Kirchheim

„Dann passiert halt noch ein Mord“

Rebecca Michéle stellt in der Jesinger Gemeindehalle ihren aktuellen Krimi „Damenwahl“ vor

„Dann passiert halt noch ein Mord“
„Dann passiert halt noch ein Mord“

Kirchheim. Ein Krimi, der im Tanzsportmilieu angesiedelt ist? Die Kirchheimer Autorin Rebecca Michéle vereint in ihrem aktuellen Krimi „Damenwahl“ ihre zwei größten

Leidenschaften: Schreiben und Tanzen. Ebenso zweigeteilt war die Buchvorstellung in der Gemeindehalle in Jesingen, die durch Vorführungen des Tanz-Sport-Clubs Kirchheim untermalt wurde.

Auf die Frage, warum man ihr neues Buch unbedingt lesen sollte, antwortet Michéle: „Weil es spannend ist und viel von den Hintergründen des Tanzsports vermittelt.“ Sie spricht von der „Politik im Tanzsport“, und dementsprechend handeln die von ihr vorgelesenen Textpassagen aus dem Buch vom strengen Umgangston beim Tanztraining im Profimilieu, von Konkurrenzdruck, Neid, übertriebenem Ehrgeiz und rücksichtslosem Taktieren. Von Profitänzern, die sich über „völlig talentfreie Bewegungsspastiker“ aus den Grundkursen ärgern.

Ganz in „Tatort“-Manier beginnt das Buch mit dem Mord an Angeline, der vielversprechendsten Hoffnung des Tanzsportes in Rottweil – Rebecca Michéles Heimatstadt und Schauplatz der Romanhandlung: Weil es um nichts Geringeres als die deutsche Meisterschaft geht, wird Angelines Ableben schnell verschmerzt und Ersatz gesucht: Evalina, ein litauisches Au-pair und Tanztalent, nimmt schnell und etwas pietätlos Angelines Stelle ein. Neid, denkt man da, war Evalinas Motiv, die arme Angeline zu beseitigen. Aber nein, so einfach ist es nicht. Das Täterkarussell wird sich noch weiter drehen. Ob es noch einen weiteren Mord gibt, lässt Michéle offen. Stattdessen werden die im Buch beschriebenen knallharten Trainingssequenzen und Schrittfolgen von dem Tanzpaar Elke und Harald Gneiting live vorgetanzt. Ob langsamer Walzer, Quickstep – laut Autorin der „Champagner unter den Tänzen“ – oder „gefühlvoller Slowfox“, die Besucher der Lesung erhalten einen Crashkurs im Tanzsport.

Monika Enderle aus Schlierbach ist ein Fan der Autorin, sie habe „schon einen Haufen Bücher“ von ihr gelesen und lese die Romane sehr gerne, weil sie leicht zu lesen seien. Sie hat ihre Freundin Dietlinde Barz aus Kirchheim motiviert, sie zur Autorenlesung zu begleiten. Erika Eberwein ist wegen der Autorin selbst gekommen: „Sie ist eine ganz reizende Person“, sagt sie. Sie hat Rebecca Michéle bereits bei einer Lesung in Oberboihingen erlebt.

Nach der Buchvorstellung schnappt das Tanzpaar sich einzelne Zuhörer, um zum anschließenden Tanz zu animieren. Ganz, wie Rebecca Michéle es sich im Vorfeld gewünscht hat: Dass die Zuhörer sich „entspannen können, Freude haben“, ist das erklärte Ziel der Autorin für diesen Abend. Nicht nur Schreiben und Tanzen gehören zum Repertoire der Schriftstellerin; sie engagiert sich außerdem im Tierschutzverein, modelt bei Modeschauen und arbeitet als Reiseleiterin für Reisen nach Großbritannien, speziell nach Cornwall. Ein Ort, den sie sehr schätzt und an dem auch viele ihrer Romane spielen. Das Herrenhaus Lanhydrock Hall ist somit auch Inspiration für ihren ersten Roman „Das Erbe der Lady Marian“ gewesen. Rebecca Michéle weiß eine schöne Anekdote dazu zu erzählen: Zwei Jahre nach dem Erscheinen des Romans erhielt sie einen in Deutsch verfassten Brief aus Cornwall von einem „Mr. Brown“. Er war nach dem Zweiten Weltkrieg in deutscher Kriegsgefangenschaft und arbeitete danach in besagtem Herrenhaus. Seine Deutschkenntnisse ermöglichten ihm die Lektüre des Buches, das ja von seiner Arbeitsstätte handelte. Er lud die Autorin ein und stellte fortan ihr Buch im Besucherzentrum des Herrenhauses aus. Die beiden trafen sich noch weitere Male.

Im November wird Rebecca Michéles neuer Roman unter ihrem Pseudonym Ricarda Martin erscheinen, dieser spiele „auch in Kirchheim und auf der Schwäbischen Alb“. Mehr will die Autorin aber nicht verraten. Außerdem verweist sie auf den Münsteraner „Tatort“, der am 8. Mai ausgestrahlt wird: Dessen Handlung basiert auf einer Idee von Rebecca Michéle. Die Autorin ist damit vor zwei Jahren an die Drehbuchautoren herangetreten. Es geht um das Thema Formationstanz.

Die Idee für ein Buch hat Michéle schon vor dem eigentlichen Verfassen im Kopf. Sie entwickelt daraufhin erst einmal Exposés, die sie dem Verlag anbietet. „Damit habe ich die Grundstruktur, von der ich auch nicht mehr abweichen darf.“ Natürlich kommt es dann zwangsläufig zu weiteren Details und Verzweigungen: „Dann passiert halt noch mal ein Mord!“

Rebecca Michéle alias Ursula Schreiber wurde 1963 in Rottweil geboren. Die erfolgreiche Schriftstellerin schreibt unter den Namen Rebecca Michéle, Mia Richter, Ricarda Martin und Michelle Ross historische Romane, historische Liebesromane, Krimis und Familiengeschichten. Jedes Pseudonym steht für eines der oben genannten Genres. Ihre neueste Veröffentlichung, der 282 Seiten lange Lokal-Krimi „Damenwahl“, ist im Silberburg Verlag erschienen.

Die Autorin Rebecca Michéle liest Passagen aus ihrem aktuellen Roman „Damenwahl“ und wird dabei vom Tanzpaar Elke und Harald Gne
Die Autorin Rebecca Michéle liest Passagen aus ihrem aktuellen Roman „Damenwahl“ und wird dabei vom Tanzpaar Elke und Harald Gneiting tanzend begleitet. Fotos: Stefanie Klink