Familienanzeigen

Patientenverfügung

Bei Gesprächen über eine Patientenverfügung dürfen keine wichtige Fragen ausgelassen werden

Eine Beratung soll Menschen befähigen, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Sie werden dadurch in die Lage versetzt, für ihre persönlichen Angelegenheiten sowie für ihre Familie jene Vorkehrungen zu treffen, die ihren Lebenswünschen entsprechen.

Foto: Jean-Luc Jacques

Die Beratung zu einer Patientenverfügung ist ein Aufklärungsgespräch darüber, welche medizinischen Maßnahmen am Lebensende möglich sind. Der Klient muss am Ende des Beratungsgesprächs entscheiden können, welche Maßnahmen er im Ernstfall möchte und welche er ablehnt.
Wenn der Tod noch nicht absehbar ist, sind solche Gespräche oft schwierig. Es ist unangenehm, sich mit den Umständen des eigenen Sterbens auseinander zu setzen. Beide, Berater und Klient neigen dazu, über kritische Aspekte rasch hinweg zu gehen.
Meist sind konktete Ereignisse der Auslöser für das Beratungsgespräch. Es erfordert

in dieser Situation viel Fingerspitzengefühl, die notwendigen Themen anzusprechen.
Wichtige Fragen in der Beratung sind:

• Warum kommt der Klient gerade jetzt zur Beratung?
• Welche Vorstellungen hat der Klient?
• Gibt es bereits Vorwissen über Verfügungen?
• Woher stammen diese Informationen?
• Inwieweit ist der Inhalt einer Patientenverfügung bereits bekannt?
• Welche Erwartungen, Wünsche und Ängste werden mit den Verfügungen verbunden?
• Wird ein weiteres Gespräch gewünscht?

Weitere Fragen beziehen sich auf die aktuelle Lebenssituation des Klienten:

• Familienstand, aktuelle Krise, Gesundheitszustand, Zukunftspläne, religiöse Orientierung?
• Hat sich der Klient im Vorfeld bereits mit Krankheit, Sterben und Tod  auseinandergesetzt? Mit welcher Person?

• Kennen Menschen aus dem Umfeld die Ängste, Wünsche und Vorstellungen des Klienten?

• Gibt es aus dem Familien-, Verwandtschafts- oder Freundeskreis jemanden, der als Vertrauensperson in Frage kommt?

• Welche Kriterien sprechen für diese Person, welche dagegen?

• Wurde mit dieser Person bereits über die daraus entstehenden Aufgaben und Rechte

gesprochen?

• Wie steht die Person zu den bevorstehenden Aufgaben?

• Wer käme sonst noch als Vertrauensperson (zum Beispiel Seelsorger) in Frage?
Ein weiterer Fragenblock bezieht sich auf den Blick auf das eigene Ende:
• Welche Ängste, Wünsche und Bedürfnisse verbindet der Klient mit der Vorstellung, schwer krank zu sein, nicht mehr selbst entscheiden zu können, ganz von anderen abhängig zu sein?
• Was wünscht sich der Klient für diese Situation?
• Was verbindet der Klient mit den Begriffen Lebens- und Sterbequalität?
• Was bedeutet für Ihn menschenwürdiges Sterben?
• Was macht bei dem Gedanken an den eigenen Tod Angst?
• Welche Rolle spielen Glaube und Religion für den Klienten?
Tipps zur Technik der Gesprächsfiihrung:
• Gespräch in Rahmen- und Kerngespräch gliedern
• Erwartungen des Klienten zu Beginn abklären und am Schluss nachfragen, ob diese erfüllt sind
• Klienten nicht mit Informationen überfrachten, sondern Informationsbedarf im Dialog
erschließen
• Genügend Zeit für Rückmeldungen lassen, der Klient bestimmt Tempo und Inhalt der Beratung, der Berater gibt dem Gespräch Struktur
• W-Fragen stellen (wo, wer, warum, wie, ete.)
• Suggestiv- und Mehrfachfragen vermeiden
• Wertende Äußerungen vermeiden
• Auch nonverbale Signale beachten
• Keine Entscheidungen abnehmen oder vorwegnehmen
• Keine voreiligen Ratschläge erteilen
• Zwischen- und Endergebnisseformulieren
• In der ,Ich-Form' und nicht in der "Man-Form" sprechen
• Eventuell "spiegeln", d.h. inhaltliche Aussagen und emotionale Botschaften aufgreifen und in anderen Worten wiedergeben um die Aussage zu konkretisieren


Wichtige Hinweise:

Während der Beratung sollen keine Formulare unterschrieben werden. Der Berater soll nicht als Vertrauensperson oder Bevollmächtigter fungieren. Das Beratungsgespräch
wird in der Patientenakte dokumentiert. Auch hier gilt die ärztliche Schweigepflicht.
Checkliste für die anzusprechenden Punkte auf ethischem Gebiet:
• Umgang mit Sterben und Tod in der eigenen Familie
• Bereitschaft, eigene Verantwortung für Krankheit, Sterben und Tod zu übernehmen
• Bereitschaft, sich mit dem Sterbenmüssen auseinander zusetzen
• Annahme des eigenen Todes
• Überlegungen zu Menschenwürde, Sinn des Lebens, Nützlichkeit des Menschen
• überlegungen zur Lebensqualität Schwerstkranker und Sterbender
• Beziehungen zu Familienmitgliedern, Freunden und Angehörigen
• Abgrenzung Sterbehilfe und Sterbebegleitung


Checkliste für die anzusprechenden Punkte auf medizinischen Gebiet:

• Möglichkeiten der intensivmedizin zur Lebensverlängerung
• Möglichkeiten der Begrenzung einer Therapie
• Möglichkeiten des Abbruchs bereits eingeleiteter lebenserhaltender Maßnahmen
• Möglichkeit der Therapiebeschränkung
• Herztod und Hirntod unterscheiden
• Möglichkeiten der Palliativversorgung ambulant und stationär
• Kriterien der medizinischen Entscheidungsfindung
• Ermittlung des mutmaßlichen Willens
• Verantwortung des Arztes in akut lebensbedrohlichen Notfallsituationen
• Bedeutung und Verbindlichkeit einer Patientenverfügung für den Arzt
• Beurteilung der Entscheidungsfähigkeit aus medizinischer Sicht
• Bedeutung eines Bevollmächtigten oder Betreuers am Lebensende

Checkliste für die anzusprechenden Punkte auf rechtlichem Gebiet:

• Was bedeutet Geschäftsfähigkeit, was Einwilligungsfähigkeit?
• Was bedeutet vorausverfügter und was mutmaßlicher Wille?
• Rolle von Vertrauensperson, Bevollmächtigtem, Betreuer und deren rechtliche Bedeutung
• Stellung des Vormundschaftsgerichte bezüglich Bevollmächtigtem und Betreuer
• Rechtliche Bedeutung der verschiedenen Formen der Sterbehilfe (aktiv - passiv - indirekt)

Checkliste für die anzusprechenden Punkte auf psychosozialem Gebiet:

• Hinweis auf die Notwendigkeit des Gesprächs mit Angehörigen (Gesprächsprozess)
• Sind Ängste und Wünsche des Klienten erfasst und ausreichen berücksichtigt worden?
• Wurden Hilfestellungen gegeben um Wünsche und Bedürfnisse anzusprechen?
• Sind aktuelle Lebenssituation und sich daraus ergebende Probleme erfasst und berücksichtigt worden?
• Wurde eine geeignete Vertrauensperson ermittelt?
• Weitere Gesprächsangebote.