Lokale Kultur

Zündende musikalische Intelligenz

Ditzner-Lömsch-Duo im Kirchheimer Club Bastion

Kirchheim. Ein Highlight für Freunde experimenteller und freier Musik bot das Ditzner-Lömsch-Duo im Gewölbe des Kirchheimer Club Bas­tion. Hier haben sich zwei Musiker

gefunden, zwei Grenzgänger, deren jeweiliger Background bereits aufhorchen lässt.

Erwin Ditzner tummelte sich im musikalischen Umfeld von Guru Guru und Sanfte Liebe, spielte mit Freejazzern wie Peter Brötzmann und Karl Berger und spürte mit den Coleümes der Schnittstelle von Jazz und europäischer Volksmusik nach.

Lömsch Lehmann ist seit den 1980er-Jahren als Saxofonist und Klarinettist aktiv und konnte sich unter anderem durch seine langjährige Zusammenarbeit mit Sebastian Gramss Underkarl einen legendären Ruf erspielen. Im Free Jazz fühlt er sich ebenso zu Hause, wie im „Speed Klezmer“ der Freygish Brothers.

Solchermaßen geballte Kompetenz gibt wohl das nötige Selbstvertrauen, live auf der Bühne eine permanente Gratwanderung zu wagen, die zwischen radikaler Freiheit des klanglichen Ausdrucks und bewusst gesuchten Rekursen auf den musikalischen Mainstream angesiedelt war.

Dass eine derart extrem gespannte Polarität nicht in disparate Brocken zerfällt, vielmehr als kraftvoll geladener organischer Fluss zu erleben war, verdankte sich nicht zuletzt dem perfekt aufeinander abgestimmten Zusammenspiel zweier Vollblutmusiker, deren Experimentierfreude auch vor unkonventionellen Spieltechniken – so etwa Lömschs mehrstimmiger Zugriff auf das Obertonspektrum des Saxofons – oder dem Einbeziehen scheinbar kunstferner Gimmicks nicht zurückscheut.

Wenn Erwin Ditzner zwei sonor grunzende Kunststoffschweine perkussiv zur Hand nimmt und mit Lömsch Lehmann am Baritonsaxofon eine eigenwillige, dem Original in seiner Substanz jedoch verblüffend nahe kommende Version von Iron Butterfly‘s „In-A-Gadda-da-Vida“ anstimmt, ist das weit mehr als ein publikumswirksamer Gag. Wie auch im Jimi-Hendrix-Cover „Up from the Skies“ oder in der großartigen, zwischen folkloristischer Unschuld und brodelnder Ekstase schwebenden Hommage an Albert Aylers „Ghosts“, war hier die offenkundig ironische Brechung stets von tiefer künstlerischer Ernsthaftigkeit getragen, die Strukturen und Parameter der musikalischen Vorbildern respektvoll auslotete und neu zu erschließen suchte.

Der „schräge Witz“, der dem Duo in der Konzertankündigung vorab attestiert wurde, entpuppte sich so von seinen besten Seiten her: zündende musikalische Intelligenz, die im freien Blick auf Tradition und Technik ein innovatives, stets unberechenbares Interplay zeitigte und den vermeintlich schroffen Grat zwischen Free Jazz und Mainstream als fruchtbares, schöpferisches Gebiet auswies.