstige Kirchheimer Musikschülerin Julia Amos singt heute am Theater Dortmund.Foto: privat
Die einstige Kirchheimer Musikschülerin Julia Amos singt heute am Theater Dortmund.Foto: privat

Kirchheim/Dortmund. Dem Großvater ist es zu verdanken, dass Julia Amos schon in jüngsten Jahren den Weg zur Musik fand. Er trällerte mit der Kleinen unentwegt, sah früh das Talent der Enkelin und förderte es

auf herzliche Art und Weise. Doch war dies nicht nur Ausdruck der Liebe zum Nachwuchs. Nein, der Opa hatte selbst Gesang studiert und als Inspizient an der Münchner Oper in den Nachkriegsjahren eine Blütezeit miterlebt, war also „vom Fach“.

Dennoch begann Julia Amos‘ musikalische Ausbildung an der Musikschule Kirchheim bei den Holzbläsern. Nach mehrjährigem Blockflötenunterricht im Schlössle nahm sie sogar am Kirchheimer Musikpreis teil. Doch in den Jugendjahren machte sie dann ernst mit dem Singen: Sie wechselte bei ihrer Lehrerin Gertrud Junker, die glücklicherweise beides unterrichtete, zum Gesang und entwickelte sich großartig.

Schon vor dem Abitur, bei dem sie sich auch für den Leistungskurs Musik entschied, stand sie mehrfach auf der Bühne. Ein Highlight war der Auftritt mit dem Schwäbischen Kammerorchester in der Stadthalle Kirchheim, wo sie eine Arie von Mozart sang – und ihre allererste Gage einstrich. „Damals kam mir zum ersten Mal der Gedanke, die Musik zum Beruf zu machen“, erzählt die heute 32-Jährige begeistert. Doch es gab allerlei Konkurrenz. Fürs Goldschmieden und Restaurieren hatte sie sich interessiert, und ihr Herz hing zudem an der Medizin. Den Studienplatz dafür hatte sie bereits in Tübingen und überließ es dem Schicksal, ob sie die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule in Freiburg bestand. Das tat sie. Sie studierte erst im südwestlichsten Winkel Deutschlands, folgte dann der Professorin Elisabeth Werres nach Berlin und schloss ihr Studium dort mit Auszeichnung ab. Dann sang Julia Amos in Nürnberg, Darmstadt und Heidelberg. Für das erste mehrjährige Engagement packte sie wieder die Koffer und zog nach Regensburg um. Schließlich kreuzte sie vor der Spielzeit 2009/2010 Deutschland erneut, um sich dem Ensemble am Theater Dortmund anzuschließen.

So weit zu kommen, ist kein Kinderspiel, bewerben sich doch an bundesdeutschen Theatern auf eine Stelle in Schnitt dreißig schon vorausgewählte Sänger. „Man muss an alles glauben, was man zu bieten hat“, gibt Julia Amos preis und ergänzt, dass das nicht ausschließt, ständig an sich zu arbeiten. Das Klangsystem reagiere nun einmal auf jede Veränderung im Körper, jeder Zweifel, jede Belastung werde sofort hörbar.

Unsicherheit zu überwinden war daher eine wichtige Aufgabe, während sie die ersten Schritte auf dem Gebiet des Gesangs unternahm. Nicht unwesentlich trug dazu die Musikschule bei – sie war für Julia Amos „der Raum, wo sich ein Teil von mir entfalten konnte“.

Neben der hervorragenden Ausbildung sei eine gute Kondition unerlässlich, erklärt sie weiterhin. Anfangs hatte die Sopranistin 100 Vorstellungen im Jahr, „da ist technische Versiertheit unheimlich wichtig“. Ihr Sängerleben ist vormittags und abends mit Proben gefüllt, hinzu kommen heute etwa fünfzig Vorstellungen. Freie Zeit, über die man selbst verfügen kann, habe man nur in den sechs Wochen Spielzeitpause. Davor hatte schon der Großvater gewarnt – man lebt fast ausschließlich für den Beruf, arbeitet dann, wenn andere Feierabend haben. Das Theater ist ein Mikrokosmos, dementsprechend intensiv das Miteinander im Ensemble.

Bereits jetzt bereitet sich Julia Amos auf die Rollen in der kommenden Spielzeit vor: Sie wird die Drusilla in Monteverdis „Krönung der Poppea“ und die Adina in Donizettis „Liebestrank“ singen. Und wieder einmal Mozart: die Susanna im „Figaro“. Auf vielfältige Weise sucht sie den Zugang zu ihren Rollen. „Die Musik körperlich werden zu lassen, ihre Sprache zu finden“, das ist für Julia Amos, die das Theaterspielen wirklich liebt, das Ziel bei der Ausgestaltung ihrer Figuren. Gleichzeitig bedauert sie es, kaum noch Zeit für die Kunstform Lied zu haben, die dem Künstler ebenso viel Raum für den seelischen Ausdruck lasse, nur unspektakulärer daherkomme. Den direkten Kontakt zum Zuhörer, der dabei möglich ist, schätzt sie sehr.

Irgendwann würde sie gern frei arbeiten, gibt die sympathische Sängerin zu. Um selbst entscheiden zu können, welche Partien man singt, um Zeit zu haben für anderes. Im Moment erfreue sie sich am Frühling – sich an der frischen Luft bewegen, bei Tageslicht, ist für sie schon ein kleiner Luxus. Das wird sie in den sechs Wochen Spielzeitpause ausgiebig haben, beim Segeln mit Freunden vor der schwedischen Küste.

Doch bis dahin arbeitet sie noch hart, für möglichst viele gelungene Vorstellungen, denn „wenn der Abend gut gelaufen ist, man den Zuschauer teilhaben lassen und auf irgendeine Weise berührt hat, dann ist mein Beruf wirklich ein Traumberuf, und das heißt: unglaublich beglückend.“