Kirchheim

Der Traum vom Auto ohne Abgase

Verkehrspolitik Grünen-Delegation erkundigt sich in Nabern über die Fortschritte der Brennstoffzellentechnik. Außer Fahrzeugen braucht es für die Serienreife auch ein verlässliches Tankstellennetz. Von Andreas Volz

Eine Grünen-Delegation lässt sich in Nabern den neuesten Stand der Brennstoffzellentechnik anschaulich erläutern. Foto: Carsten
Eine Grünen-Delegation lässt sich in Nabern den neuesten Stand der Brennstoffzellentechnik anschaulich erläutern. Foto: Carsten Riedl

Was macht eigentlich die Brennstoffzelle? Es gibt sie noch, sie entwickelt sich sogar zur Serienreife. Dieses Jahr will die Daimler AG in Bremen mit der Produktion wasserstoffbetriebener Fahrzeuge beginnen, versicherte Dr. Georg Frank gestern in Nabern den Besuchern vom Arbeitskreis Verkehr der Grünen-Landtagsfraktion. Bei Nucellsys ist er unter anderem für die Wasserstoffinfrastruktur zuständig - also für den Ausbau des Tankstellennetzes.

Mit den Wasserstoffautos und den Tankstellen ist es ähnlich wie mit der Henne und dem Ei: Was muss zuerst da sein, bevor das andere nachkommen kann? Derzeit gibt es 50 Tankstellen in ganz Deutschland, an denen sich Brennstoffzellen-Fahrzeuge mit Energie versorgen lassen. Bis 2023 sollen es rund 400 Tankstellen sein. Zum Vergleich: 14 000 Tankstellen in Deutschland haben Benzin oder Diesel im Angebot. Um möglichen Kunden mehr Sicherheit zu geben, sind die Brennstoffzellen-Fahrzeuge auch mit einem Elektroantrieb ausgestattet. Georg Frank: „Strom lässt sich heute fast überall laden.“

Eine andere Schwierigkeit bei der Markteinführung des Brennstoffzellenantriebs ist die Preisfrage: Bei den ersten Fahrzeugen, die jetzt bei Daimler vom Band laufen sollen, handelt es sich um SUVs, genauer gesagt um GLCs. Hermino Katzenstein, der Vorsitzende des Grünen-Arbeitskreises Verkehr, setzt darauf, dass möglichst schnell auch kleinere Modelle folgen - „für die Kunden mit etwas schmalerem Geldbeutel“.

Bei der Elektromobilität ist Daimler da schon einen Schritt weiter: Ingo Konrad, beim Konzern zuständig für den politischen Dialog auf Landesebene, zählt gleich etliche Modelle auf, die mit Strom betrieben werden. Das sind nicht nur die im Hochpreissegment. Mit der Politik sei man sich weitgehend einig, versichert er: „Uns eint das Ziel der emissionsfreien Mobilität, auch wenn wir über den Weg dorthin teilweise kontrovers diskutieren.“

Autofahren ohne schädliche Abgase, das klingt wie ein Traum - und ist es auch. Die Energie muss ja irgendwo herkommen, sei es Wasserstoff oder Strom. Katzenstein sagt dazu auf Nachfrage: „Mit Kohle bringt das nichts. Das bringt nur was, wenn der Strom aus erneuerbaren Energien kommt.“

An diesem Punkt hakt Andreas Schwarz ein, Kirchheimer Abgeordneter und Fraktionsvorsitzender der Grünen: „Zur Mobilität gehört immer auch die Energiewende. Es geht um die Frage, wo der Strom herkommt und wie er sich speichern lässt.“ Auch dabei spiele der Wasserstoff eine große Rolle, denn er eigne sich als Speichermedium für überschüssige Energie. Strom aus großen Windparks in Norddeutschland könnte also auch über das Medium Wasserstoff in den Süden gelangen.

Der Physiker Hermino Katzenstein freut sich, dass Daimler in Nabern auf den Wasserstoff setzt. Er sieht darin entscheidende Vorteile: „Ein Tank ist in drei Minuten befüllt, und die Reichweite liegt bei 400 bis 500 Kilometern.“ Die lange Ladezeit und die geringere Reichweite seien nach wie vor Mankos bei Elektroautos.

Trotzdem setzen die Grünen auch auf die E-Mobilität, die den Verkehrslärm reduziert - wie Andreas Schwarz am Rande vermerkt. Ihm geht es aber auch um den Standort Baden-Württemberg. Deshalb spricht seine Fraktion das Thema genauso mit Porsche in Zuffenhausen und mit Audi in Neckarsulm an. Erfreut nimmt er zur Kenntnis, dass Daimler außer in Bremen auch in Sindelfingen EQ-Elektroautos produzieren will. Nur geht es ihm nicht schnell genug: „Wir wollen ordentlich Gas geben und die Prozesse beschleunigen. Baden-Württemberg muss mit Elektro- und Brennstoffzellenautos auf der Überholspur fahren.“

Was heißt das für die Brennstoffzelle? Wenn Politik, Wirtschaft und Kunden sich gleichermaßen dafür begeistern, kann sie sich schon bald beachtliche Marktanteile sichern. Noch besser ist es, wenn günstigere Preise zusätzliche Überzeugungsarbeit leisten.