Kirchheim

Vogelvilla mindert Wohnungsnot

Ehrenamtspreis Der Nabu Dettingen hat direkt an der Lauter ein Schwalbenhaus aufgestellt, das vorwiegend mit Spenden finanziert wurde. Von Iris Häfner

Heinz Schöttner vor dem Schwalbenhaus direkt an der Lauter in Dettingen. Foto: Carsten Riedl
Heinz Schöttner vor dem Schwalbenhaus direkt an der Lauter in Dettingen. Foto: Carsten Riedl

Dieser luftige Neubau ­wartet auf seine ersten Bewohner. Noch fremdeln die gefiederten Boten des Glücks, die Schwalben, mit der Vogelvilla an der ­Dettinger Lauter. Doch neugierig wie sie sind, umschwirren sie die mögliche Bleibe schon mal im Verbund von rund zwei Dutzend Tieren. Regelmäßiger Gast an diesem lauschigen Plätzchen samt Bank und beruhigendem Geplätscher im Hintergrund ist Heinz Schöttner vom Nabu ­Dettingen. Er und seine Mitstreiter hatten im vergangenen Winter die Idee, den Schwalben zu helfen, die immer mehr in Wohnungsnot geraten. Rund 20 Nester sind in der jüngsten Vergangenheit in dieser Ecke Dettingens verschwunden. Die künstlichen Bauten waren an alten Bauernhäusern befes­tigt, die abgerissen wurden. „Ich wollte für Ersatz sorgen und habe mich daran erinnert, dass ich mal an einem Schwalbenhaus vorbeigefahren bin“, sagt Heinz Schöttner.

Seine Internetsuche war erfolgreich, er fand Hans Frölich aus Bernstadt bei Ulm, der schon einige solcher luftiger Häuser gebaut hat. Von der Idee angetan, war auch die Gemeinde Dettingen, gemeinsam wurde das Projekt Schwalbenhaus ins Leben gerufen. Der Bauhof hatte auf dem ehemaligen Spielplatz in der Kanal­straße für die nötigen Vorarbeiten gesorgt, damit der stabile, rund vier Meter hohe Stahlmast sicher verankert werden konnte. In luftiger Höhe sind 44 Kunstnester in der sechseckigen Holzkonstruktion befestigt. Geplant war eine kleine Einweihungsfeier an Ort und Stelle. Sie fiel jedoch wie so viele Veranstaltungen in diesem Jahr der Corona-Pandemie zum Opfer. Gekos­tet hat die Vogelvilla rund 5000 Euro. „Der Nabu war von Anfang an bereit, einen Teil der Kosten zu übernehmen. Der wesentliche Anteil sollte jedoch durch Spenden von Dettinger Naturliebhabern finanziert werden“, so Heinz ­Schöttner. Diese Rechnung ging auf. Nach wenigen Aufrufen im Mitteilungsblatt konnten innerhalb kurzer Zeit 60 Spender gewonnen und über 4000 Euro auf dem Konto verbucht werden.

Den Standort hat er gemeinsam mit Sylvia Malter, der Schwalben-Fachfrau von der Nabu-Gruppe Teck, ausgesucht. Der Kelterplatz wäre für die Schwalben noch attraktiver gewesen, dafür gab es jedoch kein Okay. „So haben wir den Zweitbesten genommen und freuen uns über die Realisierung“, sagt Heinz Schöttner. Schwalben sind streng geschützt. Wer ihre Brutstätten zerstört, macht sich strafbar. Doch wegen Gebäude­sanierungen verschwinden immer mehr Nester aus den Dörfern. Der Nabu hat deshalb die Aktion „Schwalbenfreundliches Haus“ ins Leben gerufen. Wer den Vögeln an seinem Haus ein Nest und ein Dach über dem Kopf ­bietet, kann sich mit der speziell dafür entworfenen Plakette schmücken.

Diese Saison hat Heinz ­Schöttner abgehakt, das Haus bleibt verwaist. Der ­Naturschützer hofft stark auf das kommende Jahr - und hat auch schon einen Plan B auf Lager: „Man kann die Schwalben mit ihren Stimmen anlocken, die sind neugierig, wenn sie ihre Artgenossen hören. Notfalls montiere ich einen Lautsprecher in das Haus“, sagt er und zeigt auch schon auf einen Schwalbenverband, der in niedriger Höhe an der Vogelvilla vorbeizieht. „Die streifen oft in Gruppen in der Luft umher, die sind alle miteinander verwandt und verschwägert. Schwalben sind faszinierende Tiere. Sie können schnell fliegen, sind leicht und schaffen schnelle Wendungen in der Luft. Wenn sie sich unterhalten, hört sich das schön an - das ist ein wunderbares Gezwitscher am Haus“, weiß er aus eigener Erfahrung. Als er vor knapp 30 Jahren nach Dettingen gezogen ist, hat er an seinem Haus gleich Kunstnester angebracht.

Traditionell gelten Rauch- und Mehlschwalben als Boten des Glücks, die Haus und Hof vor Feuer und Blitz schützen, sowie das Vieh vor Krankheiten. Beide Arten bauen ihre Nester in unmittelbarer Nähe zum Menschen, entweder an der Hausfassade oder in Ställen. So lassen sich die Arten auch unterscheiden: Die Rauchschwalben teilen sich das Dach über dem Kopf mit Kühen oder Pferden, die Mehlschwalben bevorzugen Dachvorsprünge, gerne über großen Scheunentoren.