Lokale Kultur

Warme Töne für kalte Tage

Brillantes Abschlusskonzert der Teilnehmer der Kirchheimer Meisterkurse 2014 im Spitalkeller

Kirchheim. Die Meisterkurse hatte der Leiter der Musikschule Kirchheim, Urs Läpple, bereits von seiner

Peter Dietrich

Vorgängerstelle in Murrhardt mitgebracht. Diesmal – es war das vierte Mal in Kirchheim – kamen rund 25 Teilnehmer, teils von weit her. Die Anziehungskraft der Kurse ist groß, die Qualität sehr hoch.

Eigentlich waren beim Abschlusskonzert insgesamt 17 Stücke geplant, doch wegen Terminproblemen konnten einige Musiker nicht teilnehmen. So wurden es stattdessen „nur“ 15 abwechslungsreiche Kompositionen. Sie reichten dennoch für ein mehr als zweieinhalbstündiges Konzert. Sollte der eine oder andere der rund 60 Zuhörer im Spitalkeller um die Mittagszeit ein leichtes Loch im Magen verspürt haben, die genussvolle Musik ließ das total vergessen.

Irgendeinen der jungen Musiker hervorzuheben, ist eigentlich unfair gegenüber den anderen. Denn alle spielten ausnahmslos virtuos, mit Dynamik, Leichtigkeit und Tempo. Björn Vielhaber als Korrepetitor begleitete am Flügel routiniert, ohne sich dabei in den Vordergrund zu drängen. In diesem stand meist das Cello, denn in diesem Jahr wurde kein Geigenkurs angeboten. So war die Geige nur beim allerletzten Stück, dem 1. Satz des Klaviertrios op. 8 in H-Dur von Johannes Brahms, vertreten. Sonst dominierten – neben dem Flügel – die warmen Töne der Celli.

Dass die Grenzen dieses Instruments, was den Tonumfang angeht, ordentlich ausgetestet wurden, dafür sorgte der russische Komponist Pjotr Iljitsch Tschaikowsky mit seinen „Variationen über ein Rokoko-Thema“. Bei ihren freudigen Sprüngen die Saiten hoch und wieder runter wurde Lia Vielhaber aus Schwäbisch Hall von ihrem Vater begleitet. Die Schlusstakte dieser lebhaften Komposition waren übrigens 1987 bei James Bond zu hören, mit Maryam d’Abo am Cello.

Inzwischen erfreuen sich die europäischen Komponisten nicht nur in Japan, sondern auch in vielen anderen asiatischen Ländern, großer Beliebtheit. So waren beim Konzert Musiker – meist Musikerinnen – aus China, Taiwan und Korea vertreten. Mit „Lebhaftigkeit und durchaus mit Empfindung und Ausdruck“ sei der erste Satz seiner e-Moll-Sonate op. 90 zu spielen, befand Ludwig van Beethoven. Daran hielt sich Tomomi Shimizu aus Tokio bei ihrem gekonnten Spiel. „Allegro con spirito“ wollte Wolfgang Amadeus Mozart den ersten Satz seiner Sonate KV 311 in D‑Dur haben, Josefa Schmidt aus Schondorf spielte sie am Flügel entsprechend luftig und leicht. Yannick Groll aus Göppingen erwies sich nicht nur als körperlich groß gewachsener junger Mann, sondern auch als musikalisch groß – beim Allegro aus dem Konzert C-Dur von Joseph Haydn.

Vier Tage lang hatten die Meisterschüler mit den Professoren Rudolf Gleißner und Florian Wiek intensiv geübt und gelernt. Während dieser Zeit waren sie in Privatquartieren untergebracht. Das Verhältnis zu den Lehrern war sehr herzlich, was auch an einem Autogrammwunsch auf den weißen Cellokasten zu erkennen war. Zu Beginn eines neuen Jahres mit so vielen Talenten zu arbeiten, empfanden beide Professoren als „wunderbare Gelegenheit“. Fast alle Bewerber konnten in die Kurse aufgenommen werden, nur beim Klavier gab es aus Platzgründen einzelne Absagen. Läpp­le, der die Meisterkurse von langer Hand vorbereitet hatte, war die gesamte Zeit beim Unterricht dabei.

Die Akustik des Spitalkellers erwies sich erneut als hervorragend. Bei einem melancholischen Ausschnitt aus Tschaikowskys Streichquartett Nr. 1, op. 11 bot sie auch für fünf Celli gleichzeitig einen guten Raum. Später entführte Machiko Ishiwata aus Stuttgart am Flügel die Zuhörer mit „L’isle joyeuse“ von Claude Debussy heraus aus dem Keller auf eine freudige Insel. Es muss eine ziemlich wilde Insel gewesen sein, die Debussy da vor Augen hatte – oder wurden die Gefühle zur Zeit des Impressionismus immer so impulsiv ausgedrückt?

Ohne Zugabe ging ein wunderschönes Konzert zu Ende, ein bewegendes Konzert mit viel Ausdruck und Gefühl.