Kirchheim

„Verschollen“ - aber nicht vergessen

Kunst Vor 120 Jahren kam Franz Frank in Kirchheim zur Welt, der als Maler dem expressiven Realismus angehörte. Ingrid von der Dollen und Oliver Tursic „fahnden“ für ein Werkverzeichnis nach weiteren Bildern. Von Andreas Volz

In Franz Franks Gemälden taucht auch seine Geburtsstadt auf: links die Stadtmauerbastei beim Wachthaus (1949), rechts „Kirchheim
In Franz Franks Gemälden taucht auch seine Geburtsstadt auf: links die Stadtmauerbastei beim Wachthaus (1949), rechts „Kirchheim im Festschmuck“ (1924).Fotos: pr

Am morgigen Freitag, 7. April, steht der 120. Geburtstag von Franz Frank an. Franz wer? Wer so fragt, hat 2015 die große Einzelausstellung im Kornhaus verpasst. Das war nicht die erste Kirchheimer Ausstellung mit Werken des Künstlers, den man einerseits dem expressiven Realismus zuordnet und andererseits der „verschollenen Generation“. Die Verbindung Franz Franks zu Kirchheim ist eng, und sie ist nie abgebrochen - auch wenn er den Großteil seines langen Lebens im nördlichen Hessen verbracht hat. Immerhin ist Kirchheim seine Geburtsstadt. Hier ist er am 7. April 1897 zur Welt gekommen.

Der expressive Realismus ist nicht etwa ein Realismus im Übergang zum Expressionismus. Die Chronologie verläuft vielmehr umgekehrt: Er folgt auf den Expressionismus und wendet sich dabei einem neuen Realismus zu. Die Künstler des expressiven Realismus hatten sich aber noch einer völlig anderen Realität zu stellen - der politischen: Überwiegend waren sie während der NS-Zeit verfemt. Das ist der Grund, warum sie auch zur „verschollenen Generation“ zählen. Bis heute sind ihre Namen eher unbekannt, zumindest außerhalb der einschlägigen Fachkreise.

Diese Künstler konnten nur unter erschwerten Bedingungen ihrer Arbeit nachgehen. Malen im „stillen Kämmerlein“ ist das eine, aber es lässt sich eben nicht davon leben. Sowohl Lehrtätigkeiten als auch Ausstellungen waren den Künstlerin meist untersagt. Ihre Kunst passte dem NS-Staat nicht ins Konzept, galt als „entartet“.

In der jüngsten Franz-Frank-Monografie kommt das in einem schlichten biografischen Eintrag zum Jahr 1938 deutlich zum Ausdruck: „vorzeitige Schließung einer Ausstellung im Kunsthaus Fischinger in Stuttgart durch die NS-Behörden“, heißt es da. Und schon für 1933 ist dort aufgeführt: „in Berlin Ablehnung einer Weiterbeschäftigung als Dozent wegen der Weigerung, in die NSDAP einzutreten.“ Die damals falsche, aus heutiger Sicht natürlich einzig richtige politische Einstellung genügte also, um als Künstler diskreditiert zu sein. Die Kunst als solche spielte da oft nur eine untergeordnete Rolle.

Das Buch „Franz Frank - Eine Biografie im Spiegel der Malerei“ ist im Mai 2016 in der Edition Joseph Hierling, Tutzing, erschienen. Die Verfasserin, Dr. Ingrid von der Dollen, ist freischaffende Kunsthistorikerin und Vorsitzende des Förderkreises Expressiver Realismus mit Sitz in München. Ein weiterer Band - ihr insgesamt vierter über Franz Frank - ist in Planung. Dafür ist Ingrid von der Dollen auf der Suche nach Bildern Franz Franks, die bisher noch nicht veröffentlicht wurden. „In Kirchheim müssten noch viele Bilder von ihm vorhanden sein“, sagt sie. Viele davon seien in Privatbesitz. Genau solche Werke sollen im neuen Band beschrieben und vorgestellt werden. Ingrid von der Dollen hat schon klare Vorstellungen von der Konzeption. In Stichworten heißt das: „Kurzer Text und viele Bilder“.

Außer Ingrid von der Dollen macht sich auch Oliver Tursic um die Erinnerung an Franz Frank und dessen Werk verdient. Seit 1990 arbeitet er an einem Werkverzeichnis, das sich über die Jahre hinweg stetig erweitert: „Ich habe eine Datenbank mit ungefähr 750 Franz-Frank-Gemälden“, berichtet er von seiner Leidenschaft. Eine Veröffentlichung dieser Daten sei aber erst richtig sinnvoll, „wenn wir mindestens tausend haben“.

Wie Ingrid von der Dollen hofft auch Oliver Tursic, dass sich möglichst viele Besitzer von Franz-Frank-Bildern rund um die Teck melden, um das Werkverzeichnis noch ein Stück weit vervollständigen zu können: „Franz Frank hat in den 70er- und 80er-Jahren viele Ausstellungen in Kirchheim gehabt, bei denen verkauft wurde.“

Oliver Tursic hat sogar eine persönliche Verbindung zu Franz Frank: Über seine Urgroßeltern ist er mit dem Künstler verwandt. Franz Franks Töchter haben ihn damit beauftragt, das künstlerische Erbe ihres Vaters zu betreuen. Kennengelernt hatte er Franz Frank noch persönlich, bei einer Ausstellung in Kirchheim. „Aber eigentlich kann ich mich nicht mehr richtig daran erinnern“, bedauert er. Vielleicht ist ihm auch das ein Ansporn, die Erinnerung nachträglich hochzuhalten.

KONICA MINOLTA DIGITAL CAMERAFranz Frank gemälde
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