Kirchheim

Wird das neue Waldhorn zum Fremdkörper?

Marktplatz Der Kirchheimer Gestaltungsbeirat befindet sich – in einem langsamen Annäherungsprozess – auf dem Weg zu einer neuen Giebelfassade. Von Andreas Volz

Das obere Bild zeigt das Waldhorn so, wie es derzeit noch steht, bald aber abgerissen wird. Auf dem unteren Bild ist die Entwurf
Das obere Bild zeigt das Waldhorn so, wie es derzeit noch steht, bald aber abgerissen wird. Auf dem unteren Bild ist die Entwurfsversion zu sehen, über die gestern diskutiert wurde.Fotos: Markus Brändli

Im „Ringen“ um das neue Waldhorn hat es gestern eine weitere Runde gegeben. Unter großem Interesse der Öffentlichkeit hatte sich der Gestaltungsbeirat zu einer Sondersitzung getroffen, um über den aktuellen Stand des Entwurfs zu diskutieren. Alle Beteiligten – die beiden Architekten, Oberbürgermeisterin Matt-Heidecker sowie Mitglieder des Beirats – betonten, dass man sich nach wie vor in einem Prozess befinde und dass die jetzt vorgestellte Version noch lange nicht der Entwurf sei, der dann auch verwirklicht werden soll. Immer noch sei an Details zu arbeiten.

Veränderungen im Entwurf gegenüber November zeigen tatsächlich Fenster im Erdgeschosssockel, die nicht mehr raumhoch sind. Auch das große Fenster im ersten Obergeschoss hat mittlerweile vertikale Unterteilungen bekommen. Sichtbarste Annäherung an die alte Fachwerkstruktur ist das Vorkragen der einzelnen Stockwerke, wie sie in der Fassade angedeutet sind.

Was Hans Klumpp in Vertretung der Beiratsvorsitzenden Sophie Wolfrum anmerkte, war die fehlende kleinteilige Struktur, wie sie für Fachwerkfassaden typisch ist und wie sie durch die vielen Gefache sowie durch mehrere Fenster entsteht. Zwar würde man heute kein neues Fachwerk mehr bauen: „Das wäre nur sinnvoll, wenn man ein altes Fachwerk hätte, das man erhalten kann.“ Andererseits aber würde mit der glatten Fassade „einem so kleinen Haus eine größere Bedeutung zukommen als es eigentlich hat“.

Wie es mit der Planung für die Fassade konkret weitergehen soll, konnte Hans Klumpp so wenig sagen wie irgendjemand sonst. Immerhin aber gab er eine Art Prognose oder Vorschlag ab: „Möglicherweise könnte das Material Holz als konstruktives Element eine zentrale Rolle spielen.“

Allzu große Hoffnung auf einen modernen Fachwerkbau dürfen die Kirchheimer aus diesen Worten freilich nicht ableiten. Die beiden beauftragten Architekten scheuen das nach wie vor. So sagte Franco Berardi: „Es darf keine Attrappe sein von dem, was heute dort steht. Es soll einen Neubau geben, und keine Rekonstruktion.“ Dennoch sieht er auch andere Punkte der Aufgabenstellung: „Das Gebäude darf nicht wie ein Fremdkörper wirken.“

Sein Kollege Jan Keinath bezog sich noch einmal auf die „Materialität“ und nannte eine Biberschwanzdachdeckung ebenso wie den steinernen Sockel und den Putz, der noch nicht im Detail bestimmt sei. Auch er sprach vom Material Holz, ohne allerdings zu spezifizieren, wie dieses konkret in der Fassade zum Einsatz kommen könnte. Immerhin hat aber auch er erkannt, dass die Giebelfläche zum Marktplatz hin „im Zentrum der ganzen Diskussion“ stehe und dass sie im „Prozess“ weiter zu bearbeiten sei.

Aus der interessierten Öffentlichkeit meldete sich unter anderem der frühere Museumsleiter Rainer Laskowski zu Wort und sprach einige Besonderheiten der alten Fachwerkfassade an – unter anderem Hinweise auf eine Stube im ersten Stock sowie die Kopfwinkelhölzer im zweiten Stock. Er regte an, solche Elemente in der Struktur zu übernehmen, und appellierte an alle Beteiligten: „Das Zierfachwerk darf nicht ganz verloren gehen.“

Günther Erb, der wie Rainer Laskowski für die Initiative „Historisches Kirchheim“ sprach, schilderte seine Furcht: Kirchheim habe das Ziel, seine Fachwerkstadt zu erhalten, aufgegeben. Der Entwurf im aktuellen Stadium passe auf gar keinen Fall zum Ensemble: „Da wirkt das Gebäude schon wie ein Fremdkörper.“ Auch glaube er kaum, dass Besucher, die wegen der Fachwerkstadt nach Kirchheim kommen, die modernen Aspekte des Entwurfs recht würdigen könnten. Dass Fachwerk nicht mehr zeitgemäß sein soll, versteht er ebenso wenig: „Andere Städte schaffen das doch auch.“

Andreas Banzhaf, Stadtrat und Zimmermann, stellte fest, dass es aus technischer und handwerklicher Sicht kein Problem ist, auch heute ein Fachwerkhaus zu bauen. Allerdings räumte er ein, dass ein Fachwerkbau schwieriger und aufwendiger sei: „Und das ist dann letztlich Sache des Investors.“