Kirchheim

Vom Baum direkt in den Topf

Essen Obstbrände bilden oft den Abschluss eines Menüs. Doch das Feuerwasser von der Streuobstwiese hat auch in der Küche allerhand zu bieten. Von Daniela Haußmann

Über den Tellerrand schauen: Udo Kälberer (links) und Thomas Rabel brechen auch am Herd eine Lanze für Zwetschgenwasser und Co.F
Über den Tellerrand schauen: Udo Kälberer (links) und Thomas Rabel brechen auch am Herd eine Lanze für Zwetschgenwasser und Co.Foto: Daniela Haußmann

In der Küche spielt die Kombination verschiedener Aromen eine zentrale Rolle. Dank Whisky, Wodka, Sherry, Rot- und Weißweinen erhält so manches Gericht seinen typischen Pfiff. Und auch wenn Alkohol als Zutat beim Backen und Kochen aus der europäischen Kochkultur nicht wegzudenken ist, sind die Möglichkeiten, neue Geschmackserlebnisse zu entdecken, längst nicht ausgeschöpft. Heimische Brände haben allerhand zu bieten. Nicht nur im Glas, sondern auch im Topf. Schließlich zeichnet sich das Hochprozentige von der Streuobstwiese durch eine enorme aromatische Vielfalt aus. Und genau das macht sie für den Lenninger Edelbrandsommelier Felix Rommel zur perfekten Kochzutat.

Von den Hängen der Alb bis hinab zu den Tälern und Wiesen, die sich unter der Teck ausdehnen, reift jedes Jahr eine Vielzahl von Früchten heran, deren Aromen sich erst in der Brennblase richtig entfalten. Neben den primären Aromen, also den Duft- und Geschmacksstoffen, die in jeder Frucht stecken, kommen deshalb im Destillat je nach Obstsorte weitere Geschmacksnoten, wie Karamell, Minze oder Muskat zum Vorschein. „Während der Lagerung, kommen gerade bei fassgelagerten Spirituosen, interessante Tertiäraromen hinzu“, informiert der Brenner aus Owen.

Süß und sauer - perfekte Kombi

„Nur wenige wissen, dass sich anstelle von Marmelade zum Beispiel auch Johannisbeerenlikör im Blaukraut richtig gut macht“, sagt der Lenninger Felix Rommel. Seine süß-saure Note verleihe Omas Rotkohl-Rezept eine leckere Würze. Im Salat kann das Feuerwasser von der Streuobstwiese ebenfalls leckere Akzente setzen. Zum Feldsalat mit gerösteten Walnüssen empfiehlt der Edelbrand-Sommelier, einen Spritzer Himbeerlikör in die Soße zu geben. Die Verbindung von süßen und sauren Nuancen sorge für die perfekte Finesse.

Wer sich so intensiv über die Harmonie der Zutaten auf dem Teller Gedanken macht, kann diese Idee auch im Glas fortsetzen. „Gerade heimische Brände mit ihrem breiten Spektrum an Aromen, eigenen sich hervorragend als Menübegleiter“, findet Felix Rommel. „Wer mit Obstbrand kocht, kann so den Geschmack einer Speise unterstreichen.“ Es muss also nicht immer Wein sein.

Doch wie lässt sich zu einem Gericht der passende Brand finden? „Grundsätzlich gilt, dass Kernobst ein kräftiges und Steinobst ein eher mildes, filigranes Aroma mitbringt“, erzählt Udo Kälberer vom Kirchheimer Teckkeller. „Für einen Reh- oder Wildschweinbraten eignen sich Apfel-, Birnen- und Quittenbrände.“ In seinem Restaurant greift Kälberer in der Küche bei vielen Speisen bewusst zum regionaltypischen Alkohol. Schließlich ist die Region rings um die Teck Teil der größten zusammenhängenden Streuobstlandschaft Europas.

Allein in Dettingen bringen jedes Jahr über 39 200 Obstbäume eine mannigfache Auswahl an Früchten hervor, in Owen sind es mehr als 19 000 Bäume, an denen Bohnapfel, Gewürzluike, Zibarte, Mirabelle, Kornelkirsche und andere Sorten wachsen. „Direkt vor der Haustüre ist die Obst- und Aromenvielfalt so groß, dass man eigentlich nicht in die Ferne schweifen muss, um sein Essen mit importierten Spirituosen zu verfeinern“, betont Udo Kälberer.

Alkohol verflüchtigt sich

Allerdings sollte der berühmte Schuss vom Hochprozentigen erst kurz vor dem Servieren zugegeben werden. „Denn Alkohol verflüchtigt sich schnell“, gibt der Experte zu bedenken. Wer auf dem Grill Feuerwasser vom Fuße der Alb verwenden will, sollte laut Udo Kälberer deshalb das Fleisch besser vorher flambieren oder den Obstbrand in die Marinade geben.

„Die Spirituose kann aber auch in die Barbecuesoße oder ins Chutney gegeben werden“, verrät der Fachmann. Für Thomas Rabel passen Innereien und schwäbisches Feuerwasser ebenfalls hervorragend zusammen.

Wer die flüssige Essenz in der Küche neu entdecken möchte, erhält aus Sicht von Felix Rommel im Fachhandel eine professionelle Beratung. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass der Blick auf bislang unverbrauchte und überraschende Geschmackswelten Mut macht, klassische Rezepte neu zu interpretieren.