Kirchheim

Virtuos und ausdrucksstark

Barockensemble „Concerto Imperiale“ spielt Bach und Biber in der Martinskirche

Kirchheim. Mit Heinrich Ignaz, Franz Biber und Johann Sebastian Bach hat sich das Barockensemble

Florian Stegmaier

Concerto Imperiale in der Kirchheimer Martinskirche dem musikalischen Schaffen zweier Großmeister des Barocks gewidmet. Schon mit Bibers „Mensa sonora“ – zu deutsch: Klingender Tafel – die den Auftakt der Programmfolge bildete, wurde deutlich, dass die Verpflichtung auf historische Aufführungspraxis, das Spiel auf Originalinstrumenten und das Streben nach einem möglichst authentischen Klangbild keineswegs als akademische Exerzitien verstanden werden, vielmehr mit beachtlichem klangsinnlichen Reiz aufwarten. In seiner Programmeinführung wies Ensembleleiter Bernhard Moosbauer insbesondere auf seltene Tanztypen hin, die Biber im vierten Teil der Mensa sonora verwendet: Den Canario etwa, eine schnelle Gigue im geraden Takt oder die spezifisch österreichisch-venezianischen Tänze Amener und Trezza.

Mit seinen hervorragenden Ensemblekollegen Renate Harr (Barockvioline), Sibille Klepper (Barockviola), Michael Brüssing (Barockvioloncello), Heike Hümmer (Violone), Andreas Scheufler (Cembalo) und Andrea C. Baur an der Laute verlieh Barockviolinist Bernhard Moosbauer diesen verschiedenartigsten Tanzfolgen profiliertes und kontrastreiches Gepräge.

Bibers Salzburger Dienstherr, Fürstbischof Max Gandolph Graf Khuenburg, galt nicht nur als ausgesprochener Freund und Förderer der Musik, er stand auch im Ruf, ein großer Marienverehrer zu sein. Ihm sind Bibers Mysterien- oder auch Rosenkranzsonaten gewidmet.

Eine faszinierende Sammlung von fünfzehn Sonaten für Violine und basso continuo, in der Biber reichlich die sogenannte „Skordatur“ verwendet. Darunter versteht man das Umstimmen von Saiten auf der Geige, das nicht nur akkordisches Spiel ermöglicht, sondern auch höchst eigenwillige Klangwirkungen auf den jeweils stärker oder schwächer als gewöhnlich gespannten Saiten zeitigt. Moosbauer, der sich seit Langem sowohl aufführungspraktisch als auch musikwissenschaftlich mit Bibers Mysteriensonaten intensiv befasst, brachte die zehnte Sonate zu Gehör, die der Kreuzigung Christi gewidmet ist und begeisterte mit einer ebenso virtuosen wie ausdrucksstarken Deutung dieser bildgewaltigen Komposition.

Im Gegensatz zu Biber, der sich erst in den letzten Jahrzehnten einer konzertanten Wiederentdeckung erfreuen kann, sind die Werke Johann Sebastian Bachs vergleichsweise fest im kollektiven Gedächtnis verankert. Dass es aber auch möglich ist, zu einem derart kanonisierten Stück wie der Ouvertürensuite in D-Dur BWV 1068 samt ihrer berühmten „Air“ neue Hörzugänge zu entwickeln, stellten Concerto Imperiale mit ihrer Aufführung der selten gespielten Streicherversion unter Beweis. Die Qualität eines auf Transparenz der Einzelstimmen bedachten Klangbildes wurde hier ebenso als beglückendes Resultat historischer Aufführungspraxis erlebbar wie die kundige und feinsinnige Verzierungskunst, mit der insbesondere Bernhard Moosbauer an der ersten Violine hervortreten und vermeintlich längst vertrauter Musik ein historisch-zeitloses Kolorit verleihen konnte.