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Flüchtlinge überholen ihre Betten

Schon morgen ziehen die ersten Asylbewerber in die Hochdorfer Gemeinschaftsunterkunft ein

Rund 240 Flüchtlinge werden bis Ende November in die Gemeinschaftsunterkunft in der 4 700-Einwohner-Gemeinde Hochdorf ziehen. Für den Landkreis ist das Projekt ein Vorzeigeobjekt – etwas, das in Zukunft immer schwieriger zu realisieren wird.

Die größte neue Asylbewerberunterkunft in Hochdorf (240 Personen) steht kurz vor der Belegung
Die größte neue Asylbewerberunterkunft in Hochdorf (240 Personen) steht kurz vor der Belegung

Hochdorf/Kirchheim. Noch rollt der Bagger über das Gelände der Flüchtlingsunterkunft in Hochdorf, die Betten für die Zimmer hängen an der serbisch-ungarischen Grenze fest. Doch schon morgen sollen hier die ersten 74 Flüchtlinge einziehen: Darunter hauptsächlich syrische Familien, die derzeit in der Kirchheimer Kreissporthalle untergekommen sind. Denn für die, ist sich Landrat Heinz Eininger sicher, sei die Situation dort in besonderem Maße schwierig.

Der Kontrast zwischen den beiden Unterkünften in Kirchheim und Hochdorf ist groß: Vom provisorischem Lager auf nacktem Linoleumboden ziehen die Flüchtlinge in eine Holzhäuschensiedlung am Rande der Felder. Mit 275 und 240 Betten gehören beide zu den Riesen im Landkreis.

Landrat Heinz Eininger nennt das Projekt in Hochdorf eine „Vorzeigeunterkunft“. Das werde unter der Last des wachsenden Zustroms für die Zukunft immer unwahrscheinlicher. „Für den Oktober ist der Landkreis bei einer Quote von 1 100 Flüchtlingen, die im Monat kommen“, skizziert der Landrat die Ausmaße der Krise: „Das sind mit Rückständen ungefähr 260 in der Woche, die uns zugewiesen werden.“ Die Reaktionszeit werde immer kürzer. Wenn alle Hallen belegt sind, würde der Kreis an seine Grenzen stoßen. Laut Ministerialdirektor Wolf-Dietrich Hammann, wird man diesen Winter nicht mehr ohne beheizte Zelte auskommen.

Bis Ende November werden nach und nach die restlichen der 240 Bewohner nachkommen. Vom Grundstein für das Projekt bis zur bezugsfertigen Unterkunft ist ein ganzes Jahr vergangen. Fünf Millionen Euro hat der Bau auf dem landkreiseigenen Grundstück gekostet. Unterkünfte wie in Hochdorf würde Eininger gerne jeden Tag bauen: Die kleine Siedlung besteht aus fünf Häusern, an drei davon muss noch gearbeitet werden.

In den Häusern riecht es nach Holz. Neben den 14-Quadratmeter-Zimmern, die sich jeweils drei Bewohner teilen werden, gibt es Platz für eine Fahrradwerkstatt, ein Krankenzimmer, eine Kleiderkammer die Kinderbetreuung. In jedem Gang findet man Toiletten, Duschen, eine Gemeinschaftsküche und einen Waschraum. Außerdem haben einige Zimmer Durchgangstüren, sodass sie auch für größere Familien geeignet sind.

Auch für Wolf-Dietrich Hammann ist der Tag der Eröffnung ein Tag der Freude: Er habe im Wolkendunkel sogar kurz die Sonne gesehen als er hergefahren sei, sagt der Ministerialdirektor. In Hochdorf wirft er einen Blick in die Vergangenheit: „Ende 2014 dachten wir schon, wir sind am Ende unserer Möglichkeiten“, stellt er fest. „Doch allein im letzten September sind mehr Flüchtlinge gekommen, als im ganzen letzten Jahr. Das zeigt, dass es geht.“ Menschen aus Krieg und Armut müsse geholfen werden.

In Zukunft werden Flüchtlinge aus den sogenannten „sicheren Herkunftsländern“ wenn möglich in den Erstaufnahmestellen bleiben, führt er fort: In Unterkünften wie in Hochdorf sollen Menschen landen, die wirklich bleiben können – hauptsächlich eben aus Syrien. Denn dort werde schon an der Integration gearbeitet. Für ihn bedeutet das eine „Mammutaufgabe“, besonders bei diesen Ausmaßen: „Es ist nicht die Zahl der Menschen, die vielen Angst macht, sondern vor allem die Geschwindigkeit“, sagt er.

Der Bürgermeister der 4 700-Einwohner-Gemeinde Hochdorf Gerhard Kuttler sieht sich trotzdem bestens vorbereitet: Im Ort hätten sich schon über hundert Ehrenamtliche in Arbeitskreisen Gedanken zu der neuen Aufgabe gemacht. Und auch der Gemeinderat wolle Einstimmigkeit nach außen zeigen: „Auch wenn wir angesichts der Menge am Anfang keine Jubelsprünge gemacht haben, ist vor allem eines wichtig: Es ist besser, die Flüchtlinge sind hier, als woanders.“ – Besonders über den Winter. Denn für die kalten Temperaturen seien längst nicht alle Unterkünfte gut gerüstet.

Ministerialdirektor Hammann, Landrat Eininger und Bürgermeister Kuttler präsentieren die Gemeinschaftsunterkunft in Hochdorf: 24
Ministerialdirektor Hammann, Landrat Eininger und Bürgermeister Kuttler präsentieren die Gemeinschaftsunterkunft in Hochdorf: 240 Flüchtlinge ziehen dort bis Ende November ein. Fotos: Jean-Luc Jacques