Lokale Kultur

Im Tanz vereint

Tanztheater „Eine Reise durch die Musikepochen“ in der Gemeindehalle Jesingen

Women in Black: Die Tänzerinnen führten die Zuschauer durch die verschiedenen Musikepochen.Foto: Genio Silviani
Women in Black: Die Tänzerinnen führten die Zuschauer durch die verschiedenen Musikepochen.Foto: Genio Silviani

Kirchheim. Schon der Ankündigung möchte man Beifall zollen: Für ein Tanzprojekt hat die Tanzpädagogin Jutta Scholz Gruppen aus ihrem Wirkungskreis zusammengeführt, das heißt drei Gruppen aus der Familien-Bildungsstätte und jeweils eine

Ulrich Staehle

der Adalbert-Stifter-Schule Esslingen, dem Gymnasium Plochingen und der Volkshochschule Kirchheim.

Doch wie soll das funktionieren mit 50 Schülern auf der Bühne, wenn Vierjährige mit Erwachsenen auftreten, Hauptschüler mit Gymnasiasten? Es hat funktioniert. Davon konnte man sich in der voll besetzten Gemeindehalle Jesingen überzeugen.

Jutta Scholz gab zuerst einen Einblick in die Entstehungsgeschichte des Projekts „Eine Reise durch die Musikepochen“. Dieses war eigentlich nicht geplant, sondern hat sich durch Improvisationen und durch Begegnungen der Tanzgruppen entwickelt. Natürlich musste ein roter Faden her, um einen Zusammenhang herzustellen. Und den hat Jutta Scholz eingezogen: In diesem Tanztheaterstück sollen Kinder und Erwachsene durch die verschiedenen Musikepochen geführt werden. Die Tänzerinnen und Tänzer liefern „bildhafte Erklärungen“ dazu.

Wahrlich ein ehrgeiziges Unternehmen! Es wurde gestemmt nicht nur im Tanz, sondern durch belehrende Elemente. Auf Tafeln wurden den Zuschauern die jeweilige Epoche und der Zeitrahmen angekündigt. Vor allem aber griffen dann zwei Moderatorinnen zum Mikro, um in wenigen Sätzen den Musikstil einer Epoche zu umreißen. Erstaunlicherweise traten als Moderatorinnen forsche Mädchen im Grundschulalter auf. Sie gaben nicht nur gelehrte Erläuterungen, sondern motivierten auch das Publikum, als es galt, den klassischen Sonatensatz bewegungsmäßig deutlich zu machen. Die eine Hälfte des Saales hatte einfache Bewegungen auszuführen – Thema A, die zweite Hälfte andere Bewegungen – Thema B. Danach folgten die „Durchführung“ mit der Verschlingung der „Bewegungsthemen“ und der Schlussteil, in dem beide Themen wieder auftauchen. Es war frappierend, mit welcher Selbstsicherheit eine kleine Moderatorin den ganzen Saal mit Erwachsenen dirigierte. Die Tanzgruppe kleiner Mädchen, die anschließend auftrat, illustrierte tatsächlich durch einfache Bewegungsarrangements den Aufbau eines Sonatensatzes.

Mit dem Fortschreiten der Epochen – nicht weniger als vierzehn waren es zwischen Renaissance und Techno – standen dann ältere Moderatorinnen bereit. Natürlich zeigte sich auch bei dieser Tanzveranstaltung, dass Tanzgruppen leider fast nur aus Menschen weiblichen Geschlechts bestehen. Immerhin tanzten bei der Epoche „Popmusik“ vier Jungen mit – Kompliment an sie und an die Pädagogin. Eine Damenformation in variierenden schwarzen Kostümen bot qualitativ die besten Tänze, im weißen Kleidchen bezauberte eine jüngere Mädchenschar. Die Tanzgruppe mit heranwachsenden Jugendlichen fühlte sich bei Pop und Hip-Hop am wohlsten. Nicht zu vergessen ein flott getanztes Rock-‘n‘-Roll-Solo und die kleinen süßen Mäuse, die von eleganten schwarzen Katzen gejagt werden. Bei der letzten Epoche „Techno 1980 . . .“ versammelten sich alle Teilnehmer auf der Bühne, um den wohlverdienten und begeisterten Beifall des Publikums entgegenzunehmen.

Auch wenn zu sehen war, dass auch bei der Aufführung so mancher Tanzschritt improvisiert war, so staunte man doch angesichts der Heterogenität der Gruppen über die Geschlossenheit und die Attraktivität des Abends. Das Tempo blieb durch fließende Übergänge zügig, die Musikeinspielungen klappten, und schon die Kostüme sorgten für eine optische Abwechslung. Das wurde nur möglich durch eine große Zahl an Helfern hinter der Bühne. Da wurde geschminkt, wurden Kostüme genäht, Licht und Ton eingerichtet und betreut. Und darin dürfte jenseits allen Tanzvergnügens und der Wissensvermehrung der „Nährwert“ der Veranstaltung liegen: Die Kinder haben durch ihren öffentlichen Auftritt an Selbstbewusstsein gewonnen, verschiedene Lebensalter haben gelernt, miteinander umzugehen, und eingebettet ist eine solche Veranstaltung in ein Netz von Helfern aus dem familiären Umfeld. Kurzum: Soziales Handeln wird auf freiwilliger Basis und mit Freude ausgeübt.

Insofern war es eine Veranstaltung ganz im Sinne der Familien-Bildungsstätte, die auch federführend war. So wanderten am Schluss die Komplimente und die Dankesworte zwischen Jutta Scholz und dem Leiter der FBS, Christoph Tangl, hin und her mit der naheliegenden Folgerung, dass eine Veranstaltung dieser Art nicht die letzte sein sollte.