Kirchheim

„Wer im Markt bestehen will, muss auf ihn zugehen“

Vortrag Durch Zahlen und Fakten zeigt Professor Dr. Enno Bahrs eine andere Sichtweise auf die Landwirtschaft.

„Wer im Markt bestehen will, muss auf ihn zugehen“
„Wer im Markt bestehen will, muss auf ihn zugehen“

Dettingen. Der Leiter des Instituts für landwirtschaftliche Betriebslehre an der Universität Hohenheim, Professor Dr. Enno Bahrs, war der Hauptreferent auf dem Kreisbauerntag in Dettingen. Bahrs widmete sich dem Thema Landwirtschaft aus dem wissenschaftlichen Blickwinkel.

In den letzten Jahrzehnten haben sich die landwirtschaftlichen Erträge annähernd verdoppelt. Gleichzeitig verringerte sich die Arbeitszeit um 60 Prozent in den letzten vier Jahrzehnten je Produkteinheit. Dabei haben sich die Stückkosten um mehr als 50 Prozent reduziert, obwohl sich die Löhne um mehr als 100 Prozent erhöht hätten. „Das ist eine famose Leistung. Man darf sich da auf die Schulter klopfen“, so Bahrs. Aber es hat dazu geführt, dass sich die Kapitalausstattung der Betriebe verdreifacht hat. Und gleichzeitig ist die Anzahl der Arbeitskräfte deutlich zurückgegangen. Heute seien dort noch eine Millionen Menschen tätig - mit einer starken Tendenz nach unten. „Dieser Trend wird sich abflachen, aber er wird weitergehen. Sie können ihn bremsen, aber nicht aufhalten“, so Bahrs weiter.

Die natürlichen Rahmenbedingungen haben einen Einfluss auf die Arbeit und die Kosten in der Landwirtschaft. Baden-Württemberg hat eine hügelige bis gebirgige Topografie. Dies macht die Arbeit zeitaufwendig und damit kostenintensiver als im Flachland. Außerdem spielen die Zahl der Ackerflächen, das Anbauspektrum, die Bodenpreise und das Klima mit. In Sachen Klima ist der Landkreis Esslingen durchaus ein Gebiet, „das vom Klima begünstigt ist“, so Bahrs. Nicht gerade ein Topstandort ist Baden-Württemberg im Hinblick auf den durchschnittlichen Hektarertrag.

In zehn Jahren wird der chemische Pflanzenschutz noch weiter eingeschränkt sein, dafür werden andere Arten noch bedeutender werden. Auch wird der technische Fortschritt Einzug halten, etwa durch vollautomatische Melkroboter. Große Bestände werden sehr viel stärker vom technischen Fortschritt profitieren.

Potenzial für Konflikte in der landwirtschaftlichen Produktion sieht Bahrs im Umwelt- und Naturschutz. Aber auch bei den Qualitätsanforderungen an die Produkte. Auch die zunehmende Entfremdung der Bevölkerung von der Landwirtschaft und dem damit einhergehenden geringeren Verständnis für landwirtschaftliche Besonderheiten biete Raum für Konflikte ebenso wie die Einzelhandelsvorgaben, die restriktiver sein können als die gesetzlichen Vorgaben.

„Wer im Markt bestehen will, muss auf ihn zugehen.“ Globale oder regionale Vermarktung etwa könne hilfreich sein. Doch nicht jeder kann ein Direktvermarkter sein. Da könne es von Vorteil sein, sich einen Partner zu suchen, um daran teilhaben zu können. Dies erfordert Eigeninitiative und ein Zugehen seitens der Landwirte auf den Einzelhandel. Wichtig sei es auch, auf Produkte zu setzen, die akzeptiert werden, und den Nachwuchs für die Landwirtschaft zu begeistern.Cornelia Wahl